Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim

Titel: Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matti Rönkä
Vom Netzwerk:
kleinen Fiepsern und dem Ploppen ihres Schnullers. Leise zog ich die Tür bis auf einen kleinen Spalt zu, goss mir Wodka ein und ging nach draußen.
    Der Mond war fast voll. Ich überlegte, wie er in Julijas Augen aussah und ob sie überhaupt zum Himmel aufsah. Ich war unruhig wegen Julija und auch wegen Marja, obwohl ich sie noch nicht zurückerwartete.
    Ich nippte an meinem Glas und drehte mich um, wollte wieder ins Haus. Auf der Straße gingen zwei Männer mittleren Alters und mittlerer Größe in Windjacken vorbei.
    Sie sahen so unauffällig aus, dass sie mir auffielen. Ich wusste, dass ich sie irgendwo schon einmal gesehen hatte.

26
    Im Hotelfoyer saßen zwei japanische Geschäftsleute. Die Sofas waren zu einem offenen Quadrat gruppiert, in der Mitte lag ein roter Teppich. Ich setzte mich so auf das hinterste Sofa, dass ich den Eingang und die Aufzüge im Blick hatte. Das Sofa war zu niedrig und zu tief. Ein Mensch mit Rückenproblemen würde sich auf allen vieren auf den Fußboden begeben müssen, um wieder hochzukommen. An der Wand befand sich ein gläserner Verschlag mit einem Schreibtisch, auf dem ein einsamer Computer stand. Ein Schild wies ihn als Business Center aus.
    Wronskij, Bekari und Julija kamen über die Treppe hinter mir.
    »Wir waren essen«, erklärte Wronskij, deutete auf das Restaurant in der oberen Etage.
    »Hat es geschmeckt? Ist das Bäuchlein voll?«, fragte ich und erdolchte Julija mit meinen Blicken. Ihre Augen wanderten ausweichend über die dunklen Wände und ihrem Mund entfuhr ein lautloser Seufzer. Angewidert, müde oder verzweifelt.
    Ich versuchte, mich auf Wronskij zu konzentrieren. Bekari guckte zehn Sekunden lang in eine Richtung, schwenkte dann weiter und kontrollierte den nächsten Sektor.
    »Du hast um dieses Treffen gebeten. Also red schon«, forderte ich Wronskij auf.
    »Ich möchte mich für das Durcheinander entschuldigen. Und ich will dir nicht noch mehr Schwierigkeiten machen. Deshalb habe ich dieses Treffen vorgeschlagen … auf neutralem Boden«, sagte Wronskij in dem Versuch, Vertrauen aufzubauen. Er überdachte seine Worte, schien zufrieden und fuhr fort. »Viktor, wir brauchen die Röhren. Ich weiß, dass du sie hast, und du brauchst sie nicht. Im Gegenteil, sie sind sehr gefährlich. Eine Gefahr für dich. Entschuldige, dass ich dich da hineingezogen habe, aber du bist aus allem raus, wenn du sie mir gibst«, er versuchte, die Vernunft sprechen zu lassen.
    Ich schüttelte den Kopf und lächelte. Wronskij rieb sich die Finger, knackte mit den Gelenken.
    »Hör damit auf, das ist widerlich«, rügte Julija. Ich hätte beinahe gesagt, ich wüsste allerlei andere, noch widerwärtigere Dinge, die ein Mensch tun konnte. Weggehen, schweigen, nicht auf SMS antworten. Betrügen.
    Erneut bemühte ich mich, meine Gedanken und meine Sinne auf Wronskij zu konzentrieren, auf diese Gefahrenlage.
    »Du steckst in der Scheiße«, berichtigte ich ihn. »Ich versuche die ganze Zeit, auch nur einen einzigen Grund zu finden, weshalb ich verhindern sollte, dass man euch schnappt.«
    Wronskijs Augen verengten sich, im Unterlid zuckte ein Nerv. Ich steigerte den Druck.
    »Da draußen wartet bestimmt ein halbes Dutzend Supo-Leute, finnische Männer. Und ein Fähnlein von der russischen Botschaft, offiziell Mitarbeiter der Wissenschafts- und Kulturabteilung, aber wenn du sie fragst, was ein Derivat ist oder das Gesetz des Archimedes, sagen sie, von Letzterem habe ich schon mal gehört, das hat irgendwas mit Außenbordmotoren zu tun. Und Rimski-Korsakow halten sie für einen Stabhochspringer. Na ja, stimmt nicht ganz, natürlich hat man sie darauf getrimmt, das alles zu wissen. Aber manhat ihnen auch beigebracht, Typen wie dich zu schnappen, und zwar so, dass du es gar nicht mitkriegst, wenn du plötzlich einen Gummihandschuh im Arsch hast. Und erst nachdem sie mit beiden Händen gewühlt haben, fragen sie dich freundlich, was hattest du denn im Sinn, Arseni Kasimirow. Denen brauchst du mit deinen Wronskij-Erklärungen gar nicht erst zu kommen.«
    Wronskij hörte schweigend zu, wies mich dann aber darauf hin, dass er über Lehrfächer und Kenntnisse von Sicherheitskräften informiert war. Bekari überwachte das Foyer mit erhöhter Konzentration. Misstrauisch betrachtete er die Japaner, musterte die Angestellten an der Rezeption und die Passanten jenseits der Glastüren. Julija bearbeitete den Teppich mit der Schuhspitze, als wolle sie ein schwarzes Loch hineinbohren und in eine andere

Weitere Kostenlose Bücher