Zeitreise ins Leben (German Edition)
Sonnenlicht. Ihre farbenfrohen Schilde wirkten meisterlich vera r beitet und passten zum jeweiligen Schmuck ihres Pferdes. Alles war perfekt abgestimmt und ein leuc h tender Kontrast zum glänzenden Metall. Selbst Wimpel und Federschmuck rundeten das pe r fekt romantische Bild von einem Ritter dieser Zeit ab. Vielleicht befand sich an einer versteckten Stelle sogar ein passendes Tuch von einer Frau, die sie verehrten . Aus der Di s tanz , versteht sich und mit Respekt. So, wie man es eben aus Erzählungen kannte und dieser Zeit zuschrieb. G anz anders , als Rabenhof es mich bisher gelehrt hatte . Die Ritter trugen all e samt ähnliche Farben, waren aber im Prinzip sehr unterschiedlich ausstaffiert. Ihre Ersche i nung war Ausdruck ihrer Individualität und Zeichen für persönlichen Besitz. Durch eben di e se individuellen Farben und ihre n Lebensstil unterschieden sie sich deutlich von den Sold a ten des Königs, die eine einheitlich blau-weiße Uniform trugen. Die Gesichter der Ritter waren auf Entfernung nicht zu erkennen, aber selbst von meinem Platz aus konnte ich sehen, dass sie alle glatt rasiert waren. Vielleicht waren wuschelige Bärte unter engen Helmen nicht ger a de angenehm und zudem viel zu leichte Herberge für Ungeziefer.
Endlich tat sich etwas in der Kutsche und mein Blick wanderte automatisch von den Ri t tern zur offenen Türe des königlichen Gefährts . Zuerst stiegen zwei kichernde Damen aus, die mit ihren erhitzten Gesichtern den Eindruck erweckten , als hätten sie sich gerade ausgi e big mit Friedrich dem II vergnügt. Erst da nach stieg der König elegant aus der Ku t sche und ging lang sam mit seinen zwei Be gleiterinnen zum Haupteingang der Burg . Sein Gesicht war von meinem Fenster aus nicht zu erkennen, weil er ei ne sehr große Kopfbedeckung trug, die ganz ungewöhnliche – was war das denn ? – Quasten aufgenäht hatte . Die se wuscheligen Dinger wirkten so übertrieben und unpassend, dass ich blöd grinsen musste . Natürlich kannte ich mich in Sachen Mode nicht aus, aber inmitten einfacher Dienstbotentrachten und den klaren, metallenen Linien von Ritterrüstungen, wirkten diese Dinger einfach zu schnöselig. Dazu sto l zierte der König so übertrieben aufrecht zu Rabenhof, dass er auf mich wirkte, wie ein aufg e plusterter Pfau vom anderen Ufer . Mit einem stolzen, sehr männlich wirkenden Kniefall b e grüßte der Herzog dann seine Majestät und , als er auf ein Zeichen des Königs in die Höhe kam, überragte er ihn um ein gutes Stück. Selbst jetzt konnte ich nicht umhin, den Herzog für sein Auftreten und seine Attraktivität zu bewundern , obwohl ich diesen Mistkerl doch e i gentlich längst zum Teufel hätte wünschen müssen.
Nachdem der König und Rabenhof aus meinem Blickfeld verschwunden waren, richtete sich mein Interesse wieder auf das Gefolge. Ein paar der Ritter waren bereits vom Pferd gestiegen und vertraten sich die Beine. Der Ritt war vermutlich lange und beschwerlich gewesen, denn i hre Bewegungen waren steif und ungelenk. I hre Manieren waren dann alles andere als e r wartet . Was ich zu hören b e kam, trieb mir zeitweise die Schamesröte ins Gesicht und passte so gar nicht in das edle und ruhmreiche Bild, das ich mir bisher von diesem Stand gemacht hatte. Es waren Männer mit einfacher Sprache, die wahrscheinlich schon während der Reise ordentlich getrunken hatten. Ihr Gelächter war ein derbes Grölen , dazu fluchten sie unen t wegt, furzten laut und benahmen sich gegenüber dem weiblichen Dienstpersonal fl e gelhaft. Aufgebracht beobachtete ich unverschämte Übergriffe auf Mägde , während andere einfach ungeniert auf den Weg urinie r ten. Ihre edle Ader war wohl mehr Schein als Sein und sie eben auch nur ganz normale Männer, die sich, nach einer anstrengenden Reise auf ihre Weise E r leichterung verschaffen mus s ten. Aber so war das offenbar mit romantischen Vorstellungen! Sie zerplatzten einfach im ungün s tigsten Moment und holten einen stets in die Wirklichkeit zurück . Da war ich wegen Edelmut und Heldentum im Mittelalter gelandet u nd dann passie r te mir so etwas! Der Herzog war der größte Schuft aller Zeiten und mein heroisiertes Trau m bild von Rittern brach plump auseinander. Natürlich fühlte ich mich enttäuscht und betr o gen , zweifelte an allem, aber vor allem an mir. Zu m ersten Mal seitdem ich die Zeitreise a k zeptiert hatte, wollte ich wieder
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