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Zeitbombe

Titel: Zeitbombe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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praktischen Vorzügen der Waffe wie Robustheit und Zuverlässigkeit gibt es ein Merkmal, das die Kalaschnikow unverwechselbar macht: ihren Klang im Dauerfeuer. Dieses ebenso beunruhigende wie einschüchternde Stakkato nahmen Lenz und Hain zum ersten Mal in ihrem Leben an diesem lauen Sommerabend wahr.
    Nachdem das Licht im Haus erloschen war, hatte es eine kurze Phase der Stille gegeben, die von dem enervierenden, spitzen Schrei einer Frau aus einem der anderen Gärten zerrissen wurde. Hain war dabei, per Telefon Verstärkung anzufordern, während Lenz zu erkennen versuchte, ob von dem angeschossenen Mann vor der Haustür noch eine Gefahr ausging. In genau jenem Sekundenbruchteil, in dem der Polizist seinen Kopf wieder zurück in die Deckung bewegt hatte, begann das immer wieder kurz unterbrochene Rattern des Maschinenkarabiners aus dem Innern des Hauses. Der Schütze feuerte aus der oberen Etage durch die geschlossene Scheibe, die sofort zerbarst. Die Projektile schlugen in der Betonwand ein, hinter der Lenz Schutz gesucht hatte, und blieben entweder stecken oder pfiffen als hässliche Querschläger davon. Schon nach der ersten kurzen Salve hatten sich die Nackenhaare des Polizisten aufgerichtet. Nun stoppte das wilde Geballere und wurde gefolgt von einer gefährlich anmutenden, beunruhigenden Stille. Lenz sah hinüber zu Hain, der sich unter die Einfriedung zum Vorgarten presste. Immerhin waren die beiden in ihren jeweiligen Positionen aus dem Haus nicht zu treffen.
    »Hast du am Telefon was erreicht?«, zischte der Hauptkommissar.
    »Die Kollegen sind unterwegs, das MEK angefordert. Aber wenn ich …«
    Wieder begann ein AK 47 zu rattern, diesmal aus einem anderen Fenster. Entweder waren mehrere Personen mit Schnellfeuerwaffen im Haus oder der erste Schütze hatte seine Position gewechselt. Zwei, drei schnelle Salven, dann wieder Ruhe.
    »Verdammte Scheiße«, fauchte Hain, »wo sind wir denn hier hineingeraten? Kannst du den Typen sehen, den du erwischt hast?«
    »Könnte ich vielleicht«, gab Lenz zurück, »aber ich hab keine Lust, mir dabei die Rübe wegschießen zu lassen. Bei meinem letzten kurzen Blick lag er aber noch vor der Tür.«
    »Was sollen wir jetzt machen?«
    »Gar nichts. Der oder die Typen da drin scheinen es wirklich ernst zu meinen, und ich habe absolut keine Lust, hier den Helden zu spielen.«
    »Was machen wir, wenn sie …?«, wollte der Oberkommissar eine Frage stellen, deren Beantwortung sich jedoch erübrigte, weil im gleichen Augenblick die Haustür aufgerissen wurde und eine dunkel gekleidete Gestalt herausstürmte. Etwa einen halben Meter vor seinem Körper blitzte, während er mit einem weiten Satz über den Verletzten vor seinen Füßen sprang, das Mündungsfeuer der automatischen Waffe auf, die in einem weiten Streukreis heißes Metall ausspuckte. Die beiden Polizisten zogen instinktiv die Köpfe ein, doch ihnen war klar, dass sich die Situation damit dramatisch zuspitzte. Wenn der Angreifer noch etwa zehn Meter Raum gewinnen würde, hätte er freies Schussfeld.
    »Schieß, Thilo!«, schrie Lenz, während er sich im gleichen Moment nach links fallen ließ und seine Dienstwaffe in Anschlag brachte. Neben der Säule, die den Briefkasten beherbergte, befand sich eine kleine Mauer, die den Vorgarten vom Bürgersteig abtrennte. Noch bevor der Hauptkommissar den ersten Schuss abgegeben hatte, hörte er von rechts das vergleichsweise leise Geräusch, das Hains Waffe beim Abfeuern von zwei schnellen Schüssen von sich gab. Dann zog auch er den Abzug durch.
    Der erste Schuss, der den Mann mit der feuernden Kalaschnikow in den Händen traf, stoppte seinen Vorwärtsdrang und versetzte seinen Oberkörper in eine merkwürdige Rotation. Seine linke Hand fuhr zur rechten Schulter, wobei die Waffe in seiner Hand in die andere Richtung ausschlug, während er noch immer den Abzugshebel bediente. Irgendwo in der Ferne wurden mehrere Projektile deutlich hörbar von einer Hauswand gestoppt. Sowohl Lenz als auch Hain feuerten noch zwei weitere Schüsse auf den Mann ab, von denen, wie sich später herausstellen sollte, jeweils einer traf. Sein gesamter massiger Körper wurde nach hinten geworfen, wobei er für einen Sekundenbruchteil nahezu waagerecht in der Luft zu schweben schien. Dann schlug er mit dem Kopf zuerst auf den Waschbetonplatten auf, einen Wimpernschlag später folgte seine Waffe, die mit einem metallischen Geräusch neben ihm zum Liegen kam. Während irgendwo in der Ferne die ersten

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