Zeitbombe
»Schön, dass Sie so schnell gekommen sind, meine Herren«, sagte er leise zu den Streifenpolizisten. »Ich hatte wirklich Angst, dass die beiden Männer hier …«, er deutete auf Bruhnke und Zimmermann, »… mir die Tür einschlagen würden.«
»Red doch nicht so einen Blödsinn, Mann«, echauffierte sich Zimmermann, wurde jedoch von einer beschwichtigenden Geste des einen Streifenpolizisten gestoppt.
»Irgendwie verstehe ich gerade nur Bahnhof.«
Er wies auf die Männer in Zivil, danach auf Bornmann.
»Sie sind dabei, ihn zu …«
»Kann ich dich mal kurz unter vier Augen sprechen, Kollege?«, warf Zimmermann dazwischen und ging in Richtung des Fahrstuhls. Der Beamte in Uniform nickte und folgte ihm.
»Die Situation ist eigentlich ganz klar«, begann der Kripomann, als sie um die Ecke waren. »Dieser Bornmann ist einer der Sicherungsverwahrten, die wegen dieses dämlichen Urteils freigelassen wurden und jetzt rund um die Uhr observiert werden müssen. Das haben wir gemacht, und dabei ist er uns entwischt. Also wollten wir prüfen, ob er zu Hause ist.«
Der Streifenpolizist sah ihn nachdenklich an.
»Das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Kollege, dass eigentlich gar nichts gegen ihn vorliegt?«
Zimmermann betrachtete seinen Kollegen wie einen Erstklässler, der eine offenbar kinderleichte Rechenaufgabe nicht verstanden hatte.
»Aber wir müssen doch sicherstellen, dass rund um die Uhr klar ist, wo er sich aufhält. Er darf nicht unbeobachtet sein.«
»Das ist so weit bei mir angekommen, aber die Rechtsgrundlage verstehe ich nicht ganz. Wird ihm aktuell irgendwas vorgeworfen?«
Der Oberkommissar verzog säuerlich die Miene.
»Das braucht es doch gar nicht, Kollege. Der Mann ist einfach gefährlich.«
»Dann buchtet ihn halt ein, wenn er gefährlich ist.«
»Das geht nicht. Er musste zwar freigelassen werden, aber nur, weil es dieser blöde Europäische Gerichtshof so beschlossen hat. Der Typ ist immer noch ein Mörder, er hat seine Frau umgebracht.«
»Wie er aussieht, ist das aber schon ein paar Tage her, oder?«
Zimmermann zog deutlich hörbar Luft durch die Nasenlöcher.
»Das kann schon sein, aber …«
»Wir haben übrigens Ihr Klopfen an seine Tür schon gehört, als wir noch unten im Erdgeschoss waren. Ich muss dem Mann recht geben, es klang wirklich extrem laut und bedrohlich.«
»Das kann ja sein, aber wie ich schon gesagt habe, wir haben nun einmal den Auftrag, ihn rund um die Uhr zu observieren.«
Der Streifenpolizist sah ihm lange ins Gesicht, bevor er weitersprach.
»Wie kam es denn, dass er Ihnen und Ihrem Kollegen durch die Lappen gegangen ist?«
»Er hat es darauf angelegt, und außerdem gehört das gar nicht hierher.«
»Das glaube ich gern. Nichtsdestotrotz haben Sie keine Handhabe, Herr Kollege, dem Mann in dieser Art auf die Pelle zu rücken; deswegen sollten Sie das in Zukunft besser lassen.«
Zimmermann wusste, dass sein Gegenüber recht hatte. Und er wusste, dass ihm sein Verhalten eine Menge Ärger einbringen konnte, weswegen er den totalen Kotau hinlegte.
»Ich werde mich daran halten. Ist die Sache damit erledigt?«
Der Uniformierte schüttelte den Kopf.
»Nicht ganz. Natürlich muss ich in meinem Bericht den Hergang der Sache möglichst objektiv schildern, wozu selbstverständlich gehört, dass ich Ihre massiven und bedrohlich wirkenden Schläge gegen seine Tür nicht auslassen kann.«
»Ist das wirklich nötig?«
Als Antwort bekam er ein Nicken.
»Sie wissen ja jetzt wieder, wo der Mann sich aufhält, deswegen gehe ich davon aus, dass Sie sich für den Rest des Tages auf Ihre Kernaufgabe konzentrieren werden. Haben wir uns verstanden?«
»Haben wir eindeutig, ja.«
»Dann ziehen Sie und Ihr Kollege sich jetzt zurück?«
»Ja«, murmelte Zimmermann und war dabei schon auf dem Weg zu Bornmanns Wohnung.
Dort standen noch immer die beiden anderen Polizisten und rahmten den ehemaligen Strafgefangenen in ihrer Mitte ein.
»Wir hauen ab«, zischte Zimmermann seinem Kollegen zu, ohne Bornmann auch nur eines Blickes zu würdigen, drehte sich auf dem Absatz um und war ein paar Sekunden später verschwunden. Bruhnke sah den Streifenpolizisten fragend an, doch der machte nur ein ärgerliches Gesicht.
»Es tut mir leid, Herr Bornmann, dass der Kollege sich Ihnen gegenüber so aufgeführt hat. Gegen Sie liegt nichts vor, deshalb haben Sie natürlich das Recht auf die Wahrung Ihrer Privatsphäre. Ich habe ihm deutlich gemacht, dass er das in Zukunft
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