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Zeitbombe

Titel: Zeitbombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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an seiner Stelle wäre nämlich garantiert den sofortigen Herztod gestorben.«
    Lenz legte, ohne zu antworten, erneut sein Ohr an das warme Holz der Tür. Noch immer dudelte leise Musik, sonst waren keine Geräusche zu hören. Dafür wurde die etwa drei Meter entfernte Tür der Nachbarwohnung vorsichtig geöffnet und ein junger Mann mit bunter Irokesenfrisur und nacktem Oberkörper wurde sichtbar.
    »Was iss’n hier los?«, wollte er genervt wissen.
    »Nichts, das Sie interessieren sollte«, erklärte Hain ihm. »Also zurück in die gute Stube und Tür zu, aber pronto.«
    »Seid ihr Bullen?«
    Der junge Oberkommissar verengte die Augen zu Schlitzen, bewegte sich langsam auf ihn zu, sah ihm dabei tief in die Augen und baute sich drohend vor ihm auf. »Sehen wir aus wie Bullen?«, zischte er.
    »Irgendwie nicht«, antwortete der junge Mann ein wenig zurückhaltender.
    »Also. Dann leg den Rückwärtsgang ein und kümmer dich nicht um Sachen, die dich nichts angehen.«
    »Der Typ, dem ihr gerade die Tür einschlagen wolltet, ist nicht da«, brummte der Irokese, während er sich langsam umdrehte.
    »Stopp!«, befahl Hain. »Was sagst du?«
    »Der Typ, also mein Nachbar, der ist nicht zu Hause.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich hab ihn vorhin weggehen hören. Seine Tür klemmt immer ein bisschen, deshalb muss er sie ziemlich doll ins Schloss reißen. Und das hat er vor einer knappen Viertelstunde gemacht.«
    »Aha. Kennst du ihn?«
    »Quatsch. Der Typ ist ein steinalter Krüppel, warum sollte ich den kennen?«
    »Vielleicht, weil er dein Nachbar ist?«
    »Ich hatte schon viele Nachbarn. Die kommen und gehen, da kann ich mich nicht um jeden von denen kümmern.«
    »Coole Einstellung. Wenn er, wie du sagst, weggegangen ist, warum läuft dann die Musik bei ihm?«
    »Weil die sowieso immer läuft«, winkte der Iro ab. »Ich hab es noch nie erlebt, dass er sie mal ausgemacht hätte. 24 Stunden am Tag dieser Dudelsender, das hält man garantiert nur aus, wenn man irgendwie ballaballa ist.«
    »Ist er deiner Meinung nach ballaballa, dein Nachbar?«
    »Klar.«
    Hain warf Lenz einen kurzen Blick zu, der die Schultern hochzog.
    »Dann darfst du dich jetzt in deine Kemenate zurückziehen. Und es wäre schön, wenn du beim Schließen der Tür schon vergessen hättest, dass du uns gesehen hast. In Ordnung?«
    Der junge Mann überlegte einen Moment.
    »Was bringt mir das denn ein?«
    Hain bedachte ihn mit einem fassungslosen Blick, zog dann jedoch ein paar Geldscheine aus der Hosentasche und reichte ihm einen Zwanziger. Der Iro griff danach, hielt ihn ins Licht und sah auf die anderen Geldscheine in Hains Hand.
    »Sein brauner Kumpel da wäre mir deutlich lieber«, erklärte er mit Blick auf einen 50-Euro-Schein selbstbewusst.
    Hain drehte sich wieder zu Lenz, und weil der nickte, griff er sich den blauen Schein wieder und reichte den braunen weiter.
    »Mit euch kann man Geschäfte machen, Jungs. Von mir aus könnt ihr ihm jetzt die Bude auf den Kopf stellen, ich setze mir gleich den Kopfhörer auf und höre mindestens eine Stunde lang Mucke.«
    Damit war er auch schon in seiner Wohnung verschwunden. Die Beamten hörten noch, wie er seine Tür mehrmals von innen abschloss, dann war an dieser Front Ruhe.
    »So schnell würde ich mein Geld auch gern verdient haben«, meinte Lenz grinsend und hielt die Hand auf.
    »Leck mich.«
    »Wo immer und wann immer du willst. Aber sag mir vorher, wie es hier jetzt weitergeht.«
    »Wie schon?«, fragte Hain leise zurück, griff in seine Sakkotasche und holte ein kleines, braunes Lederetui heraus.
    »Das ist nicht dein Ernst, Thilo?«, protestierte der Hauptkommissar.
    »Und ob das mein Ernst ist. Wir wissen, dass er nicht zu Hause ist, was übrigens nichts anderes bedeutet, als dass die Kollegen unten vor dem Haus eine leere Wohnung bewachen, und das sollten wir ausnutzen.«
    Hain, der ein paar Jahre zuvor an einem Seminar teilgenommen hatte, in dem ein ehemaliger Knacki einem guten Dutzend interessierter Polizisten den zerstörungsfreien Zutritt zu verschlossenen Räumen erklärt hatte, klaubte eine dünne Drahtschlinge aus dem Etui und beugte sich nach vorn.
    »Thilo!«, unternahm Lenz einen letzten, ebenso hoffnungslosen wie keinesfalls ernst gemeinten Versuch.
    »Geh bitte mal rüber und blockier den Fahrstuhl«, forderte Hain seinen Kollegen auf, der sich sofort und ohne großes Murren in Bewegung setzte. 30 Sekunden später standen beide vor der offenen Tür zu Rüdiger Bornmanns

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