Zeit der Träume
wurde, weil er ein magisches Schwert aus einem Felsen gezogen hat.«
»Ich liebe diese Geschichte«, warf Zoe ein. »Na ja, abgesehen vom Ende vielleicht. Das kam mir so unfair vor. Aber ich glaube...«
»Bitte.« Pitte machte eine auffordernde Geste. »Fahren Sie fort.«
»Nun, ich glaube irgendwie, dass es Zauberei vielleicht früher gegeben hat, bevor wir uns durch unsere Bildung daraus gelöst haben. Ich meine nicht, dass Bildung schlecht ist«, fügte sie rasch hinzu, wobei sie sich verlegen wand, weil alle sie ansahen. »Ich meine nur, dass wir die Magie, äh, weggeschlossen haben, weil wir logische und wissenschaftliche Antworten auf alles haben wollten.«
»Gut gesprochen.« Rowena lächelte. »Ein Kind steckt häufig seine Spielsachen ganz weit hinten in den Schrank und vergisst ihren Zauber, wenn es erwachsen wird. Glauben Sie an Wunder, Miss McCourt?«
»Ich habe einen neunjährigen Sohn«, erwiderte Zoe. »Und ich muss ihn nur anschauen, um an Wunder zu glauben. Nennen Sie mich doch bitte Zoe.«
Rowenas Gesicht erhellte sich. »Danke. Pitte?«
»Ach ja, ich wollte weitererzählen. Wie es die Tradition vorschrieb, wurde der junge Mann, als er volljährig war, für eine Woche hinter den Vorhang geschickt. Er sollte sich unter den Sterblichen bewegen, ihre Schwächen und Stärken, ihre Tugenden und Fehler studieren. Da geschah es, dass er einer jungen Frau begegnete, einem Mädchen von großer Schönheit und Tugend. Und als er sie sah, begehrte er sie, und das Begehren verwandelte sich in Liebe. Obwohl sie ihm nach den Regeln seiner Welt versagt war, sehnte er sich nach ihr. Er wurde lustlos, ruhelos und unglücklich. Er wollte weder essen noch trinken, und an keiner der jungen Göttinnen, die ihm angeboten wurden, fand er Gefallen. Als seine Eltern merkten, wie niedergeschlagen ihr Sohn war, gaben sie nach. Sie konnten ihr Kind nicht in die Welt der Sterblichen gehen lassen, aber sie brachten das Mädchen in ihre Welt.«
»Sie haben sie entführt?«, unterbrach Malory ihn.
»Das hätten sie tun können.« Rowena füllte erneut die Gläser. »Aber Liebe kann man nicht stehlen. Sie wird gewährt. Und der junge Gott wünschte sich Liebe.«
»Hat er sie bekommen?«, fragte Zoe.
»Das sterbliche Mädchen wählte die Liebe und gab ihre Welt für seine auf.« Pitte legte die Hände auf seine Knie. »Zorn herrschte in der Welt der Götter, in der Welt der Sterblichen und in der mystischen Halbwelt der Feen. Kein Sterblicher hatte je den Vorhang durchdringen dürfen. Diese grundlegende Regel war jedoch jetzt gebrochen worden, eine sterbliche Frau war in die Welt der Götter eingedrungen und sollte ihren zukünftigen König heiraten und bei ihm liegen, und das aus keinem wichtigeren Grund als der Liebe.«
»Was ist denn wichtiger als die Liebe?«, fragte Malory. Pitte warf ihr einen langen, ruhigen Blick zu.
»Manche würden meinen, nichts, andere würden meinen, Ehre, Wahrheit, Treue. Das wurde auch gesagt, und zum ersten Mal seit Göttergedenken gab es Uneinigkeit und Rebellion. Das Gleichgewicht war erschüttert. Der junge Gott-König, der jetzt gekrönt war, war jedoch stark und ertrug es. Und das sterbliche Mädchen war wunderschön und aufrichtig. Einige änderten ihre Meinung und akzeptierten sie, andere jedoch verschworen sich im Geheimen gegen sie.«
Seine Stimme klang jetzt zornig, und der kämpferische Ausdruck in seinem Gesicht ließ Malory erneut an die steinernen Krieger denken.
»Schlachten, die offen geführt wurden, konnten niedergeschlagen werden, wirklich gefährlich jedoch waren die Kämpfe hinter verschlossenen Türen, und sie nagten am Fundament der Welt.
Ein günstiger Umstand war, dass die Gemahlin des Gott-Königs drei Kinder zur Welt brachte, drei Töchter, Halbgöttinnen mit sterblichen Seelen. Bei ihrer Geburt gab ihr Vater jeder von ihnen ein Edelsteinamulett zum Schutz. Sie lernten, sowohl in der Welt ihres Vaters als auch in der ihrer Mutter zu leben. Ihre Schönheit und ihre Unschuld besänftigten zahlreiche Herzen und änderten die Einstellung vieler. Einige Jahre lang herrschte Frieden. Die Töchter wuchsen zu jungen Frauen heran, die einander herzlich zugetan waren. Sie ergänzten einander vortrefflich.«
Er schwieg wieder, als müsse er sich sammeln. »Sie taten niemandem etwas zu Leide, brachten nur Licht und Schönheit in beide Welten. Doch es blieben Schatten, weil manche begehrten, was nur sie hatten. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen wurden sie durch Hexerei in
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