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Zeit der Eisblueten

Zeit der Eisblueten

Titel: Zeit der Eisblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kitty Sewell
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Er versuchte, die Augen zu schließen, aber dann stellte er fest, dass sie bereits geschlossen waren. Um dem quälenden Licht zu entkommen, wandte er den Kopf ab. Sein Kopf war groß und schwer wie eine Bleikugel, und er spürte pulsierende Schmerzwellen.
    Langsam erkannte er Erweiterungen seines Kopfes. Schwere, taube Anhängsel: seine Arme und Beine. Er öffnete die Augen einen Spaltbreit, und wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt sah er Metallrohre auf grünem Hintergrund. Das kannte er, und dadurch fühlte er sich ermutigt. Er gestattete sich, zurück in die Dunkelheit eines tiefen Schlafs zu fallen.
    Ein Schmerz schoss durch sein Handgelenk, und er schaute hin. Ein Fuchs hatte hineingebissen. Der Fuchs war noch immer da und musterte ihn mit grünen Augen. Rastlos hin und her laufend, schrie das Tier plötzlich. Es war ein beängstigender Schrei, eine Warnung. Der Fuchs drehte sich um und rannte über einen öden, schneebedeckten Boden davon. Dafydd wollte ihm folgen und rief, das Tier solle warten. Er mühte sich voranzukommen, aber seine Beine waren schwer und starr wie Baumstämme. Die Anstrengung ließ Übelkeit in ihm hochsteigen und zwang ihn, die Augen zu öffnen.
    Er war in einem Raum und versuchte, sich aufzusetzen, aber sein Körper wollte ihm nicht gehorchen. In seinem Kopf hämmerte es gnadenlos, und er ließ ihn behutsam wieder auf die weiche Unterlage sinken. In der Ferne erklang ein durchdringendes Geräusch wie das eines Weckers. Er fuhr mit der Hand nach oben und merkte, dass etwas seinen Mund bedeckte. Er tastete über die Oberfläche. Sie war hart und kalt, und er riss den Gegenstand ab. Seine Stirn fühlte sich geschwollen und isoliert an, als trüge er einen Hut.
    Allmählich kehrte sein Bewusstsein zurück, und dann erwachte er vollständig. Er lag in einem Krankenhauszimmer, und sein Kopf war bandagiert. Jetzt konnte er die Ränder des Verbandes mit den Fingern fühlen. Er erschrak und setzte sich auf. Die plötzliche Bewegung ließ ihn würgen, und verzweifelt blickte er sich nach einem Gefäß um. Auf einem Gestell neben ihm stand ein Aluminiumtopf. Als er sich erbrach, hatte er den Eindruck, sein Kopf würde wie eine überreife, auf Beton knallende Melone zerbersten.
    Eine Schwester kam zu ihm und legte seinen Kopf behutsam zurück auf das Kissen. »Mr Woodruff, sie sind in der Notaufnahme. Keine Sorge, mit Ihnen ist alles in Ordnung. Sie hatten einen Motorradunfall.«
    »Wann?«
    »Vor ein paar Stunden. Es sind nur eine Gehirnerschütterung und ein paar Abschürfungen.«
    »Was ist passiert? Wurde sonst noch jemand verletzt?«
    »Dem Fahrer des anderen Fahrzeugs geht es gut; offenbar hatten Sie Glück. Nichts außer ein paar Schnitten und Quetschungen. Ihr Motorrad … also das ist ein Totalschaden.«
    »O Scheiße, nein«, stöhnte Dafydd, und sein Kopf begann wieder zu hämmern.
    »Wir haben einen Scan gemacht, und das Innere Ihres Kopfes ist heil geblieben. Nur eine kleine Erschütterung.«
    »Ich kann mich an nichts erinnern.«
    »Das ist normal. Sie waren … hm, haben Ihren Rausch ausgeschlafen. Sie waren bei vollem Bewusstsein, als der Krankenwagen Sie herbrachte.« Sie kicherte, als sie sein Gesicht mit einem feuchten Tuch abwischte. »Offenbar haben Sie ein bisschen Rabatz gemacht.« Sie hielt inne. »Aber schließlich haben Sie … einem Bluttest zugestimmt.«
    »Was meinen Sie mit zugestimmt?«
    »Gegenüber der Polizei.«
    »Der Polizei? Was habe ich …«
    »Dr. Thakurdas kommt gleich zu Ihnen«, sagte sie schnell. »Ärgern Sie sich jetzt nicht darüber. Betrachten Sie sich einfach nur als jemanden, der Glück gehabt hat, Mr Woodruff.«
    Er verdrängte alles und fiel erneut in einen tiefen Schlummer. Jemand maß seinen Puls, und er konnte hören, wie man sich über ihn unterhielt und dabei seinen Namen nannte, aber er war zu müde, um dem Gespräch zu folgen. Fraglos hatte man ihm etwas gegeben; der hartnäckige Schmerz in seinem Kopf schien verschwunden zu sein.
    Dafydd hatte das Gefühl, nach hinten wegzurutschen. Er schrieb seinen Namen in ein Buch und küsste Isabel. Eine fremde Frau in einem Rüschenkleid mit Blümchenmuster leitete die Hochzeitszeremonie. Als sie durch eine schwere Eichentür hinaustrat, fegte ein heftiger Windstoß herein. Isabel drehte sich zu ihm um: »Bist du sicher, dass du das willst?« Natürlich war er sich sicher, er liebte sie. Sie war gefestigt, jemand, der einem im Sturm Halt gab.
    Als er auf seinen Mantel hinabguckte, merkte er,

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