Zeit des Verrats: Finnland-Krimi: Finnland-Krim
herein und begann aufgeregt zu reden. Ich verstand kein Wort, begriff aber, dass er Schwierigkeiten hatte. Der Langnasige zog sich hinter die Theke zurück, hörte zu und versuchte, den Boten zu beruhigen.
»Was ist los?«, fragte ich, als der Restaurantbesitzer an die Kasse zurückkehrte.
»Verdammt, der Nachbar macht Problem. Immer derselbe Mann, immer dieselbe Klage. Dass unser Auto am falschen Platz ist«, machte sich Langnase Luft. »Die Hausverwaltung hat erlaubt. Unser Auto darf abends auf dem Platz vom Buchhaltungsbüro stehen. Und der eine Mann immer beschwert sich und versperrt den Weg, dass wir nicht fahren können. Massoud muss die Schachteln weiten Weg tragen.Und immer schimpft. Jetzt steht er wieder da und raucht und lauert. Ist so schon schwer genug. Arbeiten langen Tag, Mehl wird teurer, Käse wird teurer, Pizza wird nicht teurer … und dieser eine Scheißmann keift.«
Der Pizzeria-Besitzer breitete die Arme aus, ließ den Kopf hängen und sah aus, als wolle er den Schieber gleich in die Ecke werfen. Das Duo in der Küche betrachtete seinen Chef ebenso niedergeschlagen.
Ich stand auf und winkte Matti, mitzukommen. Wir marschierten durch den schmalen Gang zwischen Ofen und Backtisch zu den Kühlschränken am Ende des Hinterzimmers. Die Türen zum Hinterhof standen weit offen. An einem Türflügel hing ein Zettel: Abends abschließen.
Der Mann stand auf dem Parkplatz, an einen alten toten Golf gelehnt, und zog an seiner Zigarette. Das Auto ragte halb aus der letzten Parkbucht in der Reihe, sodass es die Durchfahrt zu dem länglichen Asphaltstreifen vor der Tür versperrte. Der Mann betrachtete uns neugierig, überlegte offenbar, ob er uns kannte, grüßte vorsichtshalber.
»Hallo«, erwiderte ich den Gruß und baute mich dreißig Zentimeter vor dem Mann auf. Er trat seine Zigarette aus und streckte sich, musste aber trotzdem zu mir aufschauen.
»Unsere Freunde in der Pizzeria sagen, irgendein Idiot hätte hier schlecht geparkt. Wir schieben das Auto beiseite. Bestimmt ist der Gang eingelegt und die Handbremse angezogen und all das. Wir müssen ihn wegschaukeln. Matti, hilf mir mal.«
Matti und ich gingen an je einem Hinterreifen in Hebestellung. Ich sagte Hii-opp, und wir streckten die Beine durch. Das Heck des Golfs hob sich vergleichsweise leicht auf einen Meter Höhe.
»Du weißt nicht zufällig, wem die Karre gehört? AmEnde kippt sie um, und es ist verdammt unangenehm, am Morgen zur Arbeit zu fahren, wenn der Wagen auf der Seite liegt«, laberte ich los und bemühte mich, nicht unter der Last zu ächzen. »Und so ein Ding rollt ja auch schnell mal aufs Dach. Ist schon merkwürdig, die Physik. Schwerpunkt und Momente und so weiter. Die Begriffe vergess ich immer, aber das lässt sich durch Kraft wettmachen.«
Der Golfbesitzer zappelte unruhig, trat vor und zurück und zur Seite. »Nicht, Jungs. Ich setze ihn zurück, so schlimm ist es doch nicht«, flehte er.
Ich sah Matti an und nickte. Wir ließen den Wagen fallen. Er ging heftig in die Knie und schaukelte noch eine Weile nach.
»Der Mann vom TÜV wird womöglich was zu meckern haben. Die Stoßdämpfer sind nämlich nicht im besten Zustand. Und ich weiß nicht, ob sich das Fahrgestell verzogen hat. Kann sein, dass er ein bisschen ausschert oder dass die Türen klemmen«, prophezeite ich und wischte mir die Finger sauber. »Aber einigen wir uns darauf, dass der Wagen der Pizzajungs ruhig hier stehen darf und du keinen Stunk mehr machst. Wenn du es doch tust, kommen wir zu Besuch, schmeißen dann aber nicht deinen Wagen um, sondern dich vom Balkon. Und zwar aus dem dritten Stock.«
»Ich wohne im ersten«, winselte der Mann und merkte sofort, dass er einen Fehler gemacht hatte.
»Und wenn du deine Bude im Keller hättest, das ist uns scheißegal. Kapiert, du Arsch?«
»Ja«, sagte der Mann leise.
Wir gingen zurück ins Restaurant. Das Kurdentrio hatte das Schauspiel von der Tür aus verfolgt und machte nun bereitwillig Platz.
»Die haben auf dem Ofen gestanden, dass sie warm bleiben. Wenn sie doch kalt, bringt Massoud neue«, erklärte der Langnasige dankbar.
Wir machten uns mit den Pizzaschachteln auf den Rückweg.
»Du nimmst wohl die falschen Medikamente «, wagte Matti zu sagen, mit leisem Tadel.
»Nur ein bisschen Erziehung zur Internationalität«, erwiderte ich. »Hast du die Limoflasche mitgenommen?«
Anna und Erkki schliefen bereits. Ich spähte ins Kinderzimmer, lauschte den gleichmäßigen Atemzügen und Annas
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