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Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)

Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
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Saint-Just tun«, erwiderte ich besonnen, »aber wenn ich ihn getötet hätte, würde schon morgen der nächste Fanatiker nachrücken und seinen Platz einnehmen. Ich denke, dass das französische Volk selbst entscheiden soll, welchen Weg diese Revolution gehen soll.«
    Miguel nickte zustimmend. »Vermutlich hast du recht. Wir haben uns bislang stets dagegen entschieden, unsere Unverwundbarkeit dahin gehend zu missbrauchen, gravierenden Einfluss auf irgendwelche politischen Entwicklungen zu nehmen. Ich wäre ebenso verfahren.«
    Maddy sah ihn kurz nachdenklich an, dann stimmte sie ihm zu und auch Giles nickte schließlich zögernd.
    Knapp einen Monat später entschieden die Franzosen dann, dass sie nicht länger den Weg der Terrorherrschaft von Robespierre und Saint-Just gehen wollten. Das Parlament ordnete die Verhaftung und Hinrichtung der beiden an. Saint-Just hätte sich sicherlich beidem sehr leicht widersetzen können. Doch offenbar war er tatsächlich gewillt, seinem Idol Robespierre in den Tod zu folgen und ließ sich widerstandslos guillotinieren.
     
    Nach der Hinrichtung von Saint-Just und Robespierre konnten die zuvor noch von ihnen verfolgten gemäßigteren Revolutionäre wieder in den Nationalkonvent zurückkehren.
    Mit einigen jener gemäßigteren Aktivisten – unter ihnen der Journalist Louis-Sébastien Mercier und der deutsche Schriftsteller Gustav Graf von Schlabrendorf – trafen wir uns auch zum gelegentlichen Gedankenaustausch und kritischen Gesprächen über die Entwicklung der Revolution. Über von Schlabrendorf machte ich auch die Bekanntschaft von Mary Wollstonecraft, einer englischen Schriftstellerin, die sich für die Rechte der Frauen einsetzte. Mit Begeisterung las ich ihr Werk Verteidigung der Rechte der Frau , in dem sie sich für die Gleichberechtigung von Mann und Frau und für ein Recht der Frauen auf Bildung aussprach. Ich selbst hatte zwar insgesamt schon einige Jahrzehnte an Hochschulbildung genossen, doch war mir dies ja stets nur möglich gewesen, weil ich mich in jenen Zeiten als Mann verkleidet hatte. Ich konnte es ebenso wenig wie Mary Wollstonecraft einsehen, warum der Zugang zum Wissen den Frauen nach wie vor verwehrt werden sollte. Daher freundeten Maddy und ich uns recht rasch mit ihr an und führten mit ihr so manches angeregte Gespräch.
    In Paris entbrannte indes schon bald ein neuer Krieg zwischen radikaldemokratischen Gruppen einerseits und Royalisten, die die Rückkehr zur Königsherrschaft anstrebten, andererseits.
    Anfang Oktober 1795 starteten die Royalisten einen Aufstand, der von regierungstreuen Soldaten unter der Führung des 26-jährigen Generals Napoleon Bonaparte niedergeschlagen wurde. Damit startete Bonaparte eine beispielhafte militärische Karriere, die 4 Jahre später in einem Staatsstreich gipfeln sollte, durch den er die Macht in Frankreich übernahm und die Revolution für beendet erklärte.
     
    Giles hatte sich von dem Anschlag des Nationalgardisten tatsächlich sehr schnell erholt. Bereits einen Tag später war er mit mir im Bois de Vincennes auf Hirschjagd und schien von seiner Verwundung nichts mehr zu spüren.
    Es machte Spaß, gemeinsam mit Giles zu jagen und etwas wehmütig fühlte ich mich an unsere früheren Jagdausflüge im Richmond Park erinnert. Nachdem wir uns beide ausgiebig gesättigt hatten, gingen wir noch ein bisschen im nächtlichen Wald spazieren und ich hing meinen Gedanken an frühere Zeiten nach.
    »Vermisst du Francisco?«, fragte Giles plötzlich in die Stille hinein.
    Überrascht sah ich ihn an. »Ja, ein wenig«, gab ich ehrlich zu.
    Er erwiderte meinen Blick auf eine Weise, die ich nicht zu deuten vermochte. »Hast du mich auch vermisst?«, fragte er dann.
    Wie konnte ich ihn nicht vermisst haben? Diese unergründlich schimmernden Augen, mit denen er mich auch jetzt wieder ansah, hatten mich in so manch einsamer Nacht verfolgt. »Sehr!«, antwortete ich leise.
    Überrascht schnappte ich nach Luft, als er mich daraufhin in seine Arme riss und an sich drückte. »Ich habe dich auch ganz schrecklich vermisst«, erklärte er mit rauer Stimme, »doch ich wollte dir und Francisco auch nicht im Weg stehen. Ich wusste einfach nicht, wie sehr sich deine Gefühle für mich vielleicht schon abgekühlt und stattdessen vielleicht für ihn erwärmt hatten.«
    Ich sah ihn aufgewühlt an. »Meine Gefühle für dich waren nicht immer frei von Zorn«, sagte ich leise, »aber sie waren nie kalt.«
    Daraufhin presste er seine Lippen zu

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