Zeitoun (German Edition)
Gonzalez war ein Polizist aus Albuquerque, New Mexico.
Polizisten aus anderen Bundesstaaten durften keine Festnahmen vornehmen, wie Kathy erfuhr, daher musste bei jeder Festnahme zusätzlich zu Nationalgardisten oder auswärtigen Polizisten ein Beamter aus New Orleans zugegen sein. Kathy und Zeitoun beschlossen, Donald Lima, den im Festnahmeprotokoll aufgeführten Beamten, in ihrer Zivilklage zu benennen. Der Anwalt der Zeitouns setzte sich mit der Polizei von New Orleans in Verbindung und erfuhr, dass Lima nicht mehr dort arbeitete. Er war 2005, wenige Monate nach dem Sturm, aus dem Polizeidienst ausgeschieden. Eine Nachsendeanschrift lag nicht vor.
Gonzales war leicht zu finden, da er im Festnahmeprotokoll als Beamter aus Albuquerque ausgewiesen war und auch im Herbst 2008 noch dort arbeitete. Als er telefonisch erreicht wurde, schilderte er seine Version der Ereignisse.
Gonzales war seit einundzwanzig Jahren Polizeibeamter, als sein Captain im August 2005 vorschlug, ein Kontingent von Leuten nach New Orleans zu schicken. Die Polizei von New Orleans hatte landesweit um Amtshilfe gebeten, und gemeinsam mit dreißig Kollegen aus Albuquerque meldete sich Gonzales freiwillig.
Die Beamten aus New Mexico trafen wenige Tage nach dem Sturm ein, wurden als Deputys vereidigt und als Bergungshelfer eingeteilt. Vor ihrer Ankunft in New Orleans hatten Gonzales und seine Kollegen einiges über die Zustände in der Stadt gehört, und sie waren angespannt. Sie hatten von Schießereien gehört, von Vergewaltigungen, von schwer bewaffneten und skrupellosen Banden. Von derlei Verbrechen sahen sie nichts, aber sie sahen zahlreiche Tote. Sie gehörten zu den ersten Einheiten, die in eines der Krankenhäuser vordrangen. Gonzales wusste nicht mehr, welches es war, aber sie fanden Dutzende von Leichen. Der Geruch war unbeschreiblich.
Die Zustände verschlimmerten sich von Tag zu Tag. Er und seine Kollegen gingen nachts nicht nach draußen. Sobald es dunkel wurde, hörten sie das Klirren zersplitternder Fenster und Schüsse. Die ganze Stadt roch nach Tod und Verwesung. »Wir waren alle auf der Hut«, sagte er. »Wir kamen uns vor wie in einem Dritte-Welt-Land.«
Am 6. September war Gonzales an der Sammelstelle auf der Kreuzung Napoleon und St. Charles. Dort kamen Polizisten, Soldaten und Rettungssanitäter jeden Tag zusammen, um Informationen auszutauschen und sich zu Einsätzen einteilen zu lassen. Gonzales erfuhr, dass ein Haus in der Nähe durchsucht werden sollte, in dem sich mindestens vier Verdächtige aufhielten, vermutlich Plünderer und Drogendealer. Es könnte sehr gefährlich werden, sagte man ihm, und sie bräuchten ein entsprechend starkes Team. Es war seit seiner Ankunft der erste richtige Einsatz, an dem er teilnehmen sollte.
Er sprang auf das Boot, ausgestattet mit kugelsicherer Weste, Pistole und einem M-16. Er war einer von sechs Polizisten, Nationalgardisten und Söldnern auf dem Boot. Als sie ankamen, zählte Gonzales zu den Ersten, die das Haus betraten. Er sah einen Berg Computerzubehör und Stereogeräte auf dem Esstisch im Wohnzimmer, und er sah die vier Männer. Sie hatten irgendetwas an sich, dachte er, das förmlich danach roch, dass »die etwas im Schilde führten«.
Sie nahmen die vier Männer fest, brachten sie zur Sammelstelle und übergaben sie den dortigen Behörden. Der ganze Einsatz dauerte fünfzehn Minuten. Gonzales beteuerte, dass die Angelegenheit für ihn damit beendet gewesen sei. Er war nie in Camp Greyhound gewesen und hatte nur vage etwas von einem dort eingerichteten Gefängnis mitbekommen. Weder er noch sonst jemand, der bei der Festnahme dabei gewesen war, hatte das Haus gesichert oder irgendwelche Beweise aufgenommen. Tatsächlich war keiner von ihnen je wieder in dem Haus auf der Claiborne gewesen.
Die Verhaftung von Zeitoun und den anderen drei Männern auf der Claiborne Avenue war eine von zwei Festnahmen, an denen Gonzales während seiner Zeit in New Orleans beteiligt war. Ansonsten wurde er nur zu Bergungseinsätzen eingeteilt. Zehn Minuten nachdem er die vier Männer an der Sammelstelle abgeliefert hatte, war er schon auf einem anderen Boot und suchte nach Menschen in Not.
Gonzales wurde gefragt, was er davon hielt, dass Abdulrahman Zeitoun, Geschäftsmann mittleren Alters und Vater von vier Kindern, einen Monat in einem Hochsicherheitsgefängnis gesessen hatte.
Gonzales schien das zu bedauern. »Falls er unschuldig war, dann tut mir das sehr leid«, sagte er. »Eins steht
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