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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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bis­her noch nie dort ge­we­sen und muß­te des­halb mei­nen Weg dort­hin ge­nau stu­die­ren, da­mit ich zwi­schen den Trans­port­er­hal­te­stel­len so we­nig wie mög­lich zu lau­fen hat­te. Es wa­ren ins­ge­samt drei­ßig Ki­lo­me­ter; ich brauch­te fast ei­ne Stun­de, bis ich da war, und ich brauch­te nicht oft zu Fuß ge­hen, weil der größ­te Teil der di­rek­ten Ver­bin­dun­gen noch in­takt war.
    Der Mann hieß Ray­mond. Ray­mond Was oder Was Ray­mond, das ha­be ich nie er­fah­ren. Ich hat­te schon vor­her mit ihm ge­spro­chen, aber nur über einen Bild­schirm. Man traf kaum je­man­den per­sön­lich: nur die, mit de­nen man zu­sam­men ar­bei­te­te… oder leb­te. Es war ein­fa­cher so. Nie­mand mach­te Be­su­che, und nie­mand hat­te das Be­dürf­nis da­zu. Die Tat­sa­che, daß Ray­mond mich per­sön­lich zu sich ge­be­ten hat­te, deu­te­te dar­auf hin, daß es sich um ei­ne un­ge­wöhn­li­che Si­tua­ti­on han­del­te. Ich war da­her mehr als leicht be­un­ru­higt und hat­te Angst da­vor, ihn von An­ge­sicht zu An­ge­sicht zu tref­fen.
    Die Ent­fer­nun­gen un­ter der Er­de wa­ren enorm, und die Leu­te dort leb­ten und ar­bei­te­ten weit von­ein­an­der ent­fernt. Ich neh­me an, es war ur­sprüng­lich vor­ge­se­hen, daß die Be­ob­ach­ter di­rekt un­ter der Ge­mein­de woh­nen soll­ten, die sie be­ob­ach­te­ten. Das war in­zwi­schen nicht mehr so, aber man hät­te al­les bes­ser zen­tra­li­sie­ren kön­nen. Wir hät­ten uns dann öf­ter ge­trof­fen, hät­ten das Ge­fühl, daß wir nicht un­se­re Zeit ver­schwen­de­ten, und au­ßer­dem hät­te man die De­ser­teu­re bes­ser un­ter Kon­trol­le ge­bracht. Die Ent­wick­lung hat­te schon ein­ge­setzt, be­vor Ers­ter an die Macht ge­kom­men war, aber er hat­te sie vor­an­ge­trie­ben. Ich war si­cher, daß er da­für sei­ne Grün­de hat­te, und halb und halb glaub­te ich an das, was wir an­geb­lich mach­ten. Au­ßer­dem rech­ne­te ich mir aus, daß es weitaus klü­ger war, sich auf die Sei­te des Ers­ten statt ge­gen ihn zu stel­len – be­son­ders wenn ich dar­an dach­te, wie es ihm im­mer wie­der ge­lang, je­den, der sich ge­gen ihn stell­te, un­schäd­lich zu ma­chen. Wie das letz­te Mal. Ich hat­te da­mals bei­na­he al­les ver­dor­ben und ih­nen da­mit die Mög­lich­keit ge­ge­ben zu ent­kom­men, und das war auch der Grund, warum ich un­ten be­schäf­tigt war. Trotz­dem hat­te Ers­ter kei­nen über­rasch­ten Ein­druck ge­macht, als ich ihm mei­nen Irr­tum mel­de­te, und er hat­te schon ein paar wei­te­re Män­ner los­ge­schickt, um die Sa­bo­teu­re un­schäd­lich zu ma­chen. Es war ih­nen al­ler­dings schon ge­lun­gen, ei­ni­ge hun­dert Schir­me für im­mer zu zer­stö­ren, ei­ne Zahl, der je­doch kaum Be­deu­tung zu­kam, wenn man sie mit der Zahl von Schir­men ver­glich, die un­be­ob­ach­tet blie­ben, weil zu we­nig Leu­te da wa­ren, um die Ar­beit zu über­neh­men. Al­les wur­de nun auf­ge­zeich­net und von Com­pu­tern be­ob­ach­tet, aber an­geb­lich war nur ein wirk­li­cher Be­ob­ach­ter in der La­ge, früh­zei­tig ge­nug zu er­ken­nen, daß et­was nicht in Ord­nung war.
    Das war Ge­schich­te. Was jetzt zu un­ter­su­chen war, das war die Af­fä­re mit dem Mäd­chen aus dem Dorf. Wie kam es, daß Ray­mond nicht wuß­te, wer sie war? Das frag­te ich ihn auch, so­bald ich dort an­kam.
    „Ich ha­be noch wei­te­re Nach­prü­fun­gen an­ge­stellt“, sag­te er mir, „und mir die Bän­der an­ge­se­hen, die wir von dem Dorf ha­ben.“ Er drück­te auf ein paar Knöp­fe. „Jetzt auf­pas­sen.“
    Ein großer Wand­schirm. Ich paß­te auf. Das Bild zeig­te in bril­lan­ter Far­be ei­ne Frau von un­ge­fähr zwan­zig Jah­ren, die aus der Haus­tür ei­nes Hau­ses her­aus­kam und über die Stra­ße ging. Sie ver­ließ den Blick­win­kel der Ka­me­ra.
    „Spu­len Sie das zu­rück“, sag­te ich, „und stop­pen Sie ihr Bild.“
    Ich wuß­te schon, daß sie der Vor­wand für die Schlacht ge­we­sen war, der Grund da­für war nicht schwer zu er­ken­nen. Wie die meis­ten an­de­ren Bau­ers­frau­en trug sie einen Rock aus schwe­rem, aus­ge­fran­s­tem Stoff und ei­ne schlecht ge­schnit­te­ne Blu­se von

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