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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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war und dass der Lastwagen ihn hätte überfahren können, wenn er nicht behände über die niedrige Mauer in Grace Letteridges Vorgarten gesprungen wäre. Jemand erklärte sich dafür verantwortlich.
    Er durchsuchte das Haus, obwohl er wusste, dass es zwecklos war.
    Sein Besucher war unbemerkt ins Haus geschlüpft und ebenso unbemerkt wieder entwischt.
    In der folgenden Nacht schlief Rutledge schlecht. Zum einen pochte sein Knöchel und ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Zum anderen war er bei unverschlossener Haustür nicht vor Eindringlingen sicher, und jedes kleinste Geräusch ließ ihn aus seinem unruhigen Schlaf aufschrecken.
    Was hatte derjenige, der ihm stets auf den Fersen war, mit Constable Hensley zu tun? Es fiel Rutledge schwer zu glauben, der Angriff auf Hensley sei nichts weiter gewesen als eine List, um ihn in den Norden zu holen.
    Andererseits bot Dudlington besonders günstige Gelegenheiten, ihn aufs weite Land hinauszulocken. Und jeder Mörder, der etwas taugte, hielt Ausschau nach einer guten Gelegenheit.
    Die Frage war jetzt, warum es ausgerechnet jemand auf ihn abgesehen haben sollte.
    Hatte es etwas mit dem Yard zu tun? Weshalb dann die Patronenhülsen aus einem Maschinengewehr, das in Frankreich eingesetzt worden war? Wenn es sich dagegen um etwas drehte, was in den Schützengräben vorgefallen war, weshalb sollte derjenige dann so lange warten, wenn der Krieg doch schon vor vierzehn Monaten geendet hatte?
    »Er war im Krankenhaus.«

    Hamishs Stimme schien laut durch das Schlafzimmer zu hallen, und Rutledge schreckte aus dem Schlaf hoch.
    Das war einleuchtend.
    Je länger er darüber nachdachte, desto größer wurde seine Überzeugung, dass es wahr sein könnte.
    Aber es gab Tausende von Männern, die an Kriegsverletzungen litten. Sie waren über das ganze Land verstreut. Der Versuch, einen Einzelnen unter ihnen ausfindig zu machen, war aussichtslos.
    Hamish sagte: »Da hätten wir schon mal den Bruder von diesem Farmer.«
    Rutledge machte sich Gedanken über Joel Baylor.
    Aber er hatte nie gemeinsam mit ihm gedient. Der Name sagte ihm nichts, und er hatte sich weiß Gott Mühe gegeben, sich den Namen eines jeden Mannes einzuprägen, den er in die Schlacht geschickt hatte. Wenn Baylor darunter gewesen wäre, hätte er sich an ihn erinnert.
    Rache war in der Regel eine persönliche Angelegenheit. Andernfalls war sie zwecklos.
    Er dachte an das, was Mrs. Channing zum Thema Rachgier gesagt hatte. Und das führte ihn wieder zu Nell Shaw.
    Es war sehr gut möglich, dass jemand, der zum Tod durch den Strang verurteilt worden war, ein Familienmitglied mit Rachsucht im Herzen zurückgelassen hatte. Und diese Person versuchte ihm jetzt zu sagen, der Krieg hätte die Vergeltung zwar verzögern können, aber die Rachegelüste seien deswegen keinesfalls verschwunden.
    Und da Rutledge nicht in Frankreich gestorben war, war er jetzt Freiwild.
    »Das klingt mir sehr nach Rachgier, Inspector.«
    Er konnte diese warme, melodische Stimme hören, die im Dunkeln mit ihm sprach.
    Was hatte Meredith Channing mit seiner Vergangenheit zu tun? Sie hatte gesagt, sie sei in Frankreich gewesen, und er
glaubte ihr. Sie hätte ihn dort gesehen, hatte sie gesagt, und auch das glaubte er ihr.
    Aber erst, als sie einander am Silvesterabend in Maryanne Brownings Haus begegnet waren, war er wieder in ihre Reichweite gelangt.
    Sie konnte ihm nicht gefolgt sein - auf ihn geschossen haben -, versucht haben, ihn mit dem gestohlenen Lastwagen zu überfahren.
    Aber es konnte durchaus sein, dass sie einen Komplizen hatte, einen Sohn oder einen Neffen. Sie könnte sogar einen Berufskiller dafür bezahlt haben, das zu tun, wozu sie selbst körperlich nicht in der Lage war.
    Das würde erklären, warum sie sich seine Adresse besorgt hatte und warum sie ihm nach Dudlington gefolgt war. Um ihn sterben zu sehen.
    Diese Erklärung ließ wenige Fragen offen, aber entsprach sie auch der Wahrheit? Oder entsprang sie nur seiner glühenden Fantasie, die ein wirkliches Gesicht anstelle des verschwommenen suchte, das nie wirklich sterblich zu sein schien?
    Hamish sagte: »Obacht.«
    Die Nacht schien sich plötzlich aufzuhellen, als in dem Fenster, das ihm gegenüberlag, eine Lampe angezündet wurde.
    Er brauchte länger, als er erwartet hatte, um aus dem Bett aufzustehen und ans Fenster zu humpeln, und der Boden war kalt unter seinen Füßen.
    Es war wieder jemand in Emma Masons Schlafzimmer, und obwohl er eine gute halbe Stunde auf seinem Posten

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