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Zeitenlos

Zeitenlos

Titel: Zeitenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shelena Shorts
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sie. »Die meisten dieser Typen sind totale Loser.«
    Gegen Mitternacht schien es Dawn einigermaßen gut zu gehen, und ich fuhr sie nach Hause. Sie klagte über Kopfschmerzen, aber das würde ihren Eltern nicht auffallen. Eigentlich wollte ich anschließend noch ein bisschen durch die Gegend fahren, um abzuschalten, entschied mich aber dagegen. Mir wurden die Augen schwer.
    Zu Hause bemühte ich mich, den ganzen Abend noch einmal vor meinem geistigen Auge abzuspulen. Ich versuchte, mich auf den Anfang der Party zu konzentrieren, doch immer wieder schob sich das Gesicht von Wes dazwischen. Frustriert ging ich schließlich ins Bett. Ich war müde, und zwar körperlich und geistig.
    Am nächsten Tag ging ich wie gewohnt arbeiten. Zuerst waren Mr Healey und ich ganz allein, und ich fühlte mich nicht wohl in meiner Haut. Bücher konnte ich keine einräumen, weil dann die Kasse unbesetzt gewesen wäre. Also blieb mir hinter dem Tresen nichts anderes übrig, als darauf zu hoffen, dass er nicht wissen wollte, welchen Film Dawn und ich gesehen hatten. Lügen war nicht meine Stärke, deshalb versuchte ich, die Unterhaltung in eine andere Richtung zu lenken, sodass er gar nicht erst auf die Idee kam, Fragen zu stellen.
    »Mr Healey, haben wir irgendwelche Bücher über Reptilien?«
    »Hm, ich glaube, wir haben einige im zweiten Gang«, antwortete er, ohne die Katalogisierung zu unterbrechen, an der er arbeitete. Ich hatte immer noch ein schlechtes Gewissen.
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich eins mitnehme? Ich möchte etwas nachschlagen.«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    Ich ging zu dem entsprechenden Gang und begann die Bücher durchzusehen. Nach reichlich Material über Dinosaurier, Vögel, Tiger und Wale fand ich ein Buch mit dem Titel » Kaltblütige Tiere besser verstehen«. Das schien mir treffend, denn ich war zu der Überzeugung gekommen, einen Fehler gemacht zu haben. Ich hatte Wes bei allem, was er getan hatte, nach ganz normalen menschlichen Maßstäben beurteilt. Er war aber kein normaler Mensch.
    Ich nahm das Buch mit zur Kasse und fing an zu lesen. Was mich am meisten interessierte, waren Temperament, Denkvermögen und alles, was Verhaltensweisen dieser Kreaturen anging. Ich las einige Abschnitte über die Notwendigkeit, die Körpertemperatur zu regulieren, aber das wusste ich ja bereits. Ein Absatz darüber, dass Nerven und Muskelgewebe bei wärmeren Temperaturen besser funktionierten, weckte meine Aufmerksamkeit. Das könnte seine Stimmungsschwankungen erklären. Vielleicht hatte er wegen des kalten Wetters so seltsam und launisch reagiert. Ich las weiter und kam zu einem Kapitel mit der Überschrift »Verhalten von Reptilien«. Darin ging es um Motivation. Ich war neugierig, wie Kaltblüter tickten. In dem Kapitel wurde der Unterschied zwischen den Bedürfnissen von Warm- und Kaltblütern beschrieben. Dort stand, dass Menschen etwas tun, weil ein innerer Antrieb sie dazu motiviert. Wir essen, weil wir Hunger haben; wir schlafen, weil wir müde sind, und wir treiben Sport, um fit zu bleiben.
    Reptilien dagegen, so hieß es, haben andere Ansprüche. In dem Kapitel stand, dass sie in erster Linie darauf gepolt sind, Tag für Tag zu überleben. Ihre Grundbedürfnisse sind Nahrung und ein Unterschlupf, darüber hinaus brauchen sie nichts, auch keine Gesellschaft. Um sie zu verstehen, so der Text, müsse man wissen, dass sie am besten versorgt sind, wenn sie so zufrieden und stressfrei wie möglich gehalten werden. Was sie überhaupt nicht mögen, ist das Gefühl, unter Druck gesetzt oder in die Enge getrieben zu werden.
    Ich wusste, dass Wes Alligatorblut in sich hatte. Weil sein Leben davon beherrscht wurde, lag die Vermutung nahe, dass diese Eigenschaften auch auf ihn zutrafen. Sein wichtigster Antrieb war, von Tag zu Tag weiterzuleben. Sein Grundbedürfnis war das Überleben, er brauchte keine Gesellschaft. Ich war anders. Essen und ein Dach über dem Kopf benötigte ich auch, aber mein innerer Antrieb war Zufriedenheit. Seiner nicht. Ich brauchte ihn und hatte ihn das spüren lassen. Laut dem Buch mochte er es jedoch nicht, bedrängt zu werden, aber genau das schien ich getan zu haben.
    Ich war mir nicht sicher, ob das alles auf ihn zutraf, doch ich hatte zumindest so etwas wie eine Erklärung. Ich klappte das Buch zu und stellte es zurück ins Regal. Es war nicht so, dass ich ihn jetzt weniger vermisste, aber immerhin hatte ich Antworten auf einige meiner Fragen. Und hätte ich ihn nicht mit einer hübschen

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