Zeitreise ins Leben (German Edition)
auf . Konnte die Liebe zu Gott wirklich ein solches Ausmaß erreichen? Er wusste es nicht, doch seine Bewunderung für di e sen Kreuzfang und seinen Glauben wuchs mit jeder Minute. Dieser Mann wirkte mit wenigen Worten in solcher Klarheit, dass alleine seine Nähe schon eine Bereicherung war. Bei all dem Schmerz, den er in den letzten Stunden erlebt hatte, war es dieser Mann, der ihn mit wenigen Wo r ten zum Wesentlichen zurückzuführen vermochte. Ängste und Sorgen waren nichts im Vergleich zum Geschenk der wahren Liebe.
Wieder auf dem Weg nach St. Nimmerlein, grübelte Raimund noch lange über Martins Worte und deren Sinn nach . Er war nicht ganz sicher, was er eben gelernt oder begriffen hatte, doch schien sich etwas W esentliches verändert zu haben. E r hatte wieder mehr Hoffnung und Z u versicht, als hätte Martin mit seinem Vergleich ein Samenkorn in Raimunds Seele gepflanzt, das nur darauf wartete zu keimen und zu wac h sen.
27 . Kapitel
Bonifazius war außer sich über Elisabeths Zustand und lief wie ein aufgescheuchtes Huhn von einem Raum in den anderen. Er schimpfte wütend mit seinen Brüdern, ließ ständig etwas fallen, jammerte und zog fast mehr Mitleid auf sich, als seine bedauernswerte Patientin. So hatte Raimund seinen Freund noch nie erlebt! Bonifazius machte sich riesige Sorgen um El i sabeth und war gar nicht erst bemüht, seine Gefühle zu verbergen. Raimund aber konnte nicht wirklich helfen, wusste Elisabeth in den besten Händen und ließ den guten Freund mit ihr alleine.
Die Anspannung und der Schock des Geschehens hatten tiefe Spuren bei ihm hinterla s sen. Er war erschöpft und fühlte sich wie ausgebrannt. Im Gemeinschaftsraum versuchte er sich mit seinen Männern zu entspannen, wurde von seinem Kettenhemd und den Teilen der Rü s tung befreit und labte sich an verdünntem Wein, aß fetten Speck und hartes Brot. Das no t dürftig errichtete Strohlager kam ihm gerade recht und noch ehe sein Kopf das grobe Ki s sen erreichte, fiel er bereits in einen tiefen Schlaf.
Er erwachte nach ein paar Stunden, kurz nach Martin von Kreuzfang. Seine Männer aber schliefen weiterhin den Schlaf der Gerechten und schnarchten dabei, dass es eine Freude war. Besonders Markus gab in einer Mischung aus Pfeifen und Röcheln sein Bestes um Ma r tin und Raimund zu amüsieren. Der Gestank im Gemeinschaftsraum war jedoch inzwischen une r träglich geworden und Raimund gierte nach frischer Luft.
„Ich werde nach Elisabeth sehen “, flüsterte er zu Martin, doch der hielt ihn kurz fest .
„De r König ist vorhin eingetroffen “, meinte er knapp und Raimund wirbelte, wie vom Do n ner gerührt, herum.
„Wie bitte? Das ist doch unmöglich! Da müsste unser Bote ja wie der Teufel geritten sein “, antwortete Raimund und machte sich keine Gedanken darüber, den Herrn der Fin s ternis nach all dem Erlebten so leichtfertig zu erwähnen .
„Nein, Raimund! Der König war angeblich gerade geschäftlich unterwegs, als er auf ha l bem Wege den Boten in Empfang nehmen konnte.“ Raimunds Gesicht verfinsterte sich schlagartig. Friedrich war hier, bei Elisabeth und … ihm ! Er wusste nicht, was er davon halten sollte, doch seine Unruhe wurde stärker . Der Pakt musste scheinbar doch früher eingelöst werden, als erwartet. E in Aufschub schien ihm nur l ä cherliches Wunschdenken zu sein .
„Wo ist der König jetzt?“, fragte Raimund und versuchte verbissen seine Befangenheit nicht zu zeigen. Bei diesem Kreuzfang hatte er irgendwie das Gefühl, nichts verbergen zu können.
„Er ist bei Elisabeth, aber keine Sorge .. . Bonifazius ist ebenfalls dort “, erwiderte Martin, als wüsste er um Raimunds Sorge. Der machte sich inzwischen bereits auf den Weg zu Elis a beth.
Wütend stieß er die Tür zu Elisabeths Zimmer auf und blickte in die erschrockenen Gesic h ter von Friedrich und Bonifazius. Beide hatten sich gerade noch angeregt unterhalten , ve r stummten aber sofort , als der Herzog so unangebracht laut und zornig hereinstürmt e . Sein erster Blick galt Elisabeth und so wie es aussah, ging es ihr gut. Friedrich stand in einem angeme s senen Abstand und schien keine Gefahr für sie darzustellen . Warum also war er so derart wütend auf ihn? Vermutlich fühlte er
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