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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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sagte ich: »Du möchtest also frei sein. Gut, du wirst es sein, es bedarf keiner Scheidung. In acht Tagen werde ich dorthin zurückkehren, wo ich hergekommen bin, sag das deinem Verehrer…«
Ich wartete auf eine Reaktion, doch sie schwieg. »Oder willst du behaupten, daß kein Mann dahintersteckt?«
»Du machst dich lächerlich«, sagte sie und ging ins Nebenzimmer. Ich folgte ihr.
»Bis jetzt hast du noch nicht einmal die Frage nach meiner Abwesenheit gestellt. Es interessiert dich auch gar nicht, im Gegenteil, du wärst sogar enttäuscht, wenn sich deine Vermutung nicht bestätigte, meine plötzliche Rückkehr kommt dir ungelegen.«
Johanna sah mich an, erwiderte milde, aber sachlich: »Du bist verrückt.« Und etwas später: »Gut, dann beantworte mir die Frage: Wo warst du?«
Ich ging auf und ab, grübelte und wußte, daß mir nur noch ein Weg blieb. Sie hatte sich auf die Couch gesetzt und eine Zigarette angezündet. Ich nahm ihr gegenüber in einem Sessel Platz. »Hanni, hör jetzt genau zu und urteile nicht eher, bis ich zu Ende erzählt habe. Du weißt, daß ich voriges Jahr auf Manik Maya war, um das Plakat für die Ausstellung zu entwerfen. Eines Abends landete etwas auf der Wiese. Es war eine Art Raumschiff, ein Transporter…«
Ich forschte in ihrem Gesicht, fürchtete Ironie oder Abweisung, doch ihr Mienenspiel verriet nichts dergleichen. So schilderte ich ihr, ohne mich in Details zu verlieren, meine Begegnung mit den Robotern, den Aufstieg mit Waldi, erzählte von Me, Aul, ihrem Vater und Fritzchen. Auch von meiner Rückkehr berichtete ich, daß wir vor wenigen Stunden noch im südamerikanischen Urwald geparkt hatten, und von dem Versprechen, in acht Tagen die Erde für immer zu verlassen. Sie hatte, wie ich glaubte, aufmerksam zugehört, mich nicht ein einziges Mal unterbrochen. Ich schöpfte Hoffnung, sagte: »Natürlich klingt das, was ich dir anvertraut habe, phantastisch. Man ist ja immer geneigt, Ungewöhnliches, das sich mit unseren Erfahrungen nicht vereinbaren läßt, suspekt zu finden. Aber nicht wahr, eine solche Geschichte kann man sich doch nicht aus den Fingern saugen? Hanni, du glaubst mir doch?«
»Natürlich«, sagte sie. »Es ist ja alles so einfach. Du verschwindest ein halbes Jahr, und auf die Frage, wo du gewesen bist, bekommt man dann zur Antwort: Auf dem Jupiter. Warum eigentlich nicht auf dem Saturn oder auf dem Mars? Deine Frau ist ja ungebildet, der kannst du alles weismachen. O ja, ich glaube dir jedes Wort. Es wimmelt bei uns nur so von fliegenden Untertassen – das ist mal was Neues…«
Ihre beißende Ironie ließ mich meine Vorsätze und Versprechungen vergessen. Ich wollte nicht als Lügner vor ihr stehen. Erregt ‘stand ich auf. »Ich werde dir jetzt beweisen, daß ich nicht gelogen habe. Du wirst Zeuge eines Gespräches werden, das außer mir noch kein Mensch geführt hat und niemals führen wird. Ich werde eine Verbindung mit dem sechsten Jupitermond herstellen. Die Antwort wird allerdings erst nach einer Stunde und zwanzig Minuten eintreffen, es hängt mit der Entfernung zusammen. Bitte warte eine Sekunde…«
Ich ging in den Korridor, wo ich mein Jackett abgelegt hatte. Ein eisiger Schreck durchzuckte mich, als ich in die Taschen griff. Sie waren leer.
Ich fühlte die Schlagader am Hals pochen, durchwühlte alles, was Taschen hatte, suchte den Korridor und die Stuben ab, umsonst. Das Sendegerät war nicht mehr da. Benommen rekonstruierte ich meinen Weg. Mir fiel die Busfahrt ein, die angetrunkenen jungen Burschen, die sich so hartnäckig in meiner Nähe aufgehalten hatten. Jetzt wurde mir klar, warum sie so überraschend ausgestiegen waren. Sie vermuteten ein Transistorradio bei mir – einer von ihnen mußte mir unbemerkt den Sender gestohlen haben.
Mir trat der Schweiß auf die Stirn. Das wertvolle Gerät in fremden Händen! Gerade das, was ich Me versprechen mußte, hatte ich nicht gehalten. Meine Frau trat auf mich zu, sah mich forschend an. »Ist dir nicht gut?«
»Sie haben mir den Sender gestohlen«, flüsterte ich, »begreifst du, was das bedeutet? Me hat mir einen Sender auf Treu und Glauben mitgegeben.«
»Ich glaube, du fieberst«, sagte sie. »Ich werde einen Arzt kommen lassen. Kein Wunder, wie du gekleidet bist.«
Sie wollte zum Telefon: »Laß das, ich bin nicht krank!« rief ich. »Ich muß den Sender zurückhaben. Aul muß denken, ich bin verunglückt. Was mache ich nur? Es war der letzte Bus. Der Fahrer kannte vielleicht die Burschen… Ich

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