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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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Gastwirt: »Sie haben eine abschreckende Wirkung auf die Kundschaft.«
    »Das kann man wohl sagen.« Rutledge sah den Männern nach, als sie über die Straße zu den Feldern gingen und querfeldein zum Bach hinunterliefen. »Kennen Sie Constable Hensley gut?«
    »Wir grüßen uns. Als Stammgast könnte man ihn nicht bezeichnen. Ich wüsste niemanden, der ihn als Freund bezeichnen würde.« Keating machte sich an den Abwasch.
    »Hat sich in den letzten - sagen wir mal, zwei Tagen jemand nach ihm erkundigt?«

    »Nach ihm erkundigt? Jeder will wissen, wie es ihm geht.«
    »Jemand, der nicht in Dudlington lebt.«
    »Wir bekommen hier im Oaks immer wieder Fremde zu sehen. Die Straße, die am Ort vorbeiführt, bringt uns den größten Teil der Kundschaft. Das wissen Sie doch. Was wollen Sie eigentlich auf Ihre umständliche Polizistenart aus mir herausholen?«
    Rutledge lächelte. »Das wissen Sie ganz genau. Haben Sie jemandem, der hier reingeschaut hat, den Weg zu Hensleys Haus beschrieben? Oder die gesundheitliche Verfassung des Constable mit einem Durchreisenden erörtert?«
    »Es hat wohl ein ungebetener Gast an Ihre Tür geklopft?«
    Er kam der Wahrheit so nah, dass Rutledge ihn nachdenklich ansah. »Es ist nicht ratsam, einen Polizisten bei seinen Ermittlungen zu behindern. Was haben Sie gegen das Gesetz? Oder gilt Ihre Abneigung Hensley?«
    »Ich mache mir aus keinem von beiden viel, um die Wahrheit zu sagen.« Er stellte das erste Glas zum Trocknen auf einer Unterlage ab.
    »Haben Sie Emma Mason gekannt?«
    Keating starrte ihn an. Der plötzliche Richtungswechsel, den das Gespräch eingeschlagen hatte, überrumpelte ihn. »Alle kannten sie«, sagte er schließlich mit ausdrucksloser Stimme.
    »Was glauben Sie, was aus ihr geworden ist? Ist sie tot? Oder ist sie fortgelaufen?«
    »Dazu habe ich keine Meinung.«
    »Alle anderen haben eine.«
    »Mir gehört das Oaks. Ich habe nicht viel mit den Leuten in Dudlington zu schaffen. Sie kommen hierher, wenn sie wollen, oder sie lassen es bleiben. Wenn sie an meinem Tresen sitzen und trinken wollen, dann stelle ich ihnen das Bier hin und lasse sie in Ruhe.«
    »War Emma Mason jemals hier?«
    »Was hätte sie wohl hier zu suchen gehabt, in einem Wirtshaus
mit Alkoholausschank?«, entgegnete er, ohne die Frage direkt zu beantworten.
    »Sie sind nicht von hier. Sie haben woanders gelebt. Das hätte sie reizvoll finden können.«
    »Also, hören Sie mal, ich lasse mich doch nicht mit Schulmädchen ein!«
    »Ich habe nicht angedeutet, dass Sie sich mit ihr eingelassen haben. Nur, dass sie möglicherweise mehr wollte, als Dudlington ihr bieten konnte. Dass ihr die Vorstellung gefallen haben könnte, Automobile oder Kutschen auf dem Weg in aufregendere Orte zu sehen. Es könnte sie auf den Gedanken gebracht haben, es gäbe einen Ausweg. Hat ihr Aussehen ihrem Alter entsprochen?«
    »Ich weiß nicht, wie sie ausgesehen hat. Wenn Sie das wissen wollen, dann erkundigen Sie sich im Dorf, nicht hier.« Er war wütend, unverhältnismäßig wütend.
    »Irgendwo muss sie doch sein«, antwortete Rutledge beschwichtigend. »Sie ist entweder am Leben oder tot. Sie ist entweder in Dudlington begraben oder sie ist mit einem der Männer fortgegangen, die auf der Durchreise hier etwas getrunken, sich nach dem Weg erkundigt oder zu Abend gegessen haben. Die kämen doch gar nicht erst ins Dorf, da ist für sie nichts zu holen. Sie brauchte nur durch die Hauptstraße zu laufen und den Hügel hinaufzusteigen, um zum Oaks zu gelangen, und selbst wenn sie nie einen Fuß in die Bar gesetzt hat, konnte sie hier die Automobile sehen und die Männer …«
    »Verschwinden Sie aus meinem Wirtshaus!«, schrie Keating. »Auf der Stelle! Ob Bulle oder nicht, es ist mir ein Vergnügen, Sie vor die Tür zu setzen!«
    Rutledge stand auf und bewegte sich ohne Hast. »Ich bin nicht hergekommen, um die Tugendhaftigkeit des Mädchens infrage zu stellen. Ihr Verschwinden hat noch nicht einmal etwas mit meinem Fall zu tun. Aber der Name taucht immer wieder in Verbindung mit Frith’s Wood auf. Und in demselben
Wäldchen wäre Constable Hensley beinah ermordet worden. Da ist es doch wohl verständlich, dass ich - neugierig bin.«
    Keating schlug mit der Faust auf den Tresen, und die Gläser und Flaschen klirrten. »Emma Mason war ein Kind. Ein anständiges Kind von einer solchen Schönheit, dass sie regelrecht eine Gefahr für sie dargestellt hat. Wenn ich glaubte, Hensley hätte sie angerührt, dann würde ich es

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