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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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sie zu ihm und reichte ihm die Liste. »Ich frage mich, warum Sie die Namen aller in Dudlington brauchen. Wir stehen doch bestimmt nicht alle unter Verdacht.«
    »Nein, keineswegs«, versicherte er ihr. »Aber es hilft dabei, mir ein klareres Bild von der Ortschaft zu machen.«
    »Wenn das alles ist, muss ich mich jetzt wieder um das Abendessen kümmern. Ihr Abendessen.«
    Dabei beließ er es.
     
    Hamish sagte: »Sie hat sich nicht bewährt, diese Skizze.«
    »In gewisser Weise doch.« Rutledge saß an Hensleys Schreibtisch und versah die Häuser, die er bereits kannte, mit einem Häkchen. »Ellison, da haben wir sie. Letteridge. Lawrence. Simpson. Freebold. Und hier Hensley. Der Pfarrer. Baylor. Und natürlich Keating im Oaks. Einen Sandridge gibt es hier nicht. Ich hatte nicht erwartet, dass es so einfach sein würde.«
    Er packte die Skizze weg und stand auf, um sich im Zimmer umzusehen. »Wenn ich hier etwas verstecken wollte, welchen Ort würde ich wählen? Das Versteck muss vor den neugierigen Blicken der Leute sicher sein, die hier sitzen und auf Hensleys Rückkehr warten. Und es muss sogar dann noch sicher sein, wenn jemand eine gezielte Durchsuchung vornimmt, weil er herausfinden will, wo Hensley Akten oder Geld aufbewahrt. Wo also?«
    Rutledge schonte seinen Knöchel, als er sich an eine gründliche Durchsuchung machte. Er begann oben und arbeitete sich
im Haus nach unten vor. Die Suche wurde durch den unfreundlichen Tag behindert, denn der Schein der Lampe warf Schatten in dunkle Winkel, und daher war es schwierig zu erkennen, ob eine Bodendiele verschoben war oder nur in dem schlechten Licht so wirkte.
    Hamish rief ihm ins Gedächtnis zurück, dass das Haus immer noch den Freebolds gehörte und es nicht anzunehmen sei, dass Hensley ein Versteck gewählt hatte, von dessen Existenz sie bereits wissen könnten.
    Rutledge nahm sich einen Raum nach dem anderen vor und untersuchte jeden erdenklichen Winkel, in dem etwas versteckt sein könnte. Die Schlafzimmer, das Bad, die Treppe, das Wohnzimmer und das Esszimmer, die Küche und schließlich den Keller, wo eine Ecke von dem Kohlenkasten eingenommen wurde und eine andere von altem Gerümpel. Als er darin herumwühlte, stieß er auf einen Schlitten, ein zerbrochenes Trockengestell, einen Stuhl mit einem fehlenden Bein, eine Kiste Geschirr mit abgeschlagenen Kanten und nur einer Tasse, einen Packen alter Zeitungen, um das Kaminfeuer anzuzünden, eine Werkzeugkiste und einen Türknopf, der mitten zwischen dem übrigen Krimskrams lag.
    »Du vergeudest deine Zeit«, sagte Hamish zu ihm. »Hier ist nichts zu finden.«
    Aber er war nicht bereit aufzugeben.
    Er wandte sich dem einzelnen Türknopf wieder zu und starrte ihn versonnen an. Dieser eine Gegenstand schien neueren Datums zu sein als das übrige Gerümpel.
    Und dann begann er den Wust aus der Ecke zu ziehen. Er arbeitete flink und stapelte alles in der Mitte des Lehmbodens.
    Als er eine Truhe mit Kleidungsstücken hervorgezogen hatte, die ein halbes Jahrhundert alt waren, konnte er die rauen Kanten einer Tür eher fühlen als sehen.
    Das Loch sah aus wie ein Astknoten im Holz und nicht wie ein echter Hohlraum, doch er steckte den Türknopf hinein. Auf
der anderen Seite musste das Gegenstück angebracht sein, denn es gelang ihm, die Tür behutsam gerade so weit aufzuziehen, dass seine Finger in den Spalt passten und er sie ganz öffnen konnte.
    Der Knopf auf der anderen Seite war angenagelt worden, um Stabilität zu gewährleisten. Und als die Tür so weit geöffnet war, dass er hineinschauen konnte, erkannte er, dass überall Regale angebracht waren, als sei diese Kammer früher einmal zum Aufbewahren von Marmelade und Kompott benutzt worden.
    Jetzt war sie leer, bis auf eine dunkle Ledermappe und einen Packen Papiere.
    Er wollte sie gerade herausziehen, als er über seinem Kopf eine Stimme hörte.
    Fluchend ließ er die Tür, wo sie war, und eilte die Treppe so schnell hinauf, wie es sein schmerzender Knöchel zuließ.
    Mrs. Channing stand in der Wohnzimmertür und rief seinen Namen.
    »Ich habe Sie vergessen!«, sagte er zerknirscht. »Ich hätte Sie längst abholen sollen.«
    »Nein, ich bin davon ausgegangen, dass ich allein zum Gasthaus zurücklaufe. Aber was haben Sie getan? Ist das eine Spinnwebe in Ihrem Haar?«
    Er stellte fest, dass er sogar Kohlenstaub auf einem Ärmel und Schmutz auf seinem Handrücken hatte. »Gesucht«, sagte er wahrheitsgemäß. »Ich hatte gehofft, dass Hensley seine

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