Zeiten des Verlangens
der Mann, von dem Sie redeten«, folgerte Margaret.
Regina nickte.
»Sie sind verliebt«, stellte sie fest.
Margaret kam wirklich schnell zum Wesentlichen. Vielleicht verstand sie aufgrund ihrer größeren Reife, dass Sex der geringste Teil daran war.
»Ach Margaret«, seufzte Regina.
»Ist es wirklich so schlimm?«
Regina nickte ohne aufzublicken.
»Ich kannte seine Mutter«, sagte Margaret.
»Im Ernst?«
»Ja. Lillian war eine der wichtigsten Sponsorinnen. Aber sie hat nicht nur Geld gespendet, obwohl sie das sehr großzügig tat. Sie hat sich auch sehr engagiert. Eine interessante, liebenswerte Frau. Sie fehlt mir.«
»Sebastian hat mir erzählt, dass sie gestorben ist, als er an der Uni war.«
»Sie hat ihn vergöttert. Er war der Mittepunkt ihres Universums. Was für eine Tragödie. Es war ein Schock.«
»Eine Tragödie?« Regina spürte ein Ziehen im Magen, ein ungutes Gefühl, als wäre ein Sturm im Anmarsch, auf den sie nicht vorbereitet war.
»Ja. Hat er Ihnen das nicht erzählt? Sie hat sich das Leben genommen.«
Regina war sprachlos. Nein, das hatte er aus irgendeinem Grund nicht erwähnt.
»Was ist passiert?«
Margaret schüttelte traurig den Kopf. »Sie hat sich nie ganz davon erholt, dass ihr Mann sie verlassen hat. Er fing etwas mit einem sehr jungen Model an, das er auf einem Kostümball im Metropolitan getroffen hatte. Es war ein ziemlicher Skandal. Aber wie dem auch sei, ich erzähle Ihnen das nicht, weil ich so gerne tratsche, sondern weil ich Sebastian Barnes seit früher Kindheit kenne. Er stand Lillian extrem nah, und von allem, was ich gehört und gesehen habe, kann ich Ihnen sagen, dass er nie über ihren Verlust hinwegkam und vielleicht nicht die beste Wahl für eine Beziehung ist.«
Regina nickte. Es schmerzte sie, dass Sebastian so etwas durchmachen musste, aber ebenso schmerzte es, dass er ihr nichts davon erzählt hatte. In der Nacht nach ihrem Geburtstag hatte es geschienen, als würde er sich ihr wirklich anvertrauen, dabei hatte er den entscheidenden Teil ausgelassen. Den schmerzhaften Teil. Genauso, wie er ihr verschwiegen hatte, dass er eine Beziehung mit ihrer Vorgesetzten gehabt hatte.
»Soll das eine Warnung sein?«, fragte sie.
»Das wäre wohl übertrieben«, meinte Margaret. »Aber ich würde mir wünschen, dass Sie gut informiert sind, wenn Sie Ihre Entscheidungen treffen.«
»Ich weiß nicht, ob es da etwas zu entscheiden gibt.«
»Ich glaube schon«, widersprach Margaret. »Wie gesagt, ich kenne Sebastian sein gesamtes Erwachsenenleben lang. Ich glaube, er ist ein anständiger Kerl – und ein vielseitiger junger Mann. Aber ich habe ihn bei all den Benefizveranstaltungen gesehen. Ich habe über ihn in Zeitschriften gelesen – hier ein Techtelmechtel, da eine Affäre. Er ist einer der begehrtesten Junggesellen von New York. Doch seine Beziehungen halten nie lang. Um ehrlich zu sein, seine Mutter wäre entsetzt. Aber ich bin sicher, die meisten Fraue n sind glücklich damit, sie haben eine schöne Zeit, genießen die Aufmerksamkeit der Presse und können sich damit brüsten, etwas mit Sebastian Barnes gehabt zu haben. Allerdings habe ich nicht den Eindruck, dass Sie zu dieser Sorte Frau gehören. Also werden Sie entscheiden müssen, ob Ihnen diese Beziehung gibt, was Sie wollen. Wenn nicht, stellen Sie sich darauf ein, ihn zu verlassen – oder verlassen zu werden.«
Regina spürte ein vertrautes flaues Gefühl im Magen. Das war nicht, was sie hatte hören wollen.
»Ich wollte gestern Abend Schluss machen, aber ich habe es nicht geschafft«, gab sie zu. »Ich konnte einfach nicht.«
»Seien Sie nicht zu streng mit sich selbst«, sagte Margaret. »Vielleicht war es nicht der richtige Zeitpunkt. Ich habe da meine eigene Philosophie – wenn man nicht weiß, was man tun soll, tut man am besten nichts.«
»Okay«, sagte Regina und fühlte sich erleichtert, als hätte Margaret sie noch mal davonkommen lassen.
» Aber «, mahnte Margaret und hob einen Finger, »eines Tages werden Sie es wissen. Die Gewissheit kommt aus dem Bauch. Und dann müssen Sie danach handeln.«
❊ ❊ ❊
Als Regina am Samstagmorgen erwachte, wartete schon eine SMS von ihm auf sie.
Ich komme heute Mittag.
Die Sonne schien in ihr kleines Zimmer und spähte durch die dünnen Vorhänge. Der Ventilator auf dem Nachttisch kam kaum gegen die Hitze an, aber Regina schlief nicht gern bei laufender Klimaanlage, weil es dann immer zu kalt wurde.
Sie sah auf die Uhr. Elf. Ruf nicht bei
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