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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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warten, was als Nächstes geschah. Mit fliegenden Röcken drehte ich mich um die eigene Achse und ließ den Ort des Geschehens mit Lichtgeschwindigkeit hinter mir.
    Dummerweise kam ich nur zwei Schritte weit. Dann rannte ich in Giovanni Malipiero hinein. Er packte mich einfach mitten im Lauf und schubste mich in das Boot, wo mir im nächsten Augenblick doch noch der Sack über den Kopf geworfen wurde. Schlagartig war es dunkel um mich herum.
    »Das hätten wir gleich so machen sollen«, sagte der Kerl im Boot, während er einen Strick um meinen Oberkörper wand und gleichzeitig versuchte, mir den Mund zuzuhalten. Das Sackleinen wurde mir vors Gesicht und zwischen die Zähne gedrückt. Es stank widerlich nach Fisch.
    Ich wand mich und zappelte herum, bis es mir gelang, mein Gesicht wegzudrehen.
    Neben mir hörte ich ein Platschen und ein Fluchen, woraus ich schloss, dass Alvise gerade aus dem Kanal ins Boot geklettert kam.
    »Miststück«, knurrte er. »Dafür wird es jetzt besonders wehtun.«
    Ich hatte bereits tief Luft geholt, um den lautesten Schrei meines Lebens auszustoßen, doch leider brachte ich den nicht mehr zustande. Ein harter Schlag traf mich seitlich am Kopf. Ich merkte noch, wie ich zur Seite fiel, während rote Wirbel vor meinen Augen kreisten. Dann wurde alles von tiefer Schwärze ausgelöscht.

    Als ich aufwachte, war mir übel. Ich schaffte es gerade noch, mich zur Seite zu drehen, bevor ich mich übergab.
    Anschließend richtete ich mich würgend auf, gegen weitere Anfälle von Brechreiz ankämpfend. Ich atmete tief durch, bis die Übelkeit endlich verflog, wobei ich bemerkte, dass es besser war, wenn ich mich nicht zu schnell bewegte.
    Wo immer ich mich befand, es war dunkel und feucht. In der Nähe hörte ich Kanalwasser gluckern. Allmählich passten sich meine Augen den dürftigen Lichtverhältnissen an und ich merkte, dass es nicht völlig finster war, sondern dass von einer Stelle, die sich außerhalb meines Gefängnisses befand, ein schwacher Lichtschein hereindrang.
    Es half mir, die Umrisse meiner Umgebung auszumachen, zuerst nur schwarze Schatten vor dunkelgrauem Grund, dann nach und nach erkennbare Einzelheiten. Die aus groben Ziegeln gemauerte Wand, an der ich lehnte. Die steinerne Bank zu meiner Rechten. Das eiserne Geländer vor mir. Die bogenförmige Fläche, die sich gegen die Dunkelheit abhob, und dahinter schließlich die schwarz schimmernde Wasseroberfläche des Kanals.
    Der Raum, in dem ich mich befand, kam mir bekannt vor. Mühsam zog ich mich auf die Füße und hielt mich an dem Geländer fest. Vorsichtig betastete ich die schmerzende Stelle an meinem Kopf, doch außer einer gewaltigen Beule fühlte ich keine Verletzungen.
    Ich spähte durch die Dunkelheit und versuchte, mich zu konzentrieren. Ich war schon einmal hier gewesen! Am Abend des Balls! Es war der Wassersaal im Haus von Trevisan.

    Ich war nicht eingesperrt, niemand hielt mich auf, als ich den Wassersaal durch den nächstbesten Durchgang verließ. Stolpernd und mit brummendem Schädel erreichte ich nach einigem Herumirren das Zwischengeschoss des Gebäudes, wo mir eine verschreckte Magd in den Weg trat. Ihr lauter Schrei alarmierte den Diener, der mich am Vortag eingelassen hatte. Mit einer flackernden Kerze eilte er herbei und baute sich vor mir auf.
    Befremdet musterte er mich von oben bis unten und ich ahnte, dass ich alles andere als vertrauenswürdig aussah.
    Endlich erkannte er mich. »Ihr seid es!«
    »Ich muss Messèr Trevisan sprechen.«
    Schon wieder?, sagte sein indignierter Blick, doch er verkniff sich eine ablehnende Bemerkung und sagte nur höflich: »Mein Herr wurde zu wichtigen Geschäften fortgerufen.«
    »Wann?«, platzte ich heraus.
    »Ganz kurz nach Eurem Aufbruch.«
    »Ihr meint, er ist zum Gefängnis gegangen, um dort die wichtigen Geschäfte zu erledigen?«
    »Davon ist mir nichts bekannt. Ein Bote kam mit einer Nachricht, worauf mein Herr augenblicklich aufbrach. Wohin, weiß ich leider nicht, desgleichen nicht, wann er zurückkehrt.«
    Alvise, dachte ich benommen. Auch hier hatte er wieder seine Hände im Spiel! Eine gefälschte Botschaft, um Trevisan in eine Falle zu locken.
    Nur – warum hatte er mich hier abgeladen?
    Weil er genau wusste, dass Trevisan nicht hier war und vorerst nicht wiederkommen würde. Und weil er es spaßig fand, mich das herausfinden zu lassen. Es entsprach ganz seiner verdrehten Art von Humor. Sicher lachte er sich jetzt irgendwo ins Fäustchen und malte sich aus,

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