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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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führen, aber er wußte auf vieles eine Antwort und blieb während der eintönigen Reise eine lebendige Erinnerung an die andern.
    Einige Stunden nach dem Start probierte ich mein kleines Sendegerät aus. Die Verbindung war so klar, als stünde Aul neben mir. Ich schilderte ihr, was ich durchs Bordfenster sehen konnte. Viel war es nicht, denn die »Quil« bewegte sich gerade hinter der riesigen Jupiterscheibe. Dafür entschädigte mich der Anblick des sechsten Mondes, der weit draußen seine Bahn zog. Aul blieb bei diesem Gespräch eigentümlich zurückhaltend. Ich hatte den Eindruck, als wünsche sie die Unterhaltung nicht. Sie zweifelte wohl noch immer an meiner Rückkehr. Als ich mich später erneut meldete, teilte sie mir ihre Rückkehr zum sechsten Mond mit. Sie bat mich, erst nach meiner Landung auf der Erde wieder Verbindung mit ihr aufzunehmen. Mir war dieser Wunsch unverständlich, aber ich fügte mich.
    Jetzt, da sich die größte Aufregung ein wenig gelegt hatte, fiel mir ein sträfliches Versäumnis ein. Fritzchen hätte mir ein paar von den Juwelen und etwas Gold mitbringen können. Auch meine Zeichnungen lagen noch im Mond. Es ärgerte mich maßlos, nicht daran gedacht zu haben. In meiner Rocktasche fand ich einen Zehnmarkschein und einige Münzen – mein ganzer Reichtum. Er reichte gerade aus, um damit nach Hause zu kommen. Die Erinnerung an die verpaßte Gelegenheit lastete eine Zeitlang wie ein Zentnergewicht auf mir. Nur ein paar Steine, und ich hätte für acht Tage den lieben, guten, reichen Onkel spielen können… Auch für Johanna wäre dann gesorgt gewesen, es hätte mein Gewissen erleichtert.
    An Bord war es totenstill. Waldi lag auf dem Boden, schlief und schnarchte leise vor sich hin. Hinter dem Bordfenster war die Nacht, in ihrem Schoße die unverrückbaren Sternbilder, der kleiner werdende Jupiter mit seinen Monden, sonst nichts. Eine Reise mit der Eisenbahn oder ein Flug über den Kontinent waren abwechslungsreicher.
    Fritzchen hatte versucht, mir den Antrieb unseres Transporters zu erklären. Seine Geduld war grenzenlos. Ich begriff nur so viel, daß außen eine Scheibe rotierte, die in einem Kraftfeld gelagert war. Dadurch entstand kaum Reibungshitze.
    Vielleicht wäre es besser gewesen, die Reise wie beim ersten Flug durch einen Dauerschlaf zu verkürzen, aber ich hatte immer die Befürchtung, etwas zu versäumen. Außerdem war die Wirkung des Konzentrats nur für wenige Tage berechnet. Jeden vierten Tag nickte ich ein. In den acht Tagen auf der Erde würde auch mein Bart wieder wachsen. Bis jetzt hatte ihn eine Beimischung am Sprießen gehindert.
    Die gespannten Erwartungen machten die Reise strapaziös. Trotz des Verbots versuchte ich, Aul auf dem sechsten Mond zu erreichen. Sie meldete sich nicht. Ich beauftragte Fritzchen, die Verbindung herzustellen. Ihm antwortete nur einer seiner Kollegen. »Sternschnuppe«, flehte ich, »warum antwortest du nicht? Dieser Flug nimmt kein Ende…« Schließlich schimpfte ich – umsonst, Aul reagierte nicht.
    Schlafen, träumen, erwachen – gleichförmiger Alltag meines Rückfluges. Ich hatte das Empfinden, schon Jahre unterwegs zu sein. Dann löste Fritzchen unverhofft Alarm aus, als er beiläufig erklärte: »Wir werden in wenigen Stunden auf der Erde landen.« Er sagte es mit demselben Gleichmut, wie er alles erläuterte.
    Seine Ankündigung elektrisierte mich. Verklärt nahm ich die erregenden Bilder wahr, die sich vom Bordfenster aus boten, sah die farbige Scheibe des Planeten, der wie ein Topas auf samtschwarzem Hintergrund leuchtete, konnte die Gebirge des Mondes sehen, seine aschfahlen Ebenen. Ich nahm Waldi auf den Arm, trug ihn zum Bordfenster. Er winselte, das dumme Tier begriff nichts. Vorbeirasende Wolkenfetzen, grelles Sonnenlicht, Gebirgsketten. Die Erde, die Erde, dachte ich. Die Erde.
    Wir mußten noch einige Stunden über den Wolken bleiben, weil in Europa der Tag noch nicht zu Ende war. Erst als die Sonne unter den Horizont tauchte, gingen wir tiefer. Minuten nur noch. Ich befand mich in einem Freudentaumel, als Fritz aus der Leitzentrale kam und sagte: »Wir haben auf der Wiese Licht bemerkt; ist es erlaubt, nebenan aufzusetzen?«
    Aufsetzen – welchem Elektronenspeicher hatte er dieses Wort entnommen? Verklärt antwortete ich: »Setzt auf, wo ihr wollt, zur Not komme ich auch per Anhalter nach Hause…«
    Durch das Bordfenster war nichts zu erkennen, überall Dunkelheit. Vielleicht hatten sie auf der Wiese wieder einmal

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