Zeitbombe
angeschossen worden wärst«, gab Lenz zu bedenken, »hättest du nie deine Carla kennengelernt. Und ob du dann heute die süßen Zwillinge hättest, ist noch lange nicht ausgemacht.«
»Auch wieder wahr«, gab Hain kleinlaut zu.
»Also«, setzte Uwe Wagner seine Erklärung fort, »dieser Roman Arkadjew hat im Knast mit der Organisation Ärger gehabt, diesen Abschtschjaks, die damals in dem Fall auch eine Rolle gespielt haben. Weil er als ehemaliger GRU-Offizier nicht mit ihnen zusammenarbeiten oder unter ihnen dienen wollte, haben sie ihm, soweit ich weiß, die Hölle ziemlich heiß gemacht. Und nicht nur das, er hat auch zweimal im Anstaltskrankenhaus gelegen, wegen Messerattacken. Und wenn sich schon ein so gut im Nahkampf ausgebildeter Mann wie Arkadjew nicht schützen kann, dann gute Nacht.«
Lenz, Hain und Gecks sahen sich irritiert an.
»Woher, in Gottes Namen, weißt du das alles, Uwe?«, fragte Hain völlig fassungslos.
»Das ist ganz einfach. Julia Heinemann, die Anstaltsleiterin, ist seit ein paar Jahren einer meiner Squashpartner. Wir spielen nicht sehr häufig miteinander, aber wenn, dann tauschen wir immer unsere Informationen aus.«
»Das passt ja«, bemerkte Gecks.
»Außerdem ist Arkadjew insofern etwas Besonderes, weil er angeblich ein dreistelliges Millionenvermögen besessen hat oder besitzt, zu dem er aber nie etwas gesagt hat. Weder in den Vernehmungen noch vor Gericht, und auch nicht irgendwann später. Ob die Abschtschjaks darüber etwas aus ihm herausgequetscht haben, weiß ich natürlich nicht.«
»Du hattest aber nie mit ihm persönlich was zu tun, oder?«, wollte Gecks wissen.
Wagner sah ihn pikiert an.
»Falls du es vergessen haben solltest, RW, ich bin hier in diesem Bunker für die Aufbereitung von Informationen zuständig. Einen richtigen, echten bösen Buben habe ich schon seit Jahren nicht mehr zu Gesicht gekriegt.«
»Ja, ist ja schon gut.«
Lenz stand auf und streckte sich.
»Und was meinst du zu Ludgers Idee, das Arkadjew hinter den Morden an den beiden Kollegen steckt?«
Wagner dachte eine Weile nach.
»Ist ganz charmant. Und hätte den Vorteil, dass wir innerhalb kürzester Zeit zumindest einen Verdächtigen vorzeigen könnten.«
»Hmm«, machte Lenz.
»Fahrt halt nach Espenau und seht euch den Kerl an, wenn er denn dort zu Hause ist. Vielleicht legt er ja gleich ein Geständnis ab.«
»Ja, ja, am Arsch hängt der Hammer«, murmelte Gecks.
»Ich bin so saumüde, dass ich auf der Stelle einschlafen könnte«, gab Hain zu bedenken. »Vielleicht sollten wir noch eine Nacht drüber schlafen und dann auf Räuberjagd gehen. Oder wir schreiben ihn zur Fahndung aus und lassen die uniformierten Kollegen nach ihm suchen.«
»Nein«, widersprach Lenz, »das ist mir zu heiß. Ich bin genauso müde wie du, aber mal kurz nach Espenau zu fahren, ist schon noch drin.«
Rolf-Werner Gecks erhob sich ebenfalls und sah in die Runde.
»Das schafft ihr garantiert ohne mich. Ich fahre zu Britta und versuche, etwas über die Sache damals herauszufinden. Vielleicht hat Wasserpfeifen-Nobby ja irgendwann mal was darüber erzählt, was für uns von Bedeutung sein könnte.«
»Gute Idee, RW«, stimmte Lenz ihm zu. »Außerdem wollen wir da draußen ja nicht den Dritten Weltkrieg anfangen, sondern ihm lediglich ein paar Fragen stellen.«
»Das ist doch mal ein guter Plan«, stimmte Hain ihm zu.
*
»Wollen wir mit deinem Cabriolet fahren oder lieber mit einem Dienstwagen?«, fragte der Hauptkommissar seinen Kollegen, als sie auf dem Weg nach unten waren.
»Nein, wir nehmen den Mazda. Es ist draußen noch irre warm, und was gibt es Schöneres, als in der Abenddämmerung mit offenem Dach über die Landstraße zu cruisen?«
»Zum Beispiel neben seiner Frau auf der Couch zu liegen und zu fummeln«, antwortete Lenz gähnend.
»Ja, das ginge auch. Aber vorher müssen wir den Mörder zweier Polizisten dingfest machen und ihn hinter Schloss und Riegel bringen.«
Die Adresse, unter der Roman Arkadjew in Espenau, einer Gemeinde im Landkreis Kassel, gemeldet war, lag in einer Spielstraße am Rand einer Einfamilienhaussiedlung. Die Vorgärten machten allesamt einen überaus gepflegten Eindruck. Von irgendwoher erklang der gedämpfte Lärm einer sommerlichen Grillparty, und in der Luft lag der Geruch von Holzkohlefeuer. Hain steuerte das Cabrio bis zum Ende der Straße, wobei die beiden Polizisten einen Blick auf das hell erleuchtete Anwesen werfen konnten, wendete und fuhr
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