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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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ha­be.“
    Der Kö­nig nick­te und sag­te dann zu den Wa­chen: „Bringt ihn weg.“
    „Aber…“, pro­tes­tier­te der Mann, als die Sol­da­ten ihn rück­wärts zur Tür schlepp­ten. „Er hat mich ge­warnt, ich sol­le mei­nen Mund hal­ten, wenn ich wüß­te, was gut für mich ist – wenn nicht, wür­de es mir schlecht er­ge­hen. Trotz­dem ha­be ich ge­wußt, was mei­ne Pflicht ist, und ich hat­te ge­hofft, daß Ihr…“ Dann war er aus dem Au­di­enz­raum her­aus, und sei­ne Stim­me wur­de ab­ge­schnit­ten, als die Schwing­tür wie­der zu­fiel.
    An­ders, La­wrence. Und jetzt – wie war sein Na­me – Res­nais. Al­le tot. An­ders in der Schlacht ge­fal­len; La­wrence von Res­nais um­ge­bracht; Res­nais in ei­nem Stall von ei­nem un­be­kann­ten Zau­be­rer ge­tö­tet, der weg­ge­rit­ten war. Na­po­le­on wuß­te nach der Be­schrei­bung des Kamp­fes zwi­schen den bei­den, daß er ein Zau­be­rer war – sie al­lein be­sa­ßen Zau­ber­stä­be. Warum soll­te ein an­de­rer Zau­be­rer Res­nais um­brin­gen? Wahr­schein­lich war er der Hoch­stap­ler ge­we­sen, und sein Tod war die Ra­che für den Mord an La­wrence. Wenn die Sa­che so stand, warum war der Mann dann weg­ge­rit­ten? Der loth­rin­gi­sche Kö­nigs­hof hat­te kei­nen Zau­be­rer, zu­min­dest zur Zeit. Wür­de sich nun ein an­de­rer Zau­be­rer dem Kö­nig vor­stel­len oder nicht?
    Dann wa­ren da noch die Be­rich­te über ver­schie­de­ne Ar­ten von Un­ge­heu­ern und selt­sa­men Tie­ren, die im ge­sam­ten Kö­nig­reich ihr Un­we­sen trie­ben, dar­un­ter ei­nes, das an­geb­lich gan­ze Dör­fer auf­fraß – aber das woll­te Na­po­le­on doch nicht so recht glau­ben.
    Er wand­te sich ei­nem Haupt­mann sei­ner Ar­mee zu. „Er­zählt mir noch ein­mal, wie groß es war.“
    „So groß wie ein Haus, Si­re.“
    „Und es ist aus dem Bo­den ge­stie­gen?“
    „So ist es“, stimm­te der Sol­dat zu. „Es hat mit sei­nen rie­si­gen Zäh­nen die Er­de selbst auf­ge­ris­sen.“
    „Und Ihr seid weg­ge­lau­fen und habt den Mann ent­kom­men las­sen, den Ihr ver­folgt hat­tet?“
    „Nein, Si­re!“ Er sah sich em­pört in dem Raum um, als su­che er nach je­man­dem, der es wag­te, das eben­falls zu glau­ben. „Es nahm ihn und sein Pferd in sein gi­gan­ti­sches Maul, und ob­wohl wir es an­grif­fen, ver­schwand es im Bo­den, aus dem es ge­kom­men war.“
    „Und den Mann und sein Pferd hat es mit­ge­nom­men?“
    „Ja.“
    „Hat es ein Loch ge­las­sen?“
    „Loch“, wie­der­hol­te der Haupt­mann, des­sen Vor­na­me Raul war, „Eu­er Ma­je­stät?“
    Na­po­le­on nick­te. „Wo es her­aus­ge­kom­men und wie­der ver­schwun­den ist. Ein Tun­nel zum Mit­tel­punkt der Er­de, durch den Ihr es hät­tet ver­fol­gen kön­nen.“
    „Nein, Si­re.“
    „Das ha­be ich mir ge­dacht.“
    Sie wuß­ten noch nicht ein­mal ge­nau, wer der Mann ge­we­sen war. Nach ei­nem Be­richt ein Saar­län­der. Was hat­te er in Ver­dun zu tun? War er wirk­lich ge­kom­men, um den Haupt­mann um­zu­brin­gen, da­mit es kei­ne Über­le­ben­den der Schlacht gab? Wenn das der Fall war, dann hat­te er je­den­falls Er­folg ge­habt. Warum aber war er dann nach Wes­ten ge­rit­ten und nicht zu­rück ins Saar­land? Und wo war er jetzt? Hat­te ihn wirk­lich ei­ne un­ter­ir­di­sche Bes­tie mit­ge­nom­men, oder war das ei­ne Lü­gen­ge­schich­te, die die Sol­da­ten er­fun­den hat­ten, weil es ih­nen nicht ge­lun­gen war, ihn zu fan­gen? Na­po­le­on hat­te noch nie et­was da­von ge­hört, daß sol­che We­sen un­ter der Er­de leb­ten. Zwer­ge und ähn­li­che Scheuß­lich­kei­ten, na­tür­lich, aber nicht haus­ho­he Bes­ti­en mit Zäh­nen so groß wie Säu­len.
    Und hat­te er nicht den Be­fehl ge­ge­ben, daß der frag­li­che Haupt­mann fest­ge­nom­men wer­den soll­te? Wel­ches Recht hat­te er da­zu, sich in ei­nem Wirts­haus um­brin­gen zu las­sen? Viel­leicht hat­ten die Wa­chen sei­nen Be­fehl falsch ver­stan­den. Im Mo­ment gab es ei­ne Men­ge, wor­an er sich nicht mehr er­in­nern konn­te. Die­se Frau zum Bei­spiel – war sie nicht ur­sprüng­lich mit dem to­ten Haupt­mann her­ge­kom­men?
    Er hat­te den Be­fehl ge­ge­ben, sie zu fin­den, oder nicht? Oder hat­te

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