Zeit der Träume
anderen nährt. Und die Antwort kann ich Ihnen nicht geben, weil Sie sie bereits kennen, wenn Sie genau hinschauen.«
»Dann sagen Sie mir eins. Ist er in Sicherheit, wenn ich mich von ihm zurückziehe? Wenn ich mein Herz ihm gegenüber verschließe, ist er dann in Sicherheit?«
»Sie würden ihn aufgeben, um ihn zu schützen?«, fragte Pitte.
»Ja.«
Nachdenklich trat er an den lackierten Schrank und öffnete ihn, um eine Flasche Brandy herauszuholen. »Und das würden Sie ihm auch sagen?«
»Nein, er würde nie...«
»Ah, dann würden Sie ihn also täuschen.« Leise lächelnd goss Pitte Brandy in einen Cognacschwenker. »Und die Lüge damit rechtfertigen, dass es zu seinem Besten ist. Frauen sind doch immer wieder leicht zu durchschauen«, sagte er und verbeugte sich spöttisch vor Rowena.
»Liebe«, korrigierte sie ihn, »ist eine Konstante in jedem Universum. Sie müssen Ihre Entscheidungen für sich treffen«, fügte sie, an Malory gewandt, hinzu. »Aber Ihr Mann wird es Ihnen nicht danken, wenn Sie Opfer bringen, um ihn zu schützen.« Sie verneigte sich ebenso spöttisch vor Pitte. »Das tun sie nie. Gehen Sie jetzt.« Sie fuhr leicht mit der Hand über Malorys Wange. »Ruhen Sie Ihren Verstand ein wenig aus, bis Sie wieder klar denken können. Und Sie haben mein Wort: Was getan werden kann, um Sie, Ihren Mann und Ihre Freunde zu beschützen, wird getan werden.«
»Ich kenne sie nicht.« Malory wies auf das Porträt. »Aber ich kenne diese Menschen da draußen. Sie sollten wissen, dass ich mich für die entscheide, die ich kenne, wenn ich eine Wahl treffen muss.«
Pitte wartete, bis sie allein waren, dann brachte er Rowena ebenfalls ein Glas Brandy. »Ich habe dich durch Zeit und alle Welten geliebt.«
»Und ich dich, mein Herz.«
»Aber ich habe dich nie verstanden. Du hättest ihre Fragen über die Liebe beantworten und es ihr leichter machen können.«
»Wenn sie die Antworten selber findet, wird sie umso klüger und glücklicher sein. Wie viel können wir für sie tun?«
Er drückte seine Lippen auf ihre Stirn. »Unser Bestes.«
14
Sie brauchte Zeit, gestand Malory sich ein. Seit Anfang des Monats verlief ihr Leben wie eine Fahrt auf der Achterbahn, und obwohl ihr die scharfen Kurven und die rasende Geschwindigkeit Spaß machten, brauchte sie jetzt erst einmal eine Pause.
Nichts in ihrem Leben war mehr so, wie es gewesen war, dachte sie, als sie ihre Wohnungstür aufschloss. Sie hatte stets auf Beständigkeit gebaut, und genau dieses Element war nicht mehr vorhanden.
Möglicherweise hatte sie es ja auch selber aus ihrem Leben verbannt.
Sie hatte die Galerie nicht mehr. Sie war sich nicht sicher, ob sie noch bei Verstand war. Irgendwann hatte sie aufgehört, die vernünftige, zuverlässige Malory Price zu sein, und war irrational, emotional und launisch geworden - eine Frau, die an Magie, an Liebe auf den ersten Blick glaubte.
Na gut, vielleicht erst auf den dritten Blick, korrigierte sie sich, während sie die Vorhänge zuzog und ins Bett ging. Aber das war eigentlich dasselbe.
Sie hatte das Geld, das sie über mehrere schmale Monate hätte bringen können, in ein Unternehmen mit zwei Frauen gesteckt, die sie erst seit knapp vier Wochen kannte.
Und sie vertraute ihnen ohne jeden Vorbehalt.
Sie war dabei, ihr eigenes Geschäft zu gründen, ohne jede Rücklage, ohne soliden Geschäftsplan, ohne Sicherheitsnetz. Und entgegen aller Logik machte diese Vorstellung sie glücklich.
Trotzdem pochte ihr der Kopf, krampfte sich ihr der Magen zusammen bei dem Gedanken, dass sie vielleicht gar nicht wirklich verliebt war. Dass das selige Gefühl, das sie bei Flynn empfand, nur eine Illusion war. Und wenn diese Illusion zerbrach, würde sie den Rest ihres Lebens darum trauern.
Sie kuschelte sich in die Kissen und betete darum, einschlafen zu können.
Als sie erwachte, war es warm und sonnig, und die Luft duftete wie Sommerrosen. Einen Moment lang räkelte sie sich unter der Decke, die noch schwach nach ihrem Mann duftete.
Blinzelnd öffnete sie die Augen. Irgendetwas Seltsames war in ihren Gedanken - nicht wirklich unangenehm, dachte sie, nur seltsam.
Der Traum. Ein höchst seltsamer Traum.
Sie setzte sich auf und streckte sich. Nackt schlüpfte sie aus dem Bett und schnupperte an den buttergelben Rosen auf der Kommode, bevor sie ihren Morgenmantel überzog. Sie blieb am Fenster stehen, um lächelnd auf ihren Garten zu blicken. Dann machte sie das Fenster weit auf, um die frische Luft und das
Weitere Kostenlose Bücher