Zeitreise ins Leben (German Edition)
sich überrumpelt und in die Enge getri eben, denn er benahm sich wie ein Idiot, ignorierte den König so gut es ging, grüßte nicht einmal und beu g te auch nicht sein Knie. Er war krank vor Sorge und sein Blick nur auf Elisabeth geric h tet.
Mein Gott, dachte er und nahm seine Umgebung nun gar nicht mehr wahr. Er drückte ihre kalte, dünne Hand, betete leise und war in Gedanken ganz bei ihr. Elisabeth war gesä u bert und mit diversen Kräutermixturen behandelt worden. Sie atmete flach, aber gleichmäßig. Dennoch wirkte sie wie tot. Ihr Gesicht war eingefallen und bleich, ihre Gliedmaßen wie ve r krampft. Er wollte sich zwar keine Blöße, doch er konnte die Tränen nicht länger verbergen. Seine Schultern bebten unter der Last der Sorgen. Das Atmen fiel ihm schwer. Und als er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, legte sich e ine warme Hand tröstend auf seine Schultern. Wie betäubt ließ er diese Berührung zu, schloss die Augen und nahm das Mitg e fühl an, das ihm entgegengebracht wurde. Bonifazius war eben ein ec h ter Freund!
„Mein lieber Freund! Elisabeth hat Schlimmes durchgemacht. Ich habe getan, was in me i ner Macht stand, doch es wird einige Zeit b enötigen, ehe sie erwachen kann “, sagte Bonifazius aus weiter Ferne und Raimund traf die Erkenntnis wie ein Schlag . Nicht Bonif a zius spendete ihm hier Trost, sondern Friedrich. Schnell kam Raimund wieder auf die Beine und wirbelte herum. Doch Friedrich stand nicht etwa kühn lächelnd hinter ihm, sondern spiegelte den gleichen Schmerz, den Raimund empfand. Es waren keine niederen Gelüste oder ein durc h triebenes Spiel. Nein, seine Anteilnahme war echt und sein Trost kam aus ganzem Herzen. Ra i mund konnte es in seinen Augen sehen und in seinem eigenen Herzen spüren. Abermals ha t te er sich in diesem Mann geirrt, hatte nur an die verhasste Erfüllung des Paktes gedacht. Dabei verhielt sich der König vorerst noch ehrenhaft und wie ein Freund, schenkte ihm Trost und womöglich ernsthafte Zuneigung. Gefühle dieser Art waren Raimund zwischen Männern fremd und das brachte ihn gehörig durcheinander , denn i nzwischen verlor er sich fast im dun k len Blau von Friedrichs Augen. Und wer wusste schon, was wirklich richtig war und was falsch?
Bonifazius räusperte sich verlegen, weil er die seltsame Atmosphäre zwischen den beiden Männern nicht deuten konnte. Raimund wandte langsam den Blick von Friedrich ab , weil er instinktiv auf Bonifazius Unbehagen reagierte. Dennoch war er sich der Nähe Friedrichs we i terhin bewusst . Erneut war es ihm gelungen Nähe aufzubauen. Nähe, die auch Elisabeth e r wähnt hatte und die er erstmals zu schätzen wusste. Ja, es war eine Barriere gefa l len, ein Zugang geöffnet worden . Beide Männer spürten es und zeigten sich das auch in einem weit e ren, tiefen Blick. Bonifazius hingegen konnte kaum still stehen. Die seltsame Spannung zw i schen den Männern verwirrte ihn. Erst wirkten die beiden wie Kampfhähne, dann wie be s te Freunde und was Bonifazius sonst noch unbewusst spürte, wollte er lieber nicht in Worte fassen. Also begann er die beiden abzulenken .
„ Elisabeths Zustand war unbeschreiblich schlecht! Sie war mehr tot als lebendig. Und o b wohl ich bete und bete ... ich kann noch nicht sagen, ob sie durchkommt. Sie wurde gew a schen und ihre Wu n den verbunden. Sie war unterkühlt und knapp vor dem Verdursten. Ich habe sie zwar ganz kurz wach bekommen und ihr Flüssigkeit eingeflößt, doch im Vergleich zu dem was sie gebraucht hätte, war es zu wenig. Sie hat eine Stichwunde im Rücken und in der Hand. Ebenso eine Brandwunde auf dem Brustbein. Wer immer ihr das angetan hat, muss der Teufel selbst gewesen sein!“ Rai munds Blick verfinsterte sich schlaga r tig.
„Damit liegst du gar nicht so falsch, Bonifazius! Diepold ist ein Teufel ... und er hat ihr ein Gift verabreicht, das erst Tage nach der Ein nahme seine volle Wirkung zeigt “, erklärte Ra i mund müde. „Entweder tötet sie das Gift langsam oder aber sie lebt als seelenlose Hülle we i ter. Mit dieser Su b stanz im Körper kann sie also nur verlieren. Der Tod ist meist sogar die beste Erlösung.“ Friedrichs Blick wurde ernst und Bonifazius schlug sich betroffen auf den Mund. Raimund hatte bis jetzt immer gehofft und nicht wahrhaben wollen, wie schlecht es um El i sabeth eigentlich stand.
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