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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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Auch die Silhouetten meiner drei Freunde zeichneten sich ab. Sie standen unterm schützenden Dach ihres Raumfahrzeuges und winkten zurück. Es sah aus, als hockten drei Zwerge unter einem großen Pilz.
    Als ich vor ihnen stand, verneigten sie sich, wippten mit dem Glashelm. Ich erwiderte den Gruß auf gleiche Weise. Es war, als hätten sich gute alte Bekannte getroffen. Ein Gefühl der Hochstimmung erfaßte mich; ich war aufgeregt wie ein Kind, dem ein lang gehegter Wunsch erfüllt wird. Zwei meiner Freunde eilten die Treppe hinauf, verschwanden im Einstieg, der sich hinter ihnen geräuschlos schloß. Auch das Licht erlosch, ich konnte kaum noch die Hand vor Augen sehen. Erst jetzt wurde mir das Ungewöhnliche meiner Lage allmählich bewußt. Dennoch gingen mir zunächst ganz banale, nebensächliche Dinge durch den Kopf. Ich dachte zum Beispiel daran, daß ich kein sauberes Taschentuch bei mir hatte und daß ich mich hätte umziehen sollen. Auch ein paar Pfefferminzplätzchen wären angebracht gewesen.
    Lange Zeit rührte sich nichts. Offenbar bereitete man meinen Einstieg vor, überprüfte noch einmal meinen Raumanzug und das Atemgerät. Dieses Warten in der lautlosen Dunkelheit irritierte mich, ich kämpfte gegen eine wachsende Beklemmung an. Schließlich stand mir kein Ausflug nach irgendeinem Ort der Erde bevor. Wir hatten uns noch nicht über das Ziel und die Dauer des Fluges verständigt. Sobald ich eingestiegen war, wollte ich mit ihnen darüber sprechen.
    Ich sah hinüber nach Manik Maya. Bei Theo im Zimmer brannte noch immer Licht. Wenn du willst, kannst du jetzt noch umkehren, kam es mir in den Sinn, ein paar hundert Meter, und du bist wieder bei ihnen… Der Gedanke an die schnarchenden Schnapsleichen gab mir etwas von meiner Sicherheit zurück. »Frau Luna auf modern« – das ärgerte mich noch immer. Welches Schicksal mich auch erwarten mochte, ich hatte keine Alternative mehr. Ich stand wie Prahlhans auf dem Sprungturm eines Schwimmbeckens und mußte den Sprung wagen – aus Achtung vor mir selbst, aus Neugier und auch deswegen, um den Beweis für meine belächelte Erzählung zu erbringen. In einigen Stunden, spätestens morgen um diese Zeit, so hoffte ich, würden sie mich an dieser Stelle wieder absetzen. Schließlich waren meine Gastgeber intelligente und humane Wesen.
    Über uns wurde es wieder hell. Neben mir stand der Kleine, deutete zum Einstieg. Die Schleuse erwartete mich. Zögernd setzte ich den Fuß auf die erste Treppenstufe, stieg langsam höher. Die Treppe schwankte unter meinem Gewicht. Mein Begleiter blieb dicht hinter mir. Von den beiden anderen war nichts zu sehen. Ich gestehe, als ich die letzte Stufe erreicht hatte und sich vor mir die kleine Einstiegsschleuse zeigte, war mein Mut bereits wieder auf den Nullpunkt gesunken. In diesem Augenblick wurde mir bewußt, daß es vielleicht kein Zurück mehr geben könnte.
    Die Schleuse war viel zu eng und zu niedrig für mich; ich mußte mich ducken, um nicht mit dem Kopf an die Decke zu stoßen. Trotz der unbequemen Stellung beherrschte mich in diesen spannungsgeladenen Sekunden nur ein Gedanke, erregend und beängstigend zugleich: Du bist jetzt Gast einer fremden, außerirdischen Zivilisation. Was dich umgibt und was du jetzt berührst, wurde auf einem andern Stern erdacht und hergestellt…
    Gespannt wartete ich auf das, was nun folgen mußte, auf den Aufstieg. Die Einstiegsluke stand noch immer offen, auch die Treppe war noch nicht eingezogen. Warum trödeln sie heute so lange, überlegte ich. Ein Stückchen von der regennassen Wiese war noch zu sehen. Ich betrachtete das Bild, als sähe ich es zum ersten und zum letzten Male.
    Plötzlich geschah etwas Unerwartetes. Ein Schatten raste die Treppe hinauf, dann sprang ein Tier auf mich zu. Erschrocken zuckte ich zurück, wollte mich gegen die Wandung drücken. Mein Kopf schlug gegen die Decke. Ich stieß einen Schmerzensruf aus, sah, daß auch mein Begleiter abwehrend die Hände hob. Sein Helm prallte gegen die Wandung, es schepperte, wie wenn Metall gegen Metall schlägt. Der Angriff aber galt eindeutig mir. Das Untier sprang an mir hoch, stieß undefinierbare Laute aus. Unwillkürlich kam ein Hilferuf über meine Lippen.
    Die vorausgegangene Zecherei und das sinnenverwirrende, bevorstehende Abenteuer waren wohl die Ursache, daß ich den grotesken Vorgang erst verhältnismäßig spät erfaßte. Dieser Zwischenfall war wohl das Verrückteste, was mir passieren konnte. Was vor mir so

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