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Zeitbombe

Titel: Zeitbombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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verglaste Eingangstür erreicht hatte, kamen ihm von drinnen drei Kinder entgegen, die, ohne sich um ihn zu kümmern, das Haus verließen. Der Polizist und sein junger Kollege, der mittlerweile zu ihm aufgeschlossen hatte, betraten mit schnellen Schritten den Eingangsbereich und strebten auf den Fahrstuhl zu. Zimmermann drückte auf den Anforderungsknopf, schob die Hände in die Hosentaschen und trat nervös von einem Fuß auf den anderen.
    »Gib Gas, du verdammtes Scheißding!«, fluchte er leise gegen die silbern schimmernde, verkratzte und mit Farben beschmierte Lifttür. Dann gab es ein blechernes Geräusch, und die beiden Flügel des Aufzuges fuhren langsam auseinander. Die Polizisten betraten die kleine Kabine, die sich kurz darauf ächzend und stuckernd in Bewegung setzte.
    »Sollten wir uns nicht wenigstens um Verstärkung kümmern?«, wollte Bruhnke von seinem Kollegen wissen, doch der antwortete ihm nicht einmal, sondern zog seine Dienstwaffe aus dem Holster, überprüfte die Pistole und steckte sie zurück. Der junge Beamte riss die Augen auf.
    »Meinst du nicht, dass das ein bisschen übertrieben ist?«
    »Wenn ich das meinen würde, würde ich anders vorgehen, Junge. Weil ich es aber nicht meine, mache ich es so, wie ich es für richtig halte. Alles klar?«
    Er erwartete keine Antwort, und er bekam auch keine.
    »Dann los«, brummte er, als die Kabine langsamer wurde, schließlich im fünften Stock stoppte, die Türen sich öffneten und den Geruch von frisch zubereitetem Knoblauch freigaben. Zimmermann stürmte mit wutverzerrtem Gesicht in den Flur, rannte an ein paar Eingängen vorbei und stand wenige Sekunden später vor der Tür von Rüdiger Bornmanns Wohnung. Dort legte er, ohne zu zögern, den Finger auf die Klingel und zog ihn auch nicht wieder zurück, doch zu seiner großen Überraschung erzeugte das kein Geräusch im Innern der Wohnung. Kein Gong, kein Surren und kein Schellen. Der Polizist drückte hektisch immer und immer wieder auf den kleinen Kunststofftaster, aber es blieb dabei. Kein Klingelgeräusch. Bruhnke beugte sich nach vorn, legte das linke Ohr an die Tür und lauschte. Als er den Kopf zurückzog, huschte ein Lächeln über sein Gesicht.
    »Ich höre Musik. Vielleicht kommt sie aus einer der anderen Wohnungen, aber ich höre sie ganz deutlich.«
    Zimmermann legte ebenfalls ein Ohr an das Türblatt.
    »Stimmt, da ist Musik.«
    Der stämmige Polizist streckte sich, zog den Oberkörper seines Kollegen zurück und hämmerte mit der rechten Faust gegen die Tür, sodass ein ohrenbetäubender Lärm entstand. Nach etwa einem Dutzend Schlägen ließ er den Arm sinken, holte keuchend Luft und lauschte wieder, doch aus der Wohnung drang kein weiteres Geräusch als das leise Gedudel von Musik. Zimmermann wollte gerade wieder die Faust heben, als Bruhnke sich zwischen ihn und die Tür schob.
    »Hör auf, Bernd!«, zischte er.
    »Was bildest du dir ein?«, fauchte Zimmermann ihm entgegen und schob ihn ein Stück zur Seite, doch der junge Kripobeamte federte sofort zurück.
    »Lass den Scheiß. Selbst wenn er wirklich in der Wohnung ist, haben wir überhaupt keinen Grund, hier so einen Aufstand zu machen. Rein juristisch ist dem Mann kein Vorwurf zu machen.«
    »Du hast sie wohl nicht …«, wollte Zimmermann zu einer Tirade ansetzen, wurde jedoch von schnell näher kommenden Schritten aus Richtung des Fahrstuhls irritiert. Im gleichen Augenblick bogen zwei uniformierte Polizisten um die Ecke, jeweils die rechte Hand auf dem Griff ihrer im Gürtelholster steckenden Dienstwaffen abgelegt. Im Gehen bewegte der eine der beiden die Hand ein paar Zentimeter nach rechts, knöpfte mit geübten Fingern den Druckknopf einer Lasche auf und zog eine kleine Sprühdose mit Reizgas heraus.
    »Treten Sie bitte ein paar Schritte zurück, sofort!«, forderte sein Partner die Männer vor Rüdiger Bornmanns Tür auf.
    Sowohl Bruhnke als auch Zimmermann waren so überrascht, dass sie sich, ohne zu zögern, einen Meter nach hinten bewegten.
    »Wir sind Kollegen!«, rief Bruhnke in Richtung der Uniformierten.
    »Was?«
    Zimmermann nickte bestätigend und hielt dabei seinen Dienstausweis in die Höhe.
    »Wir sind Kollegen im Dienst und observieren …«
    Er stockte, weil sich in diesem Moment die Tür öffnete, gegen die er noch vor ein paar Sekunden gehämmert hatte, und das faltige Gesicht und die graue Mähne von Rüdiger Bornmann sichtbar wurden, der, gebückt und auf seinen Stock gestützt, in die Runde sah.

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