Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
Stirnrunzelnd hörte er zu, als ich ihm die seltsamen Gemälde beschrieb.
»Das klingt alles ziemlich verrückt. Aber auf jeden Fall scheint es irgendeine Bedeutung zu haben. Fragt sich nur, welche. Hoffentlich finden wir es bald raus. Ich werde morgen hinfahren und es mir selbst anschauen. Und du solltest ab sofort keine Extratouren mehr machen, ohne mir Bescheid zu sagen.«
Das überging ich einfach, denn ich hatte keine Lust, Streit mit ihm anzufangen, und wechselte lieber das Thema. »Wollen wir uns noch einmal den Shakespeare-Band ansehen?«
»Das habe ich schon gemacht. Es gab keine Markierungen außer dieser einen.«
»Weißt du noch, wie sie genau lautete?«
» Ein Reich zur Bühne, Prinzen drauf zu spielen, Monarchen, um der Szene Pomp zu schau’n! «
»Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht?«
»Den ganzen Tag. Ich glaube, ich weiß, was dieser Hinweis bedeuten soll. Es geht um den Prinzregenten. Höchstwahrscheinlich plant jemand seine Entmachtung.«
»Der Prinzregent – warte, das ist der Sohn des Königs, der die Regentschaft übernommen hat, weil sein Vater geisteskrank ist, oder? Und wie soll das gehen mit der Entmachtung?«
»Auf dem üblichen Wege«, sagte Sebastiano ironisch.
Schaudernd fuhr ich zusammen. »Du meinst, jemand wird versuchen, ihn zu töten?«
»Ganz recht, genau das meine ich. Und gleichzeitig will dieser Jemand dafür sorgen, dass ihm keiner von den Alten dabei in die Suppe spuckt – deshalb zerstört er die Tore.«
»Dann müsste dieser Jemand ebenfalls einer von den Alten sein!«
»Natürlich.«
»Aber ohne Tore kann er doch dann selbst nicht mehr durch die Zeiten reisen«, wandte ich ein.
»Vielleicht will er das ja gar nicht. Nimm nur diese Stelle: Ein Reich zur Bühne . Das bedeutet, er will sich ein eigenes Reich schaffen, seine ganz persönliche Bühne. Nur für sich allein, außerhalb jeder Kontrolle.«
»Und was glaubst du, bedeutet Prinzen drauf zu spielen ? Will dieser Jemand … will er die Rolle des Prinzen neu besetzen? Möglicherweise sogar mit sich selber?«
»Das liegt im Bereich des Möglichen. Ich halte es für ziemlich wahrscheinlich.«
»Dann wäre es unsere Aufgabe, das zu verhindern. Aber wie?«
»Wir müssen irgendwie in den Kreis um den Prinzen vorstoßen und dabei herausfinden, von welcher Seite ihm Gefahr droht. So wie es in Josés Anweisung steht: Die Zeichen deuten .«
Das erinnerte mich an meine Begegnung mit dem Earl von Clevely und dessen Freundschaft mit dem Prinzregenten. Ich erzählte Sebastiano davon, worauf er meinte, es könne nicht schaden, sich mit dem Typen gut zu stellen, sobald er mir wieder über den Weg lief, egal ob morgen in Vauxhall Gardens oder auf dem Ball im Almack’s.
»Hauptsache, du lässt dir von dem Kerl nicht die Hand abknutschen. Eine wirklich bescheuerte Sitte.«
Nach dieser Ermahnung gab er mir einen Kuss. Anschließend gingen wir ins Bett – jeder in sein eigenes.
Beim Betreten meines Schlafzimmers bekam ich einen Schreck, weil Bridget dort auf mich wartete. Ich hatte völlig vergessen, dass ich ja neuerdings eine Zofe hatte. Noch bevor ich ein Wort sagen konnte, fing sie mit einem ihrer Selbstgespräche an. »Sicher wird sie wütend sein, weil ich ihr Waschwasser nicht angewärmt habe, aber ich wusste ja nicht, wann sie kommt, also wäre es sowieso wieder kalt geworden.«
»Bridget«, unterbrach ich sie freundlich. »Ich kann mich auch mit kaltem Wasser waschen. Es macht mir wirklich nichts aus.«
»Ich wollte das überhaupt nicht sagen, Mylady!«, beteuerte sie sofort. »Es überkam mich schon wieder, weil ich so lange hier gesessen und gewartet habe.«
Ich war zu erledigt, um auf ihre Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen. »Heute hast du mir schon genug geholfen. Für den Rest des Abends hast du frei.«
»Da haben wir es«, murmelte Bridget. »Sie will mich nicht länger als Zofe haben. Ich bin erledigt.«
»Bridget, das ist nicht wahr. Ich möchte jetzt einfach bloß allein sein, denn ich bin todmüde.«
Daraufhin malte sie sich selbst in den schwärzesten Farben aus, wie sie bettelnd im Straßengraben saß und dabei Gin trank. Als ich sie endlich los war, merkte ich, wie erschöpft ich war. Höchste Zeit fürs Bett. Beim Ausziehen stellte ich dann blöderweise fest, dass ich die kleinen Knöpfe am Rücken nicht allein aufkriegte. Doch ich verkniff es mir, deswegen nach Bridget zu läuten. Stattdessen klopfte ich an Sebastianos Schlafzimmertür, schließlich konnte er mir
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