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Zeiten des Verlangens

Zeiten des Verlangens

Titel: Zeiten des Verlangens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Logan Belle
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Regina den Blick abzuwenden, doch stattdessen wanderte er direkt zum Gesicht des Mannes. Und zu ihrem Schrecken bemerkte sie, dass sie ihn kannte: Das dunkle widerspenstige Haar, die schwarzen Augen, die markanten Konturen. Es war der Mann, dem sie an ihrem ersten Tag auf der Treppe begegnet war.
    Und dem Lächeln nach zu urteilen, das sich bei ihrem Blickkontakt in seinem Gesicht ausbreitete, hatte auch er sie erkannt.

4
    Regina stolperte rückwärts aus dem Zimmer und schloss geistesgegenwärtig die Tür hinter sich mit ihren zitternden Fingern.
    Ihr erster Gedanke war die Scham, dass sie sich in dieses schmutzige kleine Schauspiel hineinziehen hatte lassen. Sie hätte auf keinen Fall zuschauen dürfen – sondern auf der Stelle davonlaufen sollen. Oder, besser noch, die beiden stoppen. Ihre Scham verwandelte sich in Wut.
    Das hier war eine Bibliothek . Was war nur los mit diesen Leuten?
    Sie atmete tief durch, gestärkt durch ihre Entrüstung. Dann huschte sie durch den Gang zur südlichen Treppe und hinunter in die Rotunde vor dem öffentlichen Katalogsaal.
    Hier in der Sicherheit des öffentlicheren Bereichs gelang es ihr, sich wieder zu sammeln. Sie kehrte zur Ausleihe zurück, wo Alex an ihrem Stuhl lehnte und Temple Run auf dem iPhone spielte.
    »Wenig los, heute«, bemerkte er. »Selbst die Bücherfreaks sind bei diesem schönen Wetter nicht gern drin.«
    Regina nickte und stellte ihre Brotzeittüte auf den Tisch zurück. Am oberen Rand war sie ganz feucht von ihren schweißigen Händen.
    Alex musterte die Tüte. »Ich dachte, du wolltest Mittag machen?«
    »Ich habe keinen Hunger.«
    Er bedachte sie mit einem misstrauischen Blick. »Was ist los mit dir?«
    »Nichts«, erwiderte sie. Sie fühlte sich schmutzig und schämte sich, als wäre sie es gewesen, die da über die Marmorbank gebeugt gestanden hätte. Und sie wusste, dass sie so empfand, weil sie, so ungern sie es sich eingestand, trotz ihrer Empörung über dieses Sakrileg einen flüchtigen Moment lang gewünscht hatte, selbst diese Frau zu sein.
    Was war nur los mit ihr? Es musste an Carlys Einfluss liegen – dieses ganze, verrückte nächtliche Treiben in der Wohnung machte ihr mehr und mehr zu schaffen. Sie litt unter Schlafmangel. Und sie wohnte mit einer Frau zusammen, die keinen Anstand hatte. Ihre Mutter hatte recht gehabt: Ihr Umzug nach New York konnte zu nichts Gutem führen.
    »Wie du meinst. Aber ich bin am Verhungern. Ich gehe zum Imbissstand. Soll ich dir was mitbringen?« Er sprang auf und fischte die Ohrstöpsel aus seiner Jackentasche.
    Regina wollte nicht, dass er ging. Sie war erschüttert von ihrer Entdeckung. Sie hatte sich davongestohlen, aber das Bild ging ihr einfach nicht aus dem Kopf. Sie fragte sich, ob sie Sloan diesen Vorfall melden sollte, aber bei dem Gedanken wurde ihr ganz mulmig.
    »Warte – kann ich dir etwas sagen?«
    »Klar«, sagte er. »Burger oder Hotdog?«
    In ihrem Kopf formten sich die Worte, aber ihr Mund spielte nicht mit.
    »Mir schmeckt das Essen vom Imbiss nicht«, brachte sie schließlich hervor.
    Alex schüttelte den Kopf. »Okay, Ms. Finch. Vielen Dank für diese Information.«
    ❊ ❊ ❊
    Sie war im dritten Stock im Treppenhaus des schmucken Stadthauses, als sie die wummernde Rap-Musik aus ihrer Wohnung hörte. Mit einem Seufzen setzte sie ihren Aufstieg fort. Als sie den Schlüssel ins Schloss steckte, wusste sie, dass sie nicht einmal bei geschlossener Zimmertür ihr eigenes Wort verstehen würde.
    »Hallo! Wie geht’s?«, fragte der Typ auf dem Sofa und saugte an einer großen Bong.
    »Ach, ich komme gerade von der Arbeit heim«, erklärte Regina. Zumindest kannte sie den Kerl – er war einer von Carlys häufigeren Besuchern und hieß Derek. Unter anderen Umständen hätte Regina ihn vielleicht als Carlys Freun d bezeichnet. Aber nachdem in der vorangegangenen Nacht ein anderer Kerl da gewesen war, traf das vielleicht nicht zu. »Könntest du die Musik vielleicht etwas leiser stellen?«
    »Magst du J nicht?«
    She’s got an ass that’ll swallow up a g-string
    And up top, uh, two bee stings
    Ihr fetter Arsch verschlingt den Tanga in der Mitte
    Und darüber, o nein, zwei Minititten
    Regina ging in ihr Zimmer und schloss die Tür. Es sah aus, als stünde ihr mal wieder ein Abend des selbst auferlegten Exils bevor, bis Carly ausging – wenn sie denn ausging. Regina hoffte, dass sie in der Bibliothek ein paar Freundschaften schließen würde, damit sie sich ab und an mit jemandem verabreden

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