Zeitreise ins Leben (German Edition)
normal nicht g e rade der passende Ausdruck dafür war. Tapfer setzte ich einen Schritt vor den and e ren und war sogar so geistesgegenwärtig, in meiner Firma anzurufen, um mich krank zu melden. Ein we i terer Schritt folgte, dann noch einer. Die Luft war kühl und roch ganz anders als im Jahr 1212. Als ich dann die Haustür öffnete und ins Freie trat, fühlte ich mich wie am Beginn e i nes neuen Lebens. Ich war wiedergeboren worden und nicht mehr zu vergleichen mit der El i sabeth von gestern. Mit einer Mischung aus Beklemmung und freudiger Erregung fra g te ich mich, was ich ab nun vom Leben zu erwarten hätte.
Wien am Vormittag … was für ein herrlicher Anblick! Es war ein kalter Oktobertag mit nur wenig Sonne, doch alles hier war so vertraut und „fest“. Der Boden unter meinen Füßen füh l te sich beständiger und sicherer an und das Gefühl „nach Hause“ gekommen zu sein, ließ sich schon beim bloßen Anblick der Stadt nicht verleugnen. Ein Duft aus Abgasen und Herbst lag in der Luft und wenn ich mich konzentrierte, konnte ich erste Anzeichen des n a henden Winters erahnen, den Schnee förmlich riechen.
Interessiert beobachtete ich die Menschen, ihre schnellen Schritte und ihre verbissenen Gesichter. Ich war froh, noch ein wenig im Hauseingang stehen zu bleiben, denn an die G e schwindigkeit hier musste ich mich erst wieder gewöhnen, ebenso wie an die vielen Me n schen. So wartete ich einige Zeit vor Rosas Haus ab , beobachtete mein Umfeld genau und dri f tete doch in Gedanken ständig ab ... in eine Zeit, die keine Hektik kannte, dafür aber eine ursprüngl i che Wildheit lebte. Ich dachte an die schönen Landschaften, an die Menschen dort und vor allem an Raimund, an die Liebe meines Lebens. Mein Herz war erfüllt von der Kraft unserer Verbi n dung und instinktiv wusste ich, dass ich dieses Gefühl nie verlieren würde.
Dann öffnete ich die Augen, bewahrte meine Erinnerungen fest im Herzen und war en t schlossen, nach vorne zu sehen. Mit einem leichten Schmunzeln ließ ich meinen Blick über die parkenden Autos schweifen. Bunte Farben wurden vom städtischen Staub gedämpft , die Bäume waren kahl und in Erwartung auf den Winter. Die fahle n Gesichter der Menschen, stierten oft ins Leere und spiegelten das Leben von Isolation und Anonymität in einer Gro ß stadt. Ja ! D as war meine Welt, mein Leben! Gewohnt, schön und doch mit all ihren Nachte i len und Gefahren. Langsam senkte ich den Blick auf meine Hände, die sich nach winterlichen Handschuhen sehnten und machte den ersten Schritt. Endlich! Es war nur ein kleiner Schritt, aber in eine neue Welt ... und in eine vollkommen neue Zukunft.
38 . Kapitel
Bei meiner Familie und meinen Freunden fand ich Halt. Ich war alleine und tatsächlich schwa n ger. Die Fragen zum möglichen Vater blockte ich ab und eine allein erziehende Mutter war dieser Tage sowieso keine außergewöhnliche Angelegenheit mehr, obwohl ich insgeheim höllische Angst davor hatte.
Ab der 22ten Schwangerschaftswoche konnte ich den kleinen Winzling fühlen und bis auf die erste Übelkeit, die mächtig geschwollenen Beine und die leichten Kreuzschmerzen, e r lebte ich diese Zeit ungewöhnlich schön und friedvoll. Vor allem, weil ich es scha ffte, mich auf drei wesentliche Punkte in meinem Leben zu konzentrieren: a uf das Kind, mich selbst und auf unsere gemeinsame Zukunft. Natürlich konnte ich meinen Erinnerungen nicht ganz entko m men und war vor allem in den Nächten mit Raimund und der Zeitreise konfrontiert. Das Wichtigste j e doch war, dass ich das Gefühl hatte, Raimund weiterhin in meinem Herzen zu tragen. Ich spürte ihn ganz deutlich und ertappte mich manchmal sogar dabei, wie ich seh n süchtig auf die Hoflaterne hinunter blickte, nur um wenigstens seinen Geist zu s e hen. Doch das passierte nie.
Meine Recherchen über Raimund ergaben leider gar nichts . G erade von dieser Zeit gab es nur sehr dürftige und fragwürdige Aufzeichnungen und ein Herzog Raimund von Rabenhof wurde nie erwähnt. Manchmal kam es mir so vor, als wäre er für immer aus der G e schichte au s radiert worden , denn e s fanden sich weder Hinweise auf ihn als Herzog noch als Templer. Selbst R o sa konnte über Raimunds Verbleib nichts herausfinden und an manchen Tagen war die Ungewissheit viel schrecklicher, als wenn ich von seinem s i
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