Zeit der Träume
anderen Gemälden mit ähnlichen Motiven führen, und das hilft uns möglicherweise weiter.«
»Ich informiere mich nachher mal über mythologische Kunst.« Dana blickte auf die Uhr. »Ich muss los. Wir drei sollten uns so bald wie möglich treffen.«
»Ja, lass uns abwarten, was sich heute so ergibt.«
Sie gingen zusammen hinaus und Malory blieb auf dem Bürgersteig stehen. »Dana, ist es eigentlich verrückt, dass wir das alles machen?«
»Ja, ziemlich. Ruf mich an, wenn du aus Warrior’s Peak zurück bist.«
An diesem sonnigen Morgen war die Fahrt eher angenehm als atmosphärisch. Da Malory jetzt nur Beifahrerin war, konnte sie die Landschaft genießen. Sie fragte sich, wie es wohl sein mochte, hoch oben auf dem Gipfel zu wohnen, den weiten Himmel über sich und die Welt zu Füßen.
Vermutlich war das für Götter genau der passende Ausblick. Luftig und dramatisch. Wahrscheinlich hatten sie gerade dieses Haus gewählt, weil es ihnen Macht gab und sie dort derart abgeschieden leben konnten.
In ein paar Wochen, wenn es Herbst wurde, dann würden die Hügel in allen Farben leuchten. Morgens würden Nebelschwaden durch die Schluchten und Täler ziehen und sich wie glitzernde Schleier ausbreiten, bis die Sonne sie auflöste.
Und das Haus würde dastehen, mitternachtsschwarz, und das Tal bewachen. Oder beobachten. Was mochte es schon alles gesehen haben?
Was wusste es?
Plötzlich lief ihr ein Schauer über den Rücken, und sie hatte ein Gefühl der Bedrohung.
»Ist dir kalt?«
Sie schüttelte den Kopf und öffnete das Fenster, weil es ihr im Wagen auf einmal so stickig vorkam. »Nein. Ich jage mir nur selber Angst ein.«
»Wenn du lieber nicht dahin möchtest...«
»Doch. Ich habe keine Angst vor ein paar reichen Exzentrikern. Eigentlich fand ich sie sogar ganz nett. Außerdem möchte ich das Bild noch einmal sehen, ich muss ständig daran denken.«
Sie blickte aus dem Fenster in den tiefen, dichten Wald. »Würdest du hier oben leben wollen?«
»Nein.«
Fasziniert blickte sie ihn an. »Das kam aber schnell.«
»Ich bin ein soziales Wesen, ich habe gern Menschen um mich herum. Moe würde es jedoch möglicherweise gefallen.« Er blickte in den Rückspiegel. Moe saß hinten, hatte seine Nase aus dem schmalen Fensterspalt gezwängt und genoss die Fahrt.
»Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du den Hund mitgenommen hast.«
»Er fährt gerne Auto.«
Sie drehte sich um, betrachtete den glücklichen Gesichtsausdruck des Hundes und musste unwillkürlich lachen. »Offensichtlich. Hast du dir schon mal überlegt, ihn scheren zu lassen, damit ihm die Haare nicht ständig über die Augen fallen?«
»Sag so was nicht«, murmelte Flynn und zuckte gespielt entsetzt zusammen. »Wir haben die Kastration noch nicht überwunden.«
Als sie an der Mauer entlangfuhren, die den Besitz umgab, verfiel er in Schritttempo. Beim Anblick der beiden Krieger am Eisentor hielt er an.
»Sie sehen nicht besonders freundlich aus. Ich habe als Junge hier ein paar Mal mit Freunden gezeltet. Damals stand das Haus leer, deshalb sind wir über die Mauer geklettert.«
»Seid ihr im Haus gewesen?«
»Dazu reichte unser Mut nach sechs Flaschen Bier nicht, aber wir haben uns großartig damit amüsiert, uns gegenseitig Angst einzujagen. Jordan hat behauptet, er habe eine Frau auf den Turmzinnen gesehen. Er hat sogar später ein Buch darüber geschrieben, also wird er wohl wirklich was gesehen haben. Jordan Hawke«, fügte Flynn hinzu. »Du hast vermutlich schon von ihm gehört.«
»Jordan Hawke hat über Warrior’s Peak geschrieben?«
»Bei ihm hieß es...«
»Ach ja, Phantom Watch. Ich habe es gelesen.« Fasziniert starrte sie durch die Eisentore. »Natürlich. Er hat alles perfekt beschrieben. Er ist ein wundervoller Schriftsteller.« Misstrauisch blickte sie Flynn an. »Du bist wirklich mit Jordan Hawke befreundet?«
»Seit meiner Kindheit. Er ist im Valley aufgewachsen. Mit sechzehn haben wir, Jordan, Brad und ich, Bier im Wald getrunken, Mücken so groß wie Spatzen abgewehrt und uns äußerst erfindungsreiche Lügen über unsere sexuellen Erfolge aufgetischt.«
»Es ist illegal, mit sechzehn Bier zu trinken«, erwiderte Malory missbilligend.
Er wandte sich zu ihr, und sie konnte selbst durch seine Sonnenbrille erkennen, dass seine Augen lachten. »Ach ja? Was haben wir uns nur dabei gedacht? Na ja, zehn Jahre später hat Jordan jedenfalls seinen ersten Bestseller geschrieben, Brad hat das Familienimperium übernommen,
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