Zeitbombe
Ende sogar noch etwas mehr?«
»Nein, RW, es ist nur …«, wollte Lenz widersprechen, wurde jedoch vom Klingelton seines Telefons unterbrochen. Er fischte das Gerät aus der Innentasche seines Sakkos und sah auf das Display.
»Oh, nein, nicht der schon wieder«, murmelte der Hauptkommissar.
»Unser Boss?«, fragte Hain mit missmutig hochgezogener Stirn.
»Schlimmer. Es ist unser Exboss«, erwiderte Lenz, trat ein paar Meter zur Seite und nahm das Gespräch entgegen.
»Ja, Ludger, was gibt es denn schon wieder?«, meldete er sich mit deutlich genervtem Unterton in der Stimme.
»Stimmt es, dass Wolfram Humpe umgebracht worden ist?«, quäkte es aus dem kleinen Lautsprecher ins Ohr des Polizisten.
»Keine Ahnung, Ludger. Wer erzählt denn so was?«
»Ach, komm, Paul, nun versuch bloß nicht, mich komplett zum Idioten zu machen. Also, was weißt du?«
Lenz stöhnte auf.
»Gar nichts weiß ich, Ludger. Und ich würde es begrüßen, wenn du mich mit Anrufen wie diesem verschonen würdest. Du bist kein Polizist mehr, deswegen …«
»Ich weiß, dass ich kein Polizist mehr bin, Paul«, fuhr Brandt ihm ins Wort. »Aber vielleicht kannst du dich daran erinnern, dass ich mal einer war. Und dein Vorgesetzter obendrein.«
»Daran kann ich mich natürlich erinnern«, erwiderte Lenz, wobei er seine Lautstärke deutlich senkte. »Aber vergiss du dann bitte auch nicht ständig, dass du eben kein Bulle mehr bist.«
Es gab eine kurze Pause.
»Können wir uns noch mal kurz sehen, Paul? Ich müsste was mit dir besprechen.«
»Geht es um die beiden toten Kollegen?«
»Ja.«
»Und du kannst es mir nicht am Telefon erzählen?«
»Nein.«
Wieder eine Pause.
»Gut, wir kommen bei dir vorbei. Aber wenn du einen von uns wieder so anpflaumst wie heute Mittag, sind wir sofort verschwunden. Ist das klar?«
»Ja, sicher. Kannst du nicht allein kommen?«
»Nein, Thilo kommt mit. Wenn dir das nicht passt, kannst du …«
»Nein, ihr könnt beide kommen. Ich warte vor der Tür auf euch.«
»Na denn.«
Lenz drückte kopfschüttelnd auf den roten Knopf am Telefon und wandte sich wieder seinen Kollegen zu.
»Kannst du hierbleiben und dich bis zu Nobbys Abreise darum kümmern, dass alles zu unserer Zufriedenheit abläuft, RW?«
»Logo.«
»Und wir«, erklärte er seinem jüngeren Kollegen, »müssen uns auf den Weg zu Ludger machen. Er erwartet uns sehnsüchtig, wie es scheint.«
»Oh Gott, was will er denn schon wieder?«, nölte Hain.
Lenz gab ihm einen kurzen Abriss des Telefonats und drängte danach zum Aufbruch.
»Ich hab nämlich echt keine Lust, mir wegen dieser Scheiße auch noch die Nacht um die Ohren zu schlagen. Irgendwann muss ja dann auch mal Schluss sein.«
»Ganz meine Meinung«, stimmte der junge Oberkommissar ihm zu.
Kurz bevor die beiden den Mazda erreicht hatten, stoppte neben ihnen eine Limousine, deren Beifahrertür aufgerissen und direkt im Anschluss mit einem lauten Geräusch wieder zugeschlagen wurde. Dazwischen hatte sich Franz Zwick aus dem Wagen gewuchtet.
»Was findet denn hier für eine Veranstaltung statt, meine Herren?«, wollte er erbost wissen.
Lenz und Hain sahen sich irritiert an, wobei sich jeder fragte, woher ihr Vorgesetzter die Informationen über ihren Aufenthaltsort haben könnte.
»Ja, was findet hier auf dem Friedhof wohl statt, Herr Kriminalrat?«, gab Lenz eine Spur zu gut gelaunt zurück.
»Wenn Sie mich verarschen wollen, Herr Hauptkommissar Lenz, sind Sie bei mir an der falschen Adresse!«, schrie Zwick erbost. »Was fällt Ihnen ein, den Leichnam von Norbert Schneider exhumieren zu lassen?«
Offenbar hatte der Exilösterreicher zwar erfahren, dass der Tote aus seinem Grab geholt wurde, wusste jedoch noch nichts über die Hintergründe und die Erkenntnisse von Dr. Franz.
»Es gibt Hinweise, dass der Tod von Wolfram Humpe kein Suizid gewesen ist; deshalb hielten wir es, auch in Absprache mit der Gerichtsmedizin, für geboten, diese Maßnahme einzuleiten.«
Hain warf seinem Chef einen anerkennenden Blick der Marke ›Mein lieber Mann, geile Wortwahl‹ zu.
»Und um was für Hinweise soll es sich dabei handeln? Dürfte ich als Ihr Vorgesetzter davon auch erfahren?«
»Wir haben versucht, Sie zu informieren, aber Sie waren nicht zu erreichen«, erklärte Hain betont lässig.
»Und warum hinterlassen Sie dann keine Meldung auf meiner Mailbox?«, schrie Zwick erbost.
Eine ältere Frau, die, mit ihrem Pudel an der Leine, an den drei Männern vorbeischlenderte,
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