Zeitenzauber - Die goldene Brücke: Band 2 (German Edition)
bin ich hier, um ihn zurückzuholen!«
Gaston schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich würd’s dir wirklich sagen, wenn ich könnte. Aber ich weiß es ja selber nicht. Es ist einer von diesen speziellen Sondereinsätzen, bei denen man vorher nicht weiß, worum es geht.«
Das traf mich wie ein Schlag. Ich hatte selbst schon so einen Einsatz gehabt. Gleich mein erster war einer von dieser Sorte gewesen. Ich hatte erst zurückreisen können, als meine Aufgabe erfüllt war. Das Blöde daran war – ich hatte zuerst keinen blassen Schimmer gehabt, worin die Aufgabe bestand. Dass ich einem wichtigen venezianischen Politiker das Leben retten und ein paar Bösewichte ausschalten musste, war erst nach und nach herausgekommen. Wochenlang hatte ich damals dort festgesteckt! Doch es gab noch schlimmere Fälle – der von Clarissa beispielsweise, eine junge Adlige, die ich im Jahr 1499 kennengelernt hatte. Sie stammte aus der Zeit der Französischen Revolution und hatte über fünf Jahre lang als Dienstmagd in der venezianischen Vergangenheit festgehangen, bis sie ihre Aufgabe gelöst hatte – die darin bestand, mir das Leben zu retten. Erst danach durfte sie zurück in ihre Zeit. Aber da hatte sie sich schon in Bartolomeo verliebt, den Boten aus dem Jahr 1499. Sie war dann einfach dortgeblieben und hatte ihn geheiratet.
Mir fiel ein, dass José einen Sondereinsatz erwähnt hatte. Falls Sebastiano wirklich in der Vergangenheit festsaß, weil er sich für die Erfüllung einer speziellen Aufgabe bereithalten musste, könnte er gar nicht zurück, selbst wenn er es wollte. Jetzt erinnerte ich mich auch wieder, dass José nicht von Zurückholen gesprochen hatte, sondern von Helfen .
Gaston sah bekümmert aus. »Ich habe ihm meine Hilfe angeboten, aber er hat mich bedroht. Ganz ehrlich, er hat sich unmöglich benommen! Deshalb sollst du ja auch mit ihm reden. Du bist schließlich seine Freundin.«
»Woher wusstest du das eigentlich?«
»Dieser Alte aus Venedig hat’s mir gesagt. Er meldete sich bei mir und sagte, ich müsse dich zu Sebastiano bringen.«
»Wann hast du zuletzt mit José gesprochen? Ich erreiche ihn nicht mehr. Er sagte was von einer Verletzung, ich mache mir echt Sorgen um ihn.«
Gaston hob die Schultern. »Er hat nur einmal angerufen. Ich kenne den Typen überhaupt nicht, aber der hiesige Alte meinte, das ginge klar, also mache ich es.«
»Wer ist denn der hiesige Alte?«, fragte ich. »Müsste er nicht bald da sein?«
»Oh, das ist er schon längst.« Gaston zog die Brauen hoch und warf dann einen bezeichnenden Blick auf den schnarchenden Penner.
Ich konnte es kaum fassen. Das war der Alte?
»Darauf wäre ich nie gekommen!«
»Ja, eine bessere Tarnung hat keiner«, stimmte Gaston grinsend zu.
Damit hatte er eindeutig recht. Josés Tarnung als einäugiger, klappriger Gondoliere war schon beachtlich, und Esperanza als verhutzelte, steinalte Kramladen-Besitzerin war ebenfalls genial, aber diese Penner-Verkleidung toppte alles.
Gerade, als ich mich fragte, ob das Schnarchen auch gespielt war, sah ich am anderen Ende der Brücke zwei Leute auftauchen und auf uns zukommen.
»Na endlich«, sagte Gaston. »Da sind sie ja.«
»Wer ist das?«
»Das sind unsere amerikanischen Touristen.«
»Touristen?« Ich stand auf der Leitung.
»Ja, sie kommen mit. Sie halten mich für ihren Stadtführer.« Er lachte. »Heute steht Paris bei Nacht auf dem Programm.«
Die beiden Touristen waren ein ungleiches Paar, das war sogar aus dieser Entfernung zu erkennen. Die Frau war jung, der Mann alt und gebrechlich. Er ging am Stock. Außerdem stützte er sich auf die Frau und zog beim Gehen das Bein etwas nach. Als sie näher kamen, sah man, dass die Frau bildschön war. Schlank, dunkelhaarig und mit tollen Beinen – wäre sie etwas größer gewesen, hätte sie spielend jeden Modelwettbewerb gewonnen. Der Mann war mindestens dreimal so alt wie sie. Sein schlohweißes Haar war vom Wind etwas zerzaust, aber ansonsten wirkte er, genau wie die Frau, sehr elegant, mit edlem Mantel und polierten Schuhen.
Ich drehte mich zu Gaston um. Er war zu dem Penner gegangen, der sich von seiner Pappe erhoben hatte. Gaston sprach leise mit ihm, bevor er zu mir zurückkehrte.
»Achtung, da sind sie schon. Jetzt schön die Klappe halten.« Er strahlte die beiden Neuankömmlinge an und schüttelte ihnen die Hand. »Madame! Monsieur! Ich freue mich, dass Sie gekommen sind! Sie werden es nicht bereuen!« Er zeigte auf mich. »Meine Assistentin
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