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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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stimmt. Haben Sie Emma gekannt?«
    Sie warf einen Blick auf den Stuhl, als sei sie unsicher, ob sie sich tatsächlich setzen oder besser doch stehen bleiben sollte. »Ich bin mit ihr zur Schule gegangen. Wir waren nicht besonders eng befreundet - ihre Großmutter hat ihren Umgang mit mir missbilligt.«
    »Wie kommen Sie denn auf den Gedanken?«, fragte er, um ihr die Befangenheit zu nehmen. »Auf mich machen Sie einen durch und durch anständigen Eindruck.«
    Sie lachte. »Ich bin die Tochter des Bäckers, verstehen Sie. Nicht vornehm genug für Mrs. Ellison. Aber ich mochte Emma recht gern, und ich habe mir große Sorgen um sie gemacht. Ich dachte, Sie hätten vielleicht Neuigkeiten über sie. Ihre Großmutter konnte ich nicht fragen, weil ich immer Angst hatte, von ihr bekäme ich doch nur zu hören, ich sollte mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern.«
    »Ich kann Ihnen leider auch nichts Neues über sie berichten. Für meine Fragen gibt es den ganz einfachen Grund, dass ich in Constable Hensleys Akten nur sehr wenig über ihr Verschwinden
gefunden habe. Das kam mir seltsam vor, wenn man bedenkt, dass möglicherweise ein Mord begangen worden ist.«
    Diese Worte ließen Martha zusammenzucken. »Ich möchte mir nicht ausmalen, dass ihr etwas Grässliches zugestoßen ist.« Sie schien ihre anfängliche Scheu überwunden zu haben und setzte sich endlich auf den Stuhl, der ihm gegenüberstand. »Sie war begabt, wie ihre Mutter«, fuhr sie mit großem Ernst fort. »Ich habe einige von den Aquarellen gesehen, die Grace Letteridge gehören. Emma konnte fast genauso gut malen. Sie hat einmal ein Porträt von mir angefertigt, mit Pastellstiften. Ich habe es noch, es hängt eingerahmt in meinem Zimmer.«
    »War Emma eine gute Schülerin?«
    »Sie war sehr klug, das ist wahr. Das habe ich an ihr bewundert. In Mathematik bin ich ein hoffnungsloser Fall, und sie hat mir oft geholfen, wenn ich nicht dahintergekommen bin, wie sich ein Problem lösen lässt. Manchmal haben wir gemeinsam bei Grace gelernt, nach dem Nachmittagstee. Darauf habe ich mich immer gefreut. Sie hat mir nie das Gefühl gegeben, ich sei noch zu jung und für nichts zu gebrauchen.«
    Und dann fügte sie mit einer unerwarteten Reife, die mit wachsender Zuversicht in ihr aufsprudelte, hinzu: »Ich habe immer fest daran geglaubt, dass Emma sich auf die Suche nach ihrer Mutter gemacht hat, trotz aller Gerüchte, die das Gegenteil behauptet haben. Dudlington ist ein Provinznest und hat einem Mädchen wie Emma nichts zu bieten. Hier gibt es nicht einen einzigen unverheirateten Mann, den ihre Großmutter für sie ins Auge gefasst hätte. Keiner war gut genug für sie. Von Zeit zu Zeit hat sie ihrer Mutter geschrieben, verstehen Sie. Und die Briefe sind ungeöffnet zurückgekommen. Aber wir hatten immer den Verdacht, Grace und ich, ihre Mutter hätte das Gefühl, Emma sei noch viel zu jung, um nach London zu kommen. Sie müsste erst die Schule abschließen und erwachsen werden. Das ist verständlich, da Mrs. Mason sie schließlich nur zu diesem Zweck hierhergebracht hat.«

    »Sie haben diese Briefe gesehen, die ungeöffnet zurückkamen? Kennen Sie zufällig Mrs. Masons Adresse?«
    »Nein, Mrs. Ellison hat die Briefe immer verbrannt. Sie war wütend auf ihre Tochter, weil sie Emma so schäbig behandelt hat. Meine Mutter hat oft gesagt, es sei eine Schande, wie Beatrice Mason ihr eigenes Fleisch und Blut missachtet. Sie kannte Beatrice und hat gesagt, sie hätte niemals damit gerechnet, dass sie sich als ein solcher Snob erweisen würde.« Sie lächelte missbilligend, um ihre Mutter zu entschuldigen. »Aber Sie müssen Mrs. Masons Ausstellungen in London ja gesehen haben. Sie muss inzwischen recht berühmt sein.«
    Er hatte sie nicht nur nicht gesehen, sondern noch nie von einer Künstlerin dieses Namens gehört. Aber andererseits war Beatrice Mason ziemlich konservativ für eine Künstlerin, die sich erhoffte, London im Sturm zu erobern. Frances wusste bestimmt, wer sie war - oder wer sie vorgab zu sein.
    Aber Hamish schlug einen anderen Kurs ein. »Wenn sie doch nicht so berühmt war, dann wäre es ihr vielleicht gar nicht lieb, dass ihre Mutter oder die Tochter die Wahrheit herausfinden.«
    »Soweit ich gehört habe, hat Miss Letteridge zu Kriegsbeginn fast zwei Jahre in London verbracht. Hat sie sich in der Zeit mit Emmas Mutter in Verbindung gesetzt?«
    Martha Simpson war aufgestanden. »Das habe ich sie auch gefragt. Sie hat gesagt, sie hätte keinen Sinn

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