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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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und ihn dann in die Un­ter­welt ver­schleppt. Ei­ne Zeit­lang war er mit der Vor­stel­lung zu­frie­den, daß er tot sei, ob­wohl das al­les nicht im ge­rings­ten dem ent­sprach, was die Pries­ter er­zähl­ten. Bald aber wur­de ihm klar, daß er noch im­mer leb­te und at­me­te und Schmer­zen fühl­te und Hun­ger spür­te. Gno­me hat­ten ihn tief ins In­ners­te der Er­de ver­schleppt. Er wuß­te jetzt si­cher, daß zu­min­dest ein Teil der Zau­be­rer mit den Be­woh­nern der un­ter­ir­di­schen Ge­fil­de ver­bün­det wa­ren; viel­leicht stamm­ten sie al­le von hier, wohn­ten in dunklen Tun­nels und be­weg­ten sich in Kar­ren vor­wärts, die von selbst los­ga­lop­pier­ten.
    Er hat­te kei­ne Ah­nung, warum er hier­her­ge­bracht wor­den war. In der letz­ten Stun­de hat­te er Be­wußt­lo­sig­keit vor­ge­täuscht, wäh­rend ei­ner der Gno­me sich mit sei­nem Kör­per be­schäf­tig­te oder in der Höh­le her­um­lief. Er sah ge­nau wie ein Mensch aus, aber von An­gel ließ sich da­von nicht täu­schen. Nur mit der größ­ten An­stren­gung hat­te er sich da­von ab­hal­ten kön­nen, laut auf­zu­schrei­en, wenn er mit sei­nen schlei­mi­gen Pfo­ten sein nack­tes Fleisch be­rühr­te.
    Und jetzt woll­te er flie­hen. Er wuß­te noch nicht, wo­hin oder wie; aber es war klar, daß er hier nicht mehr viel län­ger blei­ben konn­te, oh­ne daß sie ihm et­was ta­ten.
    Der Gang war be­leuch­tet, aber er ging trotz­dem vor­sich­tig hin­durch, hielt sich na­he an der Wand und um­klam­mer­te fest sein Schwert. Er frag­te sich, wo sein Weg hin­führ­te; wenn er aber weit ge­nug ging, muß­te er doch si­cher zu ei­ner Trep­pe kom­men, die ihn zu­rück an die Ober­flä­che und zur Nor­ma­li­tät brin­gen wür­de.
    Täusch­te er sich, spiel­ten sei­ne Au­gen ihm einen Streich, oder wur­de es wirk­lich vor ihm dunk­ler? Er schau­te zu­rück. Hin­ter ihm sah es deut­lich hel­ler aus. Trotz­dem kratz­te er die letz­ten Res­te sei­nes Muts zu­sam­men und schritt bei­na­he kühn wei­ter.
    Als er ei­ne Kreu­zung er­reich­te, an der ein an­de­rer Gang ab­zweig­te, er­schi­en von der Sei­te ei­ne selt­sa­me men­schen­ähn­li­che Ge­stalt – ih­re Au­gen wa­ren rie­sig und starr­ten ihn an wie ein Frosch. We­ni­ger als zwei Schrit­te von­ein­an­der ent­fernt blie­ben Rit­ter und Froschmensch ste­hen und starr­ten ein­an­der an.
    Bei­de dreh­ten sich im sel­ben Au­gen­blick um und rann­ten in die Rich­tung zu­rück, aus der sie ge­kom­men wa­ren.
     
     
    In den nächs­ten Stun­den hat­te ich viel zu tun und konn­te da­her von An­gel nicht so bald ab­ho­len, wie ich das er­war­tet hat­te. Ein ein­zi­ger An­ruf hat­te mir ver­ra­ten, wo er war und daß er nicht schwer ver­letzt war. Die Zeit ver­ging, wäh­rend ich mich über Afri­ka in­for­mier­te, mir Kar­ten und ähn­li­ches ver­schaff­te und ein paar Ar­ti­kel las. Ich muß­te au­ßer­dem da­für sor­gen, daß vier Pfer­de zu ei­nem Treff­punkt weit im Sü­den ge­bracht wur­den. Ei­nes für je­den und zwei wei­te­re als Trag­pfer­de für un­se­re Aus­rüs­tung. Wir wür­den lan­ge weg­blei­ben, und un­ter­wegs wür­den wir kei­ne Mög­lich­keit ha­ben, uns mit dem zu ver­sor­gen, was wir brauch­ten. Dort, wo wir hin­woll­ten, leb­te schon seit sehr lan­ger Zeit nie­mand mehr.
    Als ich im Kran­ken­haus an­kam, war der Saar­län­der fort.
    „Fort?“ frag­te ich.
    „Ja“, sag­te der Arzt. „Ich bin zu­rück­ge­kom­men, und da war er nicht mehr da.“
    „Ha­ben Sie ihn al­lein ge­las­sen?“
    „Al­so…“
    Zu Fuß konn­te er nicht weit ge­kom­men sein, aber wel­che Rich­tung hat­te er wohl ein­ge­schla­gen? Ich stand zö­gernd in der Tür und ver­such­te zu ent­schei­den, wo­hin ich ge­hen soll­te, als ein all­ge­mei­ner Be­richt über den Schirm kam: Ein Be­ob­ach­ter war von ei­nem nack­ten An­dro­iden ver­folgt wor­den, der ein Schwert trug – nur die­ses Mal war er weiß statt schwarz ge­we­sen. Ei­ne Über­tra­gung, die ge­nau zur rech­ten Zeit kommt, dach­te ich.
    Das muß­te von An­gel sein. Ich hol­te mir ei­ne Impf­pis­to­le, die mit ei­nem Be­täu­bungs­mit­tel ge­la­den war, und mach­te mich auf die Su­che. Es war nicht schwer, ihn zu

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