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Zeitlose Zeit

Zeitlose Zeit

Titel: Zeitlose Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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»Nein, am liebsten würde ich im Boden versinken.«
»Infantile Schuldgefühle«, sagte Junie verächtlich.
»Angst. Nichts als Angst.«
»Du schämst dich.«
»Nein. Infantile Angst. Erwachsene Angst.«
»›Erwachsene Angst‹«, schnaubte Junie. »So etwas gibt es nicht.«
»Doch, das gibt es.«
    Garret legte ein frisches Badetuch auf die Stuhllehne, dazu einen Waschlappen und ein verpacktes Stück Seife.
»Sie werden ohne Schlafanzug auskommen müssen«, sagte er. »Das Badezimmer finden Sie dort.« Er öffnete eine Tür, und Ragle blickte in einen schmalen Flur, der zu einem engen, schrankartigen Bad führte.
»Fein«, sagte Ragle. Der Alkohol hatte ihn schläfrig gemacht. »Danke. Wir sehen uns morgen.«
»Im Hobbyraum sind Bücher und Zeitschriften genug. Falls Sie nicht schlafen können und lesen wollen. Und ein Schachspiel und andere Spiele. Aber nichts für eine Person allein.« Er entfernte sich. Ragle hörte seine Schritte, als er zum Erdgeschoß hinaufstieg. Die Tür an der Treppe klappte zu.
Ragle setzte sich aufs Bett, zog seine Schuhe aus und ließ sie auf den Boden fallen. Dann suchte er nach einem Platz für sie. Er entdeckte ein Wandbrett; darauf standen eine Lampe, ein Wecker und ein kleines Radiogerät aus Kunststoff.
Er zog die Schuhe sofort wieder an, knöpfte sein Hemd zu und lief hinaus zur Treppe.
Sie hätten mich beinahe getäuscht. Aber sie haben sich verraten. Er nahm zwei Stufen auf einmal und öffnete die Tür. Seit Garret Kesselman hinaufgegangen war, konnten kaum zwei Minuten vergangen sein. Ragle stand in der Diele und lauschte. Von irgendwoher hörte er Mrs. Kesselmans Stimme.
Sie setzt sich mit ihnen in Verbindung. Ruft sie an oder sendet. Das eine oder das andere. So leise wie möglich schlich er durch den Flur, auf den Klang ihrer Stimme zu. Der dunkle Flur endete an einer halb geöffneten Tür. Licht flutete heraus, und er blickte in ein Eßzimmer.
Mrs. Kesselman trug Morgenmantel und Hausschuhe, die Haare in einem Turban, und fütterte einen kleinen, schwarzen Hund aus einer Schüssel am Boden. Sie und der Hund zuckten zusammen, als Ragle die Tür aufstieß. Der Hund wich zurück und begann zu bellen.
»Oh«, sagte Mrs. Kesselman. »Sie haben mich erschreckt.« Sie hielt eine Dose Hundekuchen in der Hand. »Brauchen Sie etwas?«
»In meinem Zimmer steht ein Radio«, sagte Ragle.
»Ja.«
»So verständigen sie sich«, sagte Ragle.
»Wer?«
»Sie«, sagte er. »Ich weiß nicht, wer sie sind, aber sie sind überall. Sie sind hinter mir her.« Und du und dein Sohn, ihr gehört auch dazu, dachte er. Ihr hättet mich beinahe hereingelegt. Euer Pech, daß ihr das Radio vergessen habt. Aber wahrscheinlich reichte die Zeit nicht.
Garret tauchte aus dem Flur auf.
»Alles in Ordnung?« fragte er besorgt.
»Mach die Tür zu, damit ich mit Mr. Gumm alleine reden kann«, sagte seine Mutter.
»Ich will ihn hier haben«, sagte Ragle. Er ging auf Garret zu, der blinzelte und mit hilflos rudernden Armen zurückwich. Ragle schloß die Tür. »Ich kann nicht feststellen, ob ihr mitgeteilt habt, daß ich hier bin. Ich muß mich darauf verlassen, daß ihr noch keine Zeit dazu gehabt habt.« Ich weiß nicht, wo ich sonst hin soll, dachte er. Jedenfalls heute nacht nicht.
»Worum geht es denn?« fragte Mrs. Kesselman. Sie bückte sich und fütterte wieder den Hund, der noch ein paarmal bellte und dann weiterfraß. »Sie werden von Leuten verfolgt und behaupten, wir gehörten dazu. Dann ist das mit Ihrem ›Selbstmord‹ eine Erfindung.«
»Eine Erfindung, ja.«
»Weshalb verfolgt man Sie?« wollte Garret wissen.
»Weil ich der Mittelpunkt des Universums bin«, sagte Ragle. »Das entnehme ich jedenfalls ihrem Verhalten. Sie tun so, als wäre ich es. Sie haben sich riesige Mühe gemacht, eine falsche Welt um mich aufzubauen, damit ich friedlich bleibe. Gebäude, Autos, eine ganze Stadt. Sieht natürlich aus, ist aber völlig unwirklich. Was ich nicht verstehe, ist das Preisausschreiben.«
»Oh«, sagte Mrs. Kesselman. »Ihr Preisausschreiben.«
»Offensichtlich spielt es bei ihnen eine entscheidende Rolle. Aber ich kenne mich nicht aus. Wissen Sie es?«
»Ich weiß nicht mehr als Sie«, sagte Mrs. Kesselman. »Wir hören natürlich immer wieder, daß diese großen Wettbewerbe abgekartet sind ... aber außer den üblichen Gerüchten ...«
»Ich meine, wissen Sie, was das Preisausschreiben wirklich ist?«
Sie schwiegen beide. Mrs. Kesselman wandte ihm den Rücken zu und fütterte den Hund. Garret ließ

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