Zeit des Zorn
ein Campingplatz
namens Treasure Island.
Aaah, Jim, ich weiß, wo
der Schatz liegt.
Der Schatz liegt in einem
luxuriösen Strandhotel, in dem schöne Menschen viertausend Dollar pro Nacht für
eine Suite hinblättern. Im Gegensatz zu den Rentnern und dem anderen Wohnwagengesocks,
das sich mit streng begrenztem Budget einen schönen südkalifornischen Lenz
macht. Die einzige Kohle, die hier zu verdienen ist, sacken die Eigentümer vom
Getränkeladen und vom Taco-Imbiss ein. Klimpergeld.
Da hilft nur noch, die
ganze Müllhalde umzupflügen und ein Luxushotel an die Stelle zu setzen, sich
einen halbwegs französisch klingenden Namen dafür auszudenken und die
unglaublichsten Preise zu verlangen, mit denen man gerade noch so durchkommt,
und diese dann anschließend zu verdoppeln. Wenn's dasteht, kommen die Gäste
schon.
Ben und Chon checken in
der Suite ein, haben aber nicht vor, die Nacht dort zu verbringen. Sie blättern
zweitausend nur für den Nachmittag hin. Lassen sich abgelegene Räume mit
Fensterfront und Blick auf den besten Break von Kalifornien geben. Mittagessen
bringt der Zimmerservice - frühzeitig, damit das Treffen nicht gestört wird.
Die Vertreter des Kartells haben es nicht gern, wenn Kellner rein- und rausgehen,
könnten schließlich verkabelte DEA-Agenten sein.
Keine Sorge.
Ben hat seine eigenen
Computerfreaks am Start, Jeff und Craig, zwei Kiffer, die sich um seine gesamte
IT kümmern. Sie haben ein Büro auf der Brooks Street, in dem sie sich nie
aufhalten. Wenn man die Jungs finden will, überquert man den Pacific Coast Highway
unten an der Brooks, geht zu der Bank, von der aus man den besten Blick auf den
Break hat, und fuchtelt wie wild mit den Armen. Wenn sie einen erkennen,
kommen sie vielleicht angepaddelt. Das machen sie so, weil sie sich's leisten
können - sie haben das Zielsuchsystem für die Rockwell B-l entwickelt, und
jetzt sorgen sie dafür, dass Ben ungestört kommunizieren kann.
Den Job bekamen Jeff und
Craig, weil sie Ben an einem Tisch draußen vor dem Café Heidelberg, in demselben Haus, in dem sich ihr »Büro« befindet, angesprochen
hatten, sie hatten sich mit ihren Lattes und Laptops zu ihm gesetzt, Letztere
aufgeklappt und ihm seine E-Mails der vergangenen drei Tage gezeigt.
Chon wollte die beiden
erschießen; Ben hat sie engagiert.
Vom Fleck weg.
Er zahlt in bar und Gras.
Heute kommen sie also ins
Montage und sieben die Luft, reinigen Bens Aura von den schlechten Einflüssen
der Alphabet Agencies. Dann bauen sie Störsender ein,
so dass Lauscher lediglich ein Geräusch wie von einer Junior-High-Garage-Band
mit viel Feedback zu hören bekommen.
Chon räumt ebenfalls auf
- er geht die Umgebung ab und hält Ausschau nach Scharfschützen - sicarios. Er weiß, dass er
übervorsichtig ist, übereifrig, im Montage wird sich niemand die Finger schmutzig
machen. Das wäre schlecht fürs Geschäft. Kapitalisten halten das erste Gebot in
Ehren - bau keinen Scheiß mit dem Kapital. Auf dem Rodeo Drive
finden ja auch keine Massaker statt, und das wird auch ewig so bleiben - es
sei denn, da ist ein Postamt in der Nähe. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand
mit einer Kalaschnikow auf die beiden Goldesel hier losgehen wird, ist gering.
Wenn es noch Treasure Island wäre, könnte man alles Mögliche zerfetzen,
Fleisch, Knochen und lebenswichtige Organe zwischen den Wohnmobilen verteilen
und eine Nachrichtensondersendung darüber drehen, aber jetzt ist es das
Montage. Das Montaaaaage. Das ist Französisch, vornehm.
Die Reichen verstehen
keinen Spaß, wenn's um ihr Geld geht oder ihre Freizeit.
Oder ihre Erholung.
Aber Chon macht trotzdem
die Runde, weil es immer ein erstes Mal gibt, oder? Immer eine Ausnahme, die
die Regel bestätigt. Einen Typen, der sagt: »Scheiß drauf, für mich gilt die
Regel nicht.« Einen, der über allem steht. Einen Arsch, der auf frühen John Woo
macht und den manikürten Rasen und die Blumenbeete verwüstet, nur um zu
beweisen, dass er einen Scheiß auf Konventionen gibt.
Ja, aber wir haben's hier
mit dem Baja-Kartell zu tun, und denen gehört eine Reihe von Hotels in Cozumel,
Puerto Vallaría und Cabo, deshalb
wissen die sehr wohl, dass durch die Luft zischendes Blei tomistas nervös macht. Kein Deutscher
geht mehr Parasailing, wenn er davon ausgehen muss, dass eine Kugel seine Leine
durchtrennt und er auf Nimmerwiedersehen im Ozonloch verschwindet. (Gott, das
war echt scheiße, oder?)
Chon kommt von seinem
Patrouillengang zurück, und Ben
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