Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
zwischen uns. Es zerreißt ihn fast! Zu deiner Beruhigung: Wir kümmern uns um Signora Hardenberg und Susanne Ullmann. Es wäre allerdings nett, wenn du uns auch die Gründe dafür mitteilen würdest. Ciao!»
Er ist genauso feige wie ich, dachte Laura. Eigentlich müsste ich jetzt wütend werden. Kann ich aber nicht. Ich liebe seine Stimme. Sie setzte sich neben den Anrufbeantworter auf den Boden und hörte Guerrinis Nachricht noch zweimal an, obwohl sie eigentlich keine Zeit zu verlieren hatte.
Zwei Stunden später briet Ronald, der Sofia bei ihrer Freundin abgeholt hatte, in der Küche Bratkartoffeln mit Spiegeleiern, während Laura ihrer Tochter beim Packen half. Sofia wollte ihre gesamten schicken Hosen, Röcke und Jacken mitnehmen.
«Das ist kein Umzug, Sofi. Du bist in spätestens zwei Wochen wieder hier und wahrscheinlich mit Patrick.»
«Aber ich brauche meine Sachen, Mama. Ich will gut aussehen … es ist mir wirklich wichtig!» Unerwartet brach Sofia in Tränen aus.
Laura ließ die Bluse sinken, die sie gerade zusammenlegte, und ging zu ihrer Tochter. Schluchzend, mit hängenden Schultern stand Sofi vor ihrem Kleiderschrank.
«Du siehst immer gut aus, Sofia», sagte Laura leise. «Und besonders sexy bist du in Jeans und deinem Lieblingsshirt. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben, dass Patrick dich nicht schön finden könnte.»
«Aber es geht alles viel zu schnell. Ich hab mich drauf eingestellt, dass er in zwei Wochen kommt. Jetzt seh ich ihn schon morgen. Ich hab überhaupt keine Zeit, mich vorzubereiten!» Sofia warf sich in Lauras Arme und weinte so laut, dass Ronald besorgt den Kopf ins Zimmer steckte, sich aber sofort wieder zurückzog, als Laura warnend eine Hand hob.
«Das macht dir ein bisschen Angst, nicht wahr?»
«Und wie, Mama!»
«Wie lange habt ihr euch nicht mehr gesehen? Seit knapp vier Monaten. Das ist eine lange Zeit, Sofi. Da wird man sich ein bisschen fremd.»
«Wir sehen uns doch beim Skypen.»
«Aber da kann man sich nicht anfassen, nicht küssen, nicht miteinander tanzen oder spazieren gehen, nicht miteinander essen oder Freunde sehen. Vielleicht kann man streiten und sich allen möglichen Quatsch erzählen. Mehr aber nicht.»
«Was ist, wenn er mich nicht mehr mag oder ich ihn nicht?»
«Ich bin ganz sicher, dass er dich mögen wird, Sofia. Ob du ihn magst, das wirst du herausfinden.»
«Ich mag ihn total, Mama!»
«Also dann: Schluss mit den Tränen!»
«Aber ich hab Angst!»
Ich auch, dachte Laura. Ich fürchte mich vor dem Wiedersehen mit Angelo.
«Liebe macht immer ein bisschen Angst», sagte sie, strich Sofias langes Haar zurück und küsste ihre heiße Stirn.
«Ist das bei dir und Angelo auch so?»
«Ja, das ist bei uns genauso.»
«Obwohl ihr erwachsen seid?»
«Obwohl wir ziemlich erwachsen sind.»
«Okay!» Sofia löste sich aus Lauras Armen und schüttelte ihr Haar. Sie wischte sich die Augen trocken, seufzte tief und sagte schließlich: «Dann packen wir jetzt weiter, Mama.»
«Sofia, da ist noch eine Sache, die ich mit dir besprechen muss …»
«Musst du nicht, Mama. Ich nehme die Pille schon seit zwei Monaten. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, und Papa kann sich auch entspannen.»
«Na, prima», murmelte Laura, faltete die Bluse noch einmal und legte sie in den Koffer. Ich habe meine Kinder zur Selbständigkeit erzogen. Scheint geklappt zu haben.
Der Taxifahrer , der Laura vom Flughafen nach Florenz hineinfuhr, redete ununterbrochen von der Krise, jener Krise, die inzwischen die ganze Welt erfasst hätte, ganz besonders aber Italien. Er redete, als bereite das Katastrophenszenario ihm Lustgefühle. Zwischendurch beantwortete er Anfragen der Zentrale, plauderte über seine Freisprechanlage mit einem Freund, um dann wieder auf die Krise zurückzukommen.
«Nur Touristen nehmen hier ein Taxi, Einheimische fast überhaupt nicht mehr. Einfach zu teuer. Sehen Sie, Signora, die Benzinpreise sind astronomisch. Das muss ich natürlich an die Kunden weitergeben. Sonst habe ich überhaupt keinen Gewinn mehr.» Er breitete entschuldigend die Arme aus, ergriff schnell wieder das Steuerrad und überholte einen Lastwagen, obwohl Überholen hier eindeutig verboten war.
Laura sagte nichts, sie wusste, dass Einwände gegen italienische Fahrgewohnheiten zwecklos waren.
«Ma! Siamo sempre in crisi, vero?», lachte er und überschritt dabei die Geschwindigkeitsbegrenzung um fünfunddreißig Stundenkilometer. «Ich kann mich seit meiner
Weitere Kostenlose Bücher