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Zeitreisende sterben nie

Zeitreisende sterben nie

Titel: Zeitreisende sterben nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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beispielsweise unter den Zeugen der Unterzeichnung der Magna Charta finden. Vielleicht sah er auch zu, wie Washingtons Truppen an der Straße nach Trenton an Land gingen.
    Und dann waren da noch mehrere Tausend andere Möglichkeiten.
    Bedauerlicherweise hatte er kein Notizbuch und kein Tagebuch zurückgelassen. Er war ein Bewunderer Tom Paines, und es schien durchaus möglich, dass er losgezogen war, um ihn zu irgendeinem Zeitpunkt zu treffen. Wie Shel war er Jack Benny-Fan, also war auch denkbar, dass Benny Gelegenheit bekäme, einem ungewöhnlichen Besucher guten Tag zu sagen. Aber es war praktisch ausgeschlossen, den Zeitpunkt für irgendein Treffen dieser Art zu ermitteln.
    Es war Freitagabend. Seit ihrem Ausflug nach Italien war beinahe eine Woche vergangen. Shel saß da, trank Kaffee, ging in Gedanken die Möglichkeiten durch und hielt seine Ideen auf einem Notizblock fest. Immer wieder kam er auf einen Punkt zurück. Es war nicht notwendig, irgendeine geschichtlich bedeutsame Vergangenheit aufzusuchen, um seinen Vater zu suchen. Er wusste nicht genau, wo er gewesen war, ehe er nach Philadelphia zurückgekommen war. Aber er wusste mit absoluter Sicherheit, wo er am Montag, den 15. Oktober am Abend gewesen war: Er war zu Hause und unterhielt sich mit Shel. Erst am Telefon, dann in seinem Haus. Nachdem Shel gegangen war, hatte er entschieden, wo er hinwollte, und war aufgebrochen. Shel musste weiter nichts tun, als den Besuch bei seinem Vater wiederholen. Warten, bis der frühere Shel fort war, und dann ins Haus gehen und ihn zur Vernunft bringen.
    Damit würde er kein Paradoxon auslösen. Und es sollte nicht allzu schwer sein.
    Mach es. Sofort.
    Er stieg in seinen Wagen, fuhr zum Haus seines Vater und parkte in der Auffahrt. Dann stellte er den Konverter so ein, dass er ihn zum 15. Oktober um 10:55 P.M. brachte, stieg aus, lauschte einige Sekunden dem Zirpen der Grillen und drückte auf den Knopf. Die Einfahrt, die Bäume, die Mauer des Hauses und die Grillen verschwanden und tauchten gleich wieder auf. Der Wagen war fort. Und im Haus brannte Licht.
    Okay. Er ging zum Ende der Einfahrt und weiter in Richtung Parvin Street, die die Moorland in etwa sechzig Metern Entfernung kreuzte. Er überquerte die Straße, bog in die Parvin ein und versteckte sich hinter einer Hecke.
    Ein Streifenwagen näherte sich von hinten, hielt am Stoppschild und bog nach links ab. Er steckte die Hände in die Taschen und gab sich zwanglos. Nur ein Spaziergänger.
    Um genau elf Uhr abends wurde es für einen Moment hell auf dem Rasen hinter dem Haus seines Vaters, und er sah sich selbst aus dem Licht treten, sah, wie er sich umblickte und zur Haustür marschierte. Sein Herz schlug schneller. Daran würde er sich nie gewöhnen. Der andere Shel klopfte, die Tür wurde geöffnet, und sein Vater kam in sein Blickfeld. Sogar aus dieser Entfernung konnte er die Bestürzung in seines Vaters Zügen erkennen.

    Irgendwie war ihm die beim ersten Mal völlig entgangen.
    Sie unterhielten sich einige Sekunden lang, dann ging der andere Shel ins Haus und die Tür wurde geschlossen.
    Weitere Lichter wurden eingeschaltet.
    Shel wartete.
    Ein dunkelblauer Saber fuhr langsam die Straße hinunter. Al Peterson und sein Frau Anna. Sie bogen in ihre Einfahrt ein und hielten an. Die Autotüren gingen auf. Die beiden waren immer gut zu ihm gewesen, als er ein Kind gewesen war. Sie hatten Lose gekauft und die Kinder bei ihren Umzügen stets mit kleinen Gaben bedacht.
    Das Problem waren ihre ständigen Streitereien. Lautstarke Streitereien. Das Geschrei war noch einen Block weiter zu hören. Ihre Tochter Ilyssa war Shels erste Freundin gewesen.
    Sie stiegen aus dem Wagen und gingen ins Haus. Im Augenblick war zwar kein offensichtlicher Streit im Gange, doch Shel entging nicht, dass Mr Peterson einfach davonlief und so tat, als wäre seine Frau gar nicht da. Er schloss die Haustür auf, ging hinein und ließ die Tür halb offen stehen.
    Irgendwo ertönte Musik. Irgendein widerwärtig modernes Zeug. Und sie war laut.
    Mehr Verkehr auf der Straße.
    Jay Tucker brachte seinen Müll raus. Morgen war Abhol tag.
    Weiter unten, am anderen Ende der Moorland, saßen ein paar Leute auf der Veranda vor ihrem Haus. Das war vermutlich auch der Ursprung der Musik.
    Er warf einen Blick zur Uhr. Viertel nach elf. Er hätte nicht gedacht, dass seine Unterhaltung mit seinem Vater mehr als ein paar Minuten erfordert hatte.
    Noch ein Wagen, dieser voller Jugendlicher, fuhr vorüber.

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