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Zeitreisende sterben nie

Zeitreisende sterben nie

Titel: Zeitreisende sterben nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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es.
    Er suchte weiter und stellte schließlich fest, dass Collins seinen Abschluss erst einige Jahre später gemacht hatte.
    Mit sechsundzwanzig. Er hatte das Studium erst spät aufgenommen, weil er so gern segelte. Er besaß ein eigenes Boot, und er hatte nebenberuflich Segeltouren mit Touristen in der Umgebung seines Zuhauses auf St. Simons Island, Georgia, veranstaltet. Eine Weile, so hatte er gesagt, sei er vollkommen damit zufrieden gewesen. Das Segeln hätte ihn so ausgefüllt, dass er sich überlegt habe, gar nicht erst zum College zu gehen. Am Ende, nach dem Krieg, war David Collins Zahnarzt geworden.
    Seufzend fuhr er den Computer runter.
    Vor dem Schlafen pflegte er ein wenig zu lesen. Damals, ehe Shel mit dem Konverter aufgetaucht war, hatte er meist Romane gelesen und vielleicht das eine oder andere politisch motivierte Buch. Aber nun beschäftigte er sich mit Voltaire und Lamb und den Biografien von Galileo und Molly Pitcher. Es fühlte sich einerseits befremdlich an, andererseits auch beglückend, dass er ihre Stimmen mit eigenen Ohren gehört hatte und wusste, wie es klang, wenn sie lachten.
    Das Buch dieses Abends war Feuer frei: Calamity Jane - das war ihr Leben von Michael Hevner. Er schaltete die Nachttischlampe an, schmiegte sich in die Laken und schlug das Buch auf. Calamity war irgendwo draußen in den Rocky Mountains und verdingte sich als Kundschafterin für die Kavallerie. Und, ja, er konnte es förmlich sehen.
    Konnte i^sehen. Er erinnerte sich an ihre Berührung. Erinnerte sich an ihr Lächeln, als er ihr einen Whiskey spendiert hatte.
    Er war, so beschloss er, der glücklichste Mann auf Erden.
    Er schlief friedlich bis zum Morgen, auch wenn der Donner ihn ein- oder zweimal weckte. Aber der Regen hatte aufgehört, und er überlegte, ob vielleicht eines Tages ein Zeitreisender aus einer fernen Zukunft zurückreisen würde, um ihn kennenzulernen.
    Obwohl der Sturm sich gelegt hatte, war der Himmel auch am Morgen noch grau. Dave duschte, zog sich an, ging hinunter und setzte Eier auf, während TV-Experten sich über das in Hinblick auf Ernährung und Energie immer angespanntere Verhältnis zwischen Indien und China ausließen. Der Präsident hatte beiden Ländern zugesichert, die USA würden Verhandlungen gern unterstützend begleiten.
    Er machte sich zwei Scheiben Toast und legte die hartgekochten Eier in eine Tasse. Zur Abwechslung beschloss er, seine Toasts mit Traubengelee zu schmieren, ehe er sich ein Glas Orangensaft einschenkte.
    Heute Abend sollte der neue Star Trek-Film uraufgeführt werden, und man rechnete allenthalben damit, dass er es an die Spitze der Kinocharts schaffen würde. Susan Holvik und Gary Park, zwei Hollywood-Superstars, die vor achtzehn Monaten mit großem Tamtam geheiratet hatten, trennten sich. Und Evin Cowper sollte Gerüchten zufolge der neue James Bond werden.
    Immer das Gleiche. Dave schaltete den Fernseher aus und las zum Frühstück die neueste Ausgabe der Newsweek.
    Als er fertig war, schnappte er sich seine Aktentasche. Später an diesem Tag würde er nach Großbritannien reisen, um im Jahr 1936 eine frühe Bronze von Lynn Chadwick zu kaufen, der zu jener Zeit Anfang zwanzig gewesen war.
    Die Bronze stellte eine Gestalt dar, teils Mensch, teils Adler mit gespreizten Flügeln, die eine unverkennbar bedrohliche Wirkung hatte. Dave wusste nicht viel über Bildhauerei, aber dieses Stück gefiel ihm, und er wusste, dass ihr Wert sich im Laufe der Zeit gegenüber dem Preis, den er ausgehandelt hatte, vervielfachen würde.
    Als er gerade seinen Konverter aus der Sockenschublade holte, klingelte das Telefon. Es war Jerry Shelborne.
    »Dave«, sagte er, »hast du es schon gehört?« Seine Stimme klang dumpf.
    Zuerst dachte Dave, es hätte einen Terroranschlag gegeben. »Nein. Was ist denn los, Jerry?«
    »Shel ist tot.«
    »Was?«
    »Es ist heute Morgen passiert. Ein Blitz hat sein Haus getroffen. Es ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt.«
    »Und er ist nicht mehr rausgekommen?«
    »Nein.«
    Dave fand die Nachricht online. Der Blitz war gegen vier Uhr dreißig am Morgen in das Stadthaus eingeschlagen.
    Die Feuerwehr hatte binnen fünf Minuten reagiert, hatte Shel, der anscheinend im Bett gelegen und geschlafen hatte, als es passiert war, aber nicht mehr retten können. Die Leiche war bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.
    Dave las den Bericht, und dann saß er einfach nur da und fühlte nichts mehr. Er wusste, er wusste mit absoluter Sicherheit, dass das nicht

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