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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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war, und dann muß­ten er und die an­de­ren die neue Si­tua­ti­on ak­zep­tie­ren. Nur ganz am An­fang ih­rer Be­zie­hung hat­te sie ver­sucht, ih­re Rol­le zu dis­ku­tie­ren und sich dar­über zu un­ter­hal­ten, was sie wirk­lich zu tun hat­ten. Er hat­te durch sei­ne Ant­wor­ten an­ge­deu­tet, daß er nicht dar­über spre­chen woll­te – viel­leicht dach­te er, sie woll­te ihn in ei­ne Fal­le lo­cken oder ih­re Woh­nung wür­de ab­ge­hört. Nach al­lem, was sie wuß­te, konn­te er durch­aus mit ih­rem An­lie­gen sym­pa­thi­sie­ren. Mit großer Wahr­schein­lich­keit tat er das so­gar. Je­der konn­te se­hen, daß es nicht so funk­tio­nier­te, wie es be­ab­sich­tigt war.
    In dem grö­ße­ren Zim­mer war je­mand. Er war zu­rück, sie konn­te sei­ne Be­we­gun­gen in der Dun­kel­heit hö­ren. Hat­te er das Licht ab­sicht­lich nicht an­ge­schal­tet, um sie zu über­ra­schen?
    Sie fand den Schal­ter an der Wand und drück­te dar­auf.
    Die Ge­stalt stand drei Me­ter ent­fernt.
    Groß, breit­schult­rig, grin­send, nackt, schwarz.
    Nicht Da­vid.
    Die Ge­stalt ging einen Schritt auf Son­ya zu.
    Sie ver­such­te zu schrei­en.
    Mein meis­ter­haf­ter Plan hat­te nur ei­ne schwa­che Stel­le: von An­gel. Was soll­te ich ihn aus­füh­ren, wenn er im­mer da­bei war? Viel­leicht hät­te ich ihn ir­gend­wo ver­lie­ren sol­len, al­ler­dings nicht mit Ge­walt, weil ich ihn ganz gern moch­te. Ich ent­schloß mich da­zu, die­ses Pro­blem zu lö­sen, wenn es so­weit wä­re, aber ich warn­te ihn:
    „Wenn wir dort­hin kom­men, sagt Ihr kei­nen Ton. Ver­stan­den?“
    „Ja.“
    „Ihr macht nichts, bis ich es Euch sa­ge.“
    „Ja“, sag­te er in ge­nau dem glei­chen ge­lang­weil­ten Ton­fall.
    „Ich mei­ne das ernst. Un­ge­hor­sam könn­te den Tod be­deu­ten.“ Das hör­te sich zwar über­dra­ma­tisch an, war aber die Wahr­heit.
    „Ja.“
    Dann war da noch mein Kom­mu­ni­ka­tor. Ich hat­te zwar nicht die An­wei­sung er­hal­ten, in Ver­bin­dung zu blei­ben, aber auf der an­de­ren Sei­te hat­te ich so gut wie gar kei­ne An­wei­sun­gen er­hal­ten. Ich konn­te ja ei­ne Ge­schich­te er­fin­den: daß er de­fekt ge­we­sen sei, oder daß ich be­fürch­tet hat­te, je­der Ruf wür­de ab­ge­fan­gen. Da­zu reich­te mei­ne Phan­ta­sie schon aus – und wenn ich hier­blieb, frei­wil­lig oder nicht, dann wür­de ich oh­ne­hin kei­ne Aus­re­de brau­chen.
    Es war in der nächs­ten Stadt, ganz ein­fach zu fin­den. Wir muß­ten uns nur nach dem Ge­bäu­de um­se­hen, das am größ­ten, am we­nigs­ten ver­fal­len und am bes­ten be­wacht war: In die­sem Fall schi­en es sich um ein ehe­ma­li­ges Bahn­hofs­ho­tel zu han­deln, ob­wohl die Schie­nen schon vor lan­ger Zeit ent­fernt wor­den wa­ren, da­mit sie nicht da­zu be­nutzt wer­den konn­ten, dar­aus… ir­gend et­was zu ma­chen.
    Von An­gel hat­te Angst, und auch von mir konn­te man nicht sa­gen, daß ich vol­ler un­bän­di­ger Freu­de ge­we­sen wä­re. Der Saar­län­der muß­te schon Ge­rüch­te über die flä­mi­schen ‚Zau­be­rer’ ge­hört ha­ben – Ge­schich­ten über ih­re Be­zie­hun­gen zu Gno­men und bö­sen Geis­tern, über ih­re über­na­tür­li­chen Kräf­te, dar­über, was sie mit de­nen an­fin­gen, die sie nur im ge­rings­ten är­ger­ten, und über das schreck­li­che Ge­schick der Scha­ren von zar­ten jun­gen Mäd­chen, die in ih­ren Fes­tun­gen ver­schwan­den. Und so wei­ter. Ge­schich­ten, die ur­sprüng­lich wir ver­brei­tet hat­ten, weil wir den Ver­such un­ter­neh­men woll­ten, die Leu­te hier oben da­zu zu brin­gen, sich ge­gen die Fla­men zu weh­ren, die aber im Ver­lauf ih­rer Ver­brei­tung aus­ge­schmückt und ver­zerrt wor­den wa­ren und die, wenn über­haupt, nun das Ge­gen­teil be­wirk­ten. Ir­gend je­mand hat­te da­mit an­ge­fan­gen, die­se Ge­schich­ten zu ver­brei­ten, und das war dann be­liebt ge­wor­den. Wir hat­ten nie auch nur einen ein­zi­gen Schritt un­ter­nom­men, um den Er­eig­nis­sen in Flan­dern ei­ne an­de­re Wen­dung zu ge­ben, auch der Ers­te nicht, und da­her war er wohl auch nicht für die­se Ge­schich­ten ver­ant­wort­lich. Wenn er et­was da­ge­gen un­ter­nom­men hat­te, dann

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