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Zeit für mich und Zeit für dich

Zeit für mich und Zeit für dich

Titel: Zeit für mich und Zeit für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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eimerweise Mayonnaise und Eingelegtes, riesige Packungen mit Wurst und Käse. Um mich herum war alles völlig überdimensioniert.
    Nach Weihnachten gab es bei uns noch wochenlang Panettone, weil er im Sonderangebot war, drei zum Preis von einem. Und noch einen Vorteil hatte die Bar. Ich besaß fast alles, was man mit Sammelpunkten bekommen konnte: den roten Jogginganzug, das Radio, das aussah wie eine Mühle, und die kleinen Rennautos aus dem Schoko-Osterei.

[44]  Warum ruft ihr nicht an?
    Wenn ich in Eile bin, gehe ich zum Einkaufen in den Supermarkt. Am Eingang schnappe ich mir im Vorbeigehen einen Korb. Oder zwei, wenn ich viel einkaufen muss. Einen Wagen benutze ich nie.
    Ich bin schnell. Wenn ich etwas von der Wursttheke brauche, ziehe ich als Erstes ein Wartemärkchen. Je nachdem, wie viele Leute vor mir dran sind, besorge ich inzwischen noch andere Dinge, und wenn ich dann an der Reihe bin, habe ich meinen Weg durch die Gänge bereits beendet.
    Ich schaue nie auf den Preis. Ich kaufe immer die gleichen Sachen und bemerke nicht, wenn sie teurer geworden sind. Die gleichen Kekse, die gleichen Nudeln, immer den gleichen Thunfisch: Beim Einkaufen bin ich phantasielos. Dass ich auch andere Dinge einkaufen könnte, fällt mir erst auf, wenn ich in einen fremden Supermarkt gehe. Wobei das auch nicht ohne Risiko ist, denn wenn ich dort etwas Neues kaufe, das mir schmeckt und das es in meinem Supermarkt nicht gibt, dann muss ich immer wieder dorthin.
    Wenn ich nicht in Eile bin, kaufe ich Obst, Gemüse und Fleisch lieber in kleineren Läden. Mein Obst- und Gemüsehändler ist ein Mann um die sechzig, der sein [45]  Leben lang nichts anderes gemacht hat. Aus alter Gewohnheit hat er immer noch einen Stift hinterm Ohr, obwohl er längst mit einer Registrierkasse abrechnet. Den habe er schon immer bei sich getragen, meinte er mal, ihn nicht dabeizuhaben sei für ihn das Gleiche, wie ohne Arbeitshose herumzulaufen.
    Neulich war ich wieder mal in Eile und wollte nur schnell ein paar Dinge einkaufen. Also schnappte ich mir am Eingang zum Supermarkt einen Korb und zog an der Theke eine Nummer: 37.
    »Wir bedienen gerade den Kunden mit der Nummer dreiunddreißig.«
    Also beschloss ich, erst noch die anderen Dinge zu besorgen, die ich brauchte. Vier Nummern, das sollte reichen. Als ich gerade vor dem Kühlregal mit den Milchprodukten stand und nach dem Joghurt greifen wollte, klingelte mein Handy. Es war meine Mutter.
    »Hallo, Mama.«
    »Hallo. Störe ich?«
    »Nein, ich bin gerade beim Einkaufen.«
    »Sehr schön.«
    »Wie geht es euch?«
    »Gut, gut…«
    Irgendwie klang ihre Stimme seltsam.
    »Ist was passiert? Deine Stimme klingt so komisch…«
    »Nein, nichts… aber ich muss dir was sagen, hör zu.«
    Wenn meine Mutter »Hör zu« sagt, dann ist was passiert. So wie sie mit »Prächtig schaust du aus« sagen will, dass ich zugenommen habe.
    »Was ist los?«
    [46]  »Du darfst dir keine Sorgen machen, aber du solltest Bescheid wissen. Es geht um Papa.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Ach, wahrscheinlich ist es ja nichts Schlimmes, aber letzte Woche war er zur Untersuchung. Sie haben ihn geröntgt und dabei was entdeckt. Darum wollen sie jetzt ein CT und eine Biopsie machen, um zu sehen, was es ist. Verstehst du?«
    »Ist es denn was Ernstes?«
    »Das wissen sie noch nicht, darum wollen sie ja diese anderen Untersuchungen machen, um das rauszufinden, verstehst du?«
    »Ja, ja, schon klar… Und wann werden all diese Untersuchungen gemacht?«
    »Die sind schon letzten Freitag gemacht worden.«
    »Was? Und warum erfahre ich das jetzt erst? Warum habt ihr mir nicht vorher Bescheid gesagt?«
    »Wir fanden, du solltest dich nicht unnötig aufregen, vielleicht ist es ja nichts Schlimmes. Wir wollten dir erst Bescheid sagen, wenn wir die Ergebnisse haben und wissen, was es ist. Nicht, dass du dir unnötig Sorgen machst…«
    »Ihr hättet es mir trotzdem sagen sollen… Wann bekommt ihr denn die Ergebnisse?«
    »Morgen früh, um neun müssen wir dort sein.«
    »Könnte es denn etwas Ernstes sein?«
    »Ja also, irgendwie… schon.«
    »Was meinst du mit ›irgendwie schon‹? Was hat er denn?«
    »Na ja. Sie haben wohl einen Knoten in der Lunge [47]  entdeckt, und der könnte… warte mal kurz, ich habe den Arzt gebeten, es mir aufzuschreiben, ich will ja nichts Falsches erzählen… Also, er sagt, es könnte entweder ein Adenokarzinom oder ein Kleinzellkarzinom sein. Das Zweite wäre was Ernstes. Dann müsste er eine Chemotherapie

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