Zeitbombe
Leben gekommen ist und ein anderer zehn Jahre plus Sicherungsverwahrung bekommen hat.«
»Die Sicherungsverwahrung wurde erst nachträglich ausgesprochen«, beeilte sie sich klarzustellen.
»Was die Sache jedoch keinesfalls besser macht.«
»Da gebe ich Ihnen recht.«
Es entstand eine peinliche Pause.
»Dr. Schamberg«, nahm schließlich Hain den Faden wieder auf, »hat uns weiterhin darüber informiert, dass es sehr wohl Möglichkeiten gegeben hätte, den Gerüchten, dass Bornmann gar nicht behindert ist, auf den Grund zu gehen. Allerdings, so sagt er, hätten dafür keine Mittel zur Verfügung gestanden.«
»Auch das ist richtig. Wir müssen hier genau planen, wie und wofür wir unsere sehr knappen Haushaltsmittel einsetzen. Und die Untersuchungen, denen sich Herr Bornmann zu unterziehen gehabt hätte, waren mit unserem Budget einfach nicht zu leisten. Das ging wirklich nicht.«
»War so etwas denn geplant«, wollte nun Lenz sichtlich erstaunt wissen, »wo Sie doch, wie Sie sagen, absolut sicher waren, dass er kein Simulant ist?«
»Ja … Nein. Es gab kurzzeitig Überlegungen in diese Richtung, doch die wurden ebenso schnell wieder ad acta gelegt, weil es, wie gesagt, keine Relevanz dafür gegeben hat.«
»Was wäre eigentlich passiert, wenn die Anstaltsleitung der Anzeige von Herrn Bornmann nachgegangen wäre?«
»Dann wäre vermutlich einer der beiden Betroffenen in eine andere Strafanstalt verlegt worden, was in solchen Fällen der übliche Weg ist.«
»Aber in diesem Fall wurde es versäumt?«
»Leider, ja.«
»Kann ich Ihren Worten so etwas wie Bedauern entnehmen, Frau Heinemann?«
Sie schluckte.
»Obwohl ich, wie ich noch einmal betonen möchte, zur damaligen Zeit noch nicht auf diesem Stuhl gesessen habe, empfinde ich natürlich großes Bedauern über eine Situation, die einen Häftling das Leben gekostet und einen anderen, das muss man so hart konstatieren, zum Krüppel gemacht hat. Natürlich ist es ein Versäumnis, einer solchen Anzeige, wie sie von Herrn Bornmann formuliert worden war, nicht nachzugehen, aber wir sind nun einmal alle nur Menschen. Menschen, die leider auch ab und an Fehler machen.«
»Waren Sie eigentlich damals schon hier im Haus beschäftigt?«
»Ja, das war ich«, murmelte sie.
Etwa 15 Minuten später hatten die Kommissare ihre Dienstwaffen und ihre Mobiltelefone in Empfang genommen, die sie beim Eintritt in die Haftanstalt abgegeben hatten, und standen vor dem bedrohlich wirkenden, mit schusssicherem Glas ausgestatteten Eingangsbereich.
»Irgendwie klingt das alles nicht sehr überzeugend«, entfuhr es Thilo Hain.
»Ja«, stimmte Lenz zu, »den Eindruck …«
Er stockte, weil sein Telefon klingelte.
»Lenz«, meldete er sich unwirsch.
»Hoho, Brauner, was ist dir denn über die Leber gelaufen?«, fragte Rolf-Werner Gecks irritiert.
»Ein toter Kriminalrat auf den Bahngleisen oberhalb von Spiekershausen. Außerdem ein Gefängnisarzt, ein Schließer und eine Gefängnisleiterin. Noch Fragen?«
»Nee, lass mal. Dass Zwick von uns gegangen ist, hat sich übrigens schon im Präsidium herumgesprochen, Paul, aber irgendwie macht das nur ganz wenigen Leuten wirklich was aus. Mir scheint, sein Fanclub ist nicht sehr groß gewesen.«
»Trotzdem ist er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von dem gleichen Killer ermordet worden, der auch Schneider und Humpe umgebracht hat.«
»Das stimmt vermutlich, was man so hört. Seid ihr am Tatort gewesen?«
»Ja. Und danach im Knast.«
»Habt ihr mehr über diesen Bornmann rausgefunden?«
»Einiges, ja. Aber ich habe keine Lust, dir das alles am Telefon zu erzählen; darüber können wir auch später noch im Büro sprechen.«
»Kein Problem. Vielleicht ist es aber für euch von Interesse, was ich im Lauf des Tages herausgefunden habe.«
»Ist was dabei, was uns sofort und ganz doll weiterhilft?«
»Möglich.«
»Dann schieß los.«
Der Hauptkommissar hörte, wie im Hintergrund Papier raschelte. Offenbar kramte Gecks seinen Notizblock hervor.
»Britta«, begann er kurz darauf, »also die Frau von Wasserpfeifen-Nobby, hat ganz merkwürdig reagiert, als ich den Namen Rüdiger Bornmann erwähnt habe. Ich hatte sofort den Eindruck, dass sie mit diesem Namen nicht in Verbindung gebracht werden wollte. Es hat zwar eine Weile gedauert und auch viel gutes Zureden gebraucht, aber dann ist sie mit dem rausgerückt, worüber sie eigentlich nie mehr mit irgendeinem Menschen sprechen wollte, wie sie sagte. Im Herbst
Weitere Kostenlose Bücher