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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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betrogen. Immer deutlicher vernahm ich diesen sonderbaren Laut. Kaum hörbar – Furcht hinderte mich, laut zu sprechen –, fragte ich: »Ist jemand hier?«
    Meine ängstliche Frage wurde in der gleichen Sekunde beantwortet, denn dieser Jemand berührte meine herunterhängende Hand. Ich bebte vor Angst. Etwas FeuchtWarmes strich über meinen Handrücken. Die unheimliche Berührung wurde unerträglich. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, richtete mich mit einem Ruck auf.
    Neben mir, auf dem spiegelblanken Boden, hockte Waldi. Er sah mich mit seinem Hundeblick vorwurfsvoll an.
Wohl nie in meinem Leben habe ich einen Menschen mit größerer Freude und Dankbarkeit begrüßt als dieses kleine, krummbeinige Tier. Mir war zumute, als wäre ich von den Toten auferstanden. Der Dackel schien ähnlich zu empfinden. Er kläffte vor Freude, als er mich lebendig vor sich sah, sprang auf mein Lager. Ich hatte Mühe, mich seiner Zärtlichkeiten zu erwehren. Übermütig balgten wir herum.
Waldis Anwesenheit gab mir nicht nur ein Gefühl der Sicherheit, er schloß auch eine Lücke in meinem Gedächtnis. Ich erinnerte mich an den Augenblick, da er in der Kabine wie tot vor mir lag. Nur noch ein Glied fehlte in der Kette. Viel Zeit konnte seit unserm Start nicht vergangen sein, sonst hätten wir beide schon Hunger und Durst verspürt. Zwei, drei Stunden schätzte ich. Bei dem Gedanken an die Zechbrüder auf Manik Maya lachte ich vor mich hin. Sie schliefen jetzt noch ihren Rausch aus.
»Bald werden sie uns vermissen«, meinte ich vergnügt. Waldi sah mich aufmerksam an. Absichtlich laut fuhr ich fort: »Du bist jetzt ein berühmter Dackel, Waldi. Benimm dich also entsprechend, kläffe nicht, wenn jemand eintritt…«
Ich lauschte. Es rührte sich nichts. Undenkbar, daß man mich nicht gehört hatte. Vorsichtig stand ich auf, untersuchte meinen Aufenthaltsort. An meinen Schritten spürte ich, daß die Gravitation in diesem Raum geringer war als auf der Erde. Meine Schlafstelle war eine Art Feldbett mit weicher Polsterung. In der Glaswandung sah ich mein Spiegelbild. Verblüfft stellte ich fest, daß ich andere Kleidung trug. Ein dunkles enganliegendes Trikot hatte man mir übergezogen. An den Seiten und in den Ärmeln waren Taschen angebracht. Diese Kleidung gab mir Rätsel auf. Wer hatte mich angekleidet? Waren wirklich erst drei Stunden vergangen? Jetzt bedauerte ich, ihnen meine Armbanduhr geschenkt zu haben. Konnten nicht schon Tage vergangen sein?
Nervös lief ich kreuz und quer durch die Kuppel, suchte nach einer Tür. Waldi wich keinen Schritt von meiner Seite. Irgendwo mußte sich ein Eingang befinden; doch sosehr ich auch suchte – es fand sich nicht einmal ein Spalt. Die Kuppel schien aus einem Stück gegossen zu sein. »Wir sind Gefangene in einem Glaskäfig, Waldi«, sagte ich verärgert, »hier hilft uns nicht einmal ein Zauberspruch heraus…« Es befriedigte mich, wenigstens mit dem Hund reden zu können. Besorgt dachte ich daran, daß der kleine Kerl über kurz oder lang einen Baum benötigen würde – er mußte ja schließlich mal »Gassi« gehen. Es wurde Zeit, daß meine Gastgeber sich meldeten.
»Hallo, ich bin erwacht!« rief ich laut. »Hört mich denn niemand? Ich möchte wissen, wo ich bin!«
Stille, kein Laut war zu vernehmen. »Schöne Gastfreundschaft«, knurrte ich, »sperren einen ein – sind wir vielleicht eine Art Souvenir für euch?« Ich sah mich bereits in einem Käfig auf einem fremden Planeten, umringt von gaffenden Zwergen. Außen ein Schild mit der Aufschrift: »Mensch, Allesfresser, Herkunft Planet Erde, Sonnensystem am Rande der Milchstraße. Füttern untersagt…«
Waldi hob plötzlich die Schlappohren, blickte in eine Richtung. Von irgendwoher war ein Geräusch gekommen. Zugleich wurde es heller, die Glaskuppel strahlte ein mattgrünes Licht aus. Der Dackel fing an zu knurren. Ich beruhigte ihn, vernahm im selben Moment erschaudernd hinter mir einen Atemzug. Hilflos wandte ich den Kopf und schrak zusammen, glaubte eine Erscheinung zu haben.
Drei Schritte von mir entfernt stand eine Frau, genauer: ein junges Mädchen. Sie lächelte.

7
    Ich suche nach Worten, die meine Verblüffung und Verwirrung wiederzugeben vermögen. Schon immer hatte ich mich hübschen Mädchen gegenüber etwas hilflos gefühlt. Nun kam zu dieser traumhaften Erscheinung noch das Mirakulum ihrer unerwarteten, plötzlichen Anwesenheit hinzu. Es gab keine Tür in diesem Raum, und doch stand sie vor mir, als wäre sie aus

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