Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
Vom Netzwerk:
Constable Hensley töten wollen? Und dann, als Sie hierhergekommen sind, auch Sie?«
    Es war ein Echo dessen, was er Mrs. Melford hatte sagen hören.

    Er antwortete: »Ich glaube nicht, dass diese Anschläge etwas miteinander zu tun hatten.«
    »Wie können sie unabhängig voneinander sein? In einem Dorf dieser Größenordnung?«
    Aber er konnte ihr nicht von den Patronenhülsen erzählen.

24.
    Meredith Channing erwartete ihn bei seiner Rückkehr. Sie hatte ihren Schirm neben die Tür gestellt, und er tropfte so stark, dass sich auf den Bodendielen bereits eine Pfütze gebildet hatte, als er über die Schwelle trat.
    »Ah, Sie waren den größten Teil des Tages unterwegs. Ich habe mich schon gefragt, wie Sie das schaffen.«
    »Es geht ganz gut.«
    Sie nickte. »Das sehe ich selbst. Setzen Sie sich. Sie sehen sehr müde aus. Es kann nicht leicht sein, den Schmerz stundenlang zu verbergen. Nicht einmal vor sich selbst.«
    »Sie müssen eine unglaublich gute Krankenschwester gewesen sein, wenn Sie die Gedanken Ihrer Patienten lesen konnten.«
    »Wissen Sie, es waren einige darunter, die nicht sprechen konnten. Nach einer Weile lernt man, ihre Bedürfnisse halbwegs zu erraten.«
    »Warum sind Sie hierhergekommen?« Diese Frage hatte er ihr schon einmal gestellt, doch er konnte es nicht lassen, sie ein zweites Mal danach zu fragen.
    »Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen - ich weiß es selbst nicht. Was ich beim Anblick dieser Patronenhülse empfunden habe, als sie bei mir zu Hause auf dem Tisch lag, war nicht besonders angenehm. Deshalb habe ich sie Ihnen geschickt. Aber die Dunkelheit war immer noch da, als hätte sie einen Schatten zurückgelassen. Ich konnte diesen Schatten dort sehen, sogar
nachts konnte ich ihn fühlen. Und da es mich schon derart beunruhigt hat, konnte ich mir ausrechnen, wie bedrückend es für Sie sein muss. Und das hat mir Sorgen gemacht.«
    »Kannten Sie in London jemanden, der Edgerton hieß?«
    »Edgerton. Gab es nicht vor dem Krieg einen Cricketspieler dieses Namens?«
    »Ich glaube eher, er hat Tennis gespielt«, sagte Rutledge und beobachtete ihr Gesicht, doch ihr war keine Reaktion auf seine Erfindung anzusehen.
    »Na gut, von mir aus. Was ist mit ihm?«
    »Er ist nach einem Brand an seinen Verletzungen gestorben.«
    »Das ist ja furchtbar!« Sie starrte ihn an. »War er ein Freund von Ihnen?«
    »Ich bin ihm nie begegnet.«
    »Warum glauben Sie dann, ich könnte ihn kennen?« Sie runzelte die Stirn. »Fühlen Sie sich fiebrig?«
    Hensley war fiebrig, und das gab ihm Grund zur Sorge. »Ich versuche in Erfahrung zu bringen, in welcher Form ein Mann namens Edgerton in diese undurchsichtige Angelegenheit mit dem Constable verwickelt ist.«
    »Ihr Tennisspieler?«
    Er lächelte sie an. »Genau der. Schon gut, lassen wir das. Ich nehme an, er ist gestorben, während Sie in Frankreich waren. Ich wüsste nicht, weshalb Sie sich an ihn erinnern sollten.«
    »Nein. Wir waren von allem außer den Kämpfen ziemlich abgeschnitten. Wir hatten selten Zeit, an etwas anderes zu denken. Tut mir leid.«
    »Es gibt noch einen anderen Namen, auf den ich neugierig geworden bin. Sandridge.«
    Entweder war sie eine sehr gute Lügnerin oder auch dieser Name sagte ihr überhaupt nichts. Sie schüttelte den Kopf und erwiderte: »Nein. Nie gehört.«
    So viel dazu, dachte er. Sie war ihm rätselhaft. Obwohl er die meisten Menschen sehr leicht durchschauen konnte, blieb sie
ihm unergründlich. Was steckte hinter der charmanten Fassade, den vornehmen Manieren und der warmen, hypnotischen Stimme? Wie war sie wirklich?
    »Ich dachte, vielleicht könnten wir dem Pfarrer einen Besuch abstatten«, sagte sie gerade. »Falls Ihnen der Weg nicht zu weit ist. Er muss sich einsam fühlen.«
    Er begleitete sie, obgleich er es, wenn es nach ihm gegangen wäre, bei Weitem vorgezogen hätte, vor dem Feuer sitzen zu bleiben, bis der Schmerz in seinem Knöchel ein klein wenig nachließ.
    Als sie das Pfarrhaus erreichten, sahen sie eine Frau den Weg hinunterkommen. Rutledge erkannte in ihr Mrs. Arundel, die Postmeisterin.
    Sie nickte ihm zu und neigte ihren Schirm nach hinten, um zu sagen: »Es freut mich zu sehen, dass Sie keine bleibenden Schäden davongetragen haben. Wenn man bedenkt, wie Grace Letteridges Gartenmauer aussieht, sollten Sie auf Krücken laufen.«
    Sie klopften an die Haustür, und Hillary Timmons öffnete ihnen mit gehetzter Miene. »Guten Tag, Sir. Sie sind alle gekommen, um ihm eine Kleinigkeit zu bringen -

Weitere Kostenlose Bücher