Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
zur absoluten Upperclass. Da, sieh dir das an! Der Familienschmuck.« Er klappte die Schatulle auf, und ich war auf den ersten Blick so geblendet, dass ich die Augen schließen musste vor all dem Glanz. Auf mitternachtsblauem Samt ruhten blitzende Brillanten und andere Klunker in den unterschiedlichsten Ausfertigungen – Colliers, Armbänder, Ohrgehänge, Krawattennadeln, Manschettenknöpfe, Ringe, Steckkämme, Gürtelschnallen. Sebastiano zog eine Schublade aus der Schatulle, und da gab es das Gleiche noch einmal in allen möglichen Perlenvariationen.
»Wow«, sagte ich beeindruckt. »Vor allem dieser dicke Siegelring da. Der ist echt cool.«
»Gib es zu, Lord Byron findest du cooler.«
»Na ja. Es ist eine Erstausgabe. Und trotzdem gleichzeitig wie neu. Und der Typ lebt noch! Das Buch hier ist erst der Anfang von Childe Harold’s Pilgrimage ! Damit will ich sagen, er sitzt wahrscheinlich in diesem Augenblick irgendwo in der Stadt und dichtet, ist das nicht Wahnsinn? Theoretisch könnte er Mitglied in dem Club sein, in den du heute Nachmittag mit dem guten alten Reggie gehen willst.« Mir kam ein Gedanke. »Du solltest vorsorglich das Buch mitnehmen, und falls Lord Byron dir da irgendwo über den Weg läuft, musst du es dir signieren lassen.«
»Garantiert nicht«, sagte Sebastiano.
»Und lass ihn auf jeden Fall Für meine liebe Anna reinschreiben.«
Nachdem wir die Wertgegenstände sicher verstaut hatten – Sebastiano hatte in dem Schreibtisch im Herrenzimmer ein Geheimfach entdeckt und die Schatulle darin eingeschlossen –, überlegten wir, ob wir als Nächstes zu Mr Turner oder zu Mr Stephenson fahren sollten. Da José es ja offensichtlich für wesentlich hielt, dass wir mit den beiden Kontakt hielten, mussten wir das so bald wie möglich in Angriff nehmen.
Doch bevor wir eine Entscheidung treffen konnten, welchen der zwei wir zuerst aufsuchen sollten, verkündete Mr Fitzjohn, das Mittagessen sei zubereitet und könne aufgetragen werden. Bei der Gelegenheit stellten wir fest, dass wir ziemlich hungrig waren und entschieden übereinstimmend, erst mal was zu essen.
Während Mr Fitzjohn und ein paar der übrigen dienstbaren Geister diverse verheißungsvoll duftende Schüsseln und Platten herbeischleppten, besichtigten wir den Rest des Hauses. Unter anderem den großen Speisesaal, in dem man richtige Bankette feiern konnte, den Ballsaal, der die ganze Rückseite des Hauses einnahm und mit gewaltigen Kronleuchtern, vergoldeten Wandspiegeln und spindelbeinigen Louis-quinze-Sitzgarnituren ausgestattet war, und die Bibliothek, die dem Herrenzimmer im ersten Stock ähnelte, aber ungefähr doppelt so groß war und dreimal so viele Bücherschränke aufwies. Das Frühstückszimmer und den Empfangssalon hatten wir ja schon am Morgen gesehen. Ich hielt auch nach der Küche Ausschau, doch Sebastiano meinte, die sei im Untergeschoss, ebenso wie die übrigen Wirtschaftsräume.
»Das ist echt die absolute Nobelhütte«, sagte ich leise zu ihm, als wir mit der Besichtigung fertig waren. Das heißt, ich wollte es sagen, aber es kam als Dies ist ein ungemein luxuriöses Domizil heraus, was der Beweis dafür war, dass jemand mithörte. Ich drehte mich um, und tatsächlich, nur ein paar Schritte von uns entfernt stand Mrs Fitzjohn in der Halle, wie eine Statue in ihrem grauen Kleid, den Blick auf ihre ebenfalls grauen Schuhe geheftet.
»Das Essen ist nun serviert«, sagte sie höflich.
Beim nachfolgenden Mittagessen, das wir praktischerweise im Frühstückszimmer einnahmen, fühlte ich mich ein wenig unwohl, denn andauernd waren Leute um uns herum, die uns bedienten, und zwar nicht nur das Serviermädchen Janie von heute Morgen, sondern auch Mr und Mrs Fitzjohn und ein Junge in Livree, der uns als Cedric, einer der Hausdiener , vorgestellt wurde. Was wohl darauf hindeutete, dass es von seiner Sorte noch mehr gab.
Sowohl hinter meinem als auch hinter Sebastianos Stuhl stand immer jemand bereit, auf den leisesten Wink hin nach vorn zu springen, um einen Happen nachzulegen oder das Glas neu zu füllen. Wir hatten zum Trinken Limonade bestellt und uns damit wahrscheinlich als Exoten geoutet, weil wir keinen Wein gewählt hatten. Aber da wir ja hochoffiziell sowieso vom anderen Ende der Welt stammten, machte das bestimmt nicht viel aus. Mit derselben Begründung konnten wir uns beim Essen ein bisschen wählerisch anstellen, denn das, was uns aufgetischt wurde, war nicht unbedingt gutbürgerlich. Jedenfalls nicht in dem
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