Zeitreise ins Leben (German Edition)
in meinen Gedanken und erinnerte mich daran, wer letztendlich unser L e bensretter gewesen war. Herzog Raimund von Rabenhof war nicht gerade der ehrenvollste Held, aber er war mein Held und ... hach , ich war immer noch verliebt, wollte von ihm trä u men, se i nen Duft riechen und in seine goldenen Augen sehen.
Am nächsten Tag stürmte ich nach dem Frühstück sofort in den Stall, um meinen geliebten Blitz zu begrüßen. Schon von weitem hörte ich ihn freudig wiehern und als ich dann endlich vor ihm stand, begann er sofort, meine Hose an den unmöglichsten Stellen zu beknabbern. Natürlich hatte ich eine riesige Karotte für ihn stibitzt und während er genüsslich daran ka u te, plauderte ich auf ihn ein und strich ihm zärtlich über seinen Hals. Lauter Unsinn flüsterte ich ihm zu, aber die Freude in meiner Stimme ließ ihn lustig mit den Ohren wackeln. Nac h dem die Karotte verspeist war, widmete er sich meinen Hosen und ich musste ihn sanft, aber bestimmt wegstupsen, um nicht bei lebendigem Leibe gefressen zu werden.
Christoph, der Stallbursche, sattelte Blitz für mich und ich konnte endlich losreiten ! Zum er s ten Mal ritt ich alleine aus und steuerte das offen Feld an. Es war herrlich! Kein Gezeter von John, nur der Rhythmus von Blitz, seine Kraft und seine Freude. Die Sonne auf der Haut, der Wind im Haar ... es war einfach fantastisch . Schnell öffnete ich meine Frisur, schüttelte den Kopf und ließ dem Wind sein Spiel mit meinen Locken. Das Freiheitsgefühl war unb e schrei b lich und mit jeder weiteren Bewegung und jedem Atemzug verlor ich mehr und mehr von der Last, die auf meiner Seele lag. Blitz schnaubte und ich summte bereits ein gutes Rocklied aus meiner Erinnerung. Dann konnte ich mich einfach nicht mehr beherrschen und fing laut zu singen an . „Let’s come ho me baby “ dröhnte ich vor mich hin und ließ den mörd e rischen Bass des Songs einfach im Kopf entstehen. Es war unglaublich befreiend und, zu meinem Glück, auch kein allzu großer Schreck für Blitz. Zumindest ließ er sich durch meine spontanen Sangeskünste nicht irritieren. Im Gegenteil, er schien diesen immer wilder we r denden Ausritt ebenso zu genießen wie ich . Kurz dachte ich an John, weil ich ihm gar nicht Bescheid gegeben hatte , d och selbst von diesem, klitzekleinen Zwang konnte ich mich befre i en, verdrängte ihn mit dem neuen Aufwa l len des dröhnenden Basses . Das HIER zählte und das JETZT und das beinhaltete keinen John, so n dern nur Sonne, Wind und Freiheit. Das Tempo wurde langsamer und ich fühlte mich so unglaublich leicht, dass ich meinte, fli e gen zu können. Ich schloss meine Augen und gab die Zügel aus der Hand, streckte meine Hände verwegen zur Seite und spürte nur mehr den Rhythmus des Pferdes und MICH. Einfach nur mich und mein ureigenstes Wesen – innig, tief und in unglaublicher Fülle. Hier fand genau das statt, was ich ersehnt und erhofft hatte. Es war eine Wiederbelebung und Besi n nung, die mir in ihrer Frische und Lebendigkeit das Gefühl gab, neu geboren worden zu sein.
Bevor ich endgültig abh ob, ergriff ich wieder die Zügel und führte Blitz zu einem herrlich blühenden Apfelbaum. Schon beim Absteigen wurde mir klar, was für einen mörderischen Mu s kelkater ich nach diesem Ritt haben würde. Immerhin hatte ich über zwei Wochen in St. Nimmerlein verbracht und war seitdem nicht mehr auf einem Pferd gesessen. Meine Obe r schenkel zitterten jetzt schon wie Wackelpudding und meine angeknacksten Rippen spürte ich ebenfalls. Aber nach jammern war mir nicht zumute, dafür war das Gesamterlebnis ei n fach zu schön.
Blitz graste vor mir und ich lümmelte gemütlich unter dem schönen Baum und graste ebe n falls mit einem langen, grünen Halm im Mund. Zufrieden blickte ich zum Horizont, schnippte lässig eine Ameise von meinem Knie und fand d ie Welt zum Umarmen schön. Farbe n pracht und Weite, wohin das Auge blickte! Blühende Blumen verströmten einen zart betörenden Duft, vermischten sich mit der natürlichen Herbheit des angrenzenden Wa l des. Dann und wann versuchte lästiges Getier den Himalaja Elisabeth zu b e steigen, aber das war nicht weiter tragisch. Wenn ich daran dachte, wie hysterisch ich früher bei so manchem Achtbeiner re a giert hatte, war ich jetzt die Ruhe selbst. Verzückt beobachtete ich die Bienen und die fetten Hummeln, die in dem bunten Paradies
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