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Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)

Titel: Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cristin Terrill
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…«
    »Miss?«
    Ich fahre zu der Schwester herum. »Ja?«
    »Ein Agent kommt herunter, um Sie nach oben zu begleiten.«
    Ich atme hörbar aus. »Gott sei Dank.«
    Die Schwester deutet zu einem Aufzug am Ende der Halle und sagt, wir sollen dort warten. Als die Türen mit einem Pling aufgehen, stehen ein Officer der Capitol Police in Zivil und Bürgermeister McCreedy vor uns. Finn muss zweimal hinschauen, was lustig wäre, wenn alles nicht so schrecklich wäre.
    »Oh, Marina, zum Glück bist du da. James ist außer sich.« Der Bürgermeister wendet sich an den Polizisten neben ihm. »Sie ist sicher, ich kenne sie. Ist das dein Freund?«
    »Finn Abbott«, sage ich. Der Polizist nimmt den Ausweis entgegen, den Finn ihm hinhält. »Er war mit uns auf der Benefizveranstaltung.«
    »Kommt rein, kommt rein.« Der Bürgermeister winkt, und wir betreten den Aufzug. »Sie können hoch, ja?«
    Der Officer nickt, als er Finns Ausweis mit einer Namensliste in seiner Hand abgeglichen hat, und drückt den Knopf zum zweiten Stock. Mein Magen rutscht mir in die Kniekehlen, als sich der Aufzug in Gang setzt.
    »Wie geht’s Nate?«, frage ich.
    »Es gibt noch keine Informationen«, sagt der Bürgermeister. »Aber ich denke, das heißt nichts Gutes.«
    »Hat jemand Vivianne angerufen?«, frage ich. Sie ist Nates Verlobte und gerade geschäftlich in New York.
    »Sie hat ein Flugzeug am JFK gechartert. Sie sollte bald hier sein.«
    James ist also allein.
    Eingesperrt in diesem winzigen Aufzug, eingezwängt zwischen dem Bürgermeister von D . C., einem Capitol Police Officer und Finn Abbott, überkommt mich der plötzliche Wunsch zu flüchten. James wird am Ende sein. Was kann ich da tun, um zu helfen? Gott, was, wenn Nate stirbt ? Finn hatte Recht, wir gehören nicht hierher. Ich sollte zuhause unter meiner Decke liegen und Luz sollte mir warme Milch bringen und leise auf Spanisch mit mir sprechen. Ich kann hier drin nicht atmen.
    Es macht wieder Pling, und die Aufzugtür öffnet sich. Die Platzangst, die mir den Atem nimmt, sollte jetzt besser werden, aber das tut sie nicht. Es wird schlimmer. Wir sind hier, und es gibt kein Zurück.
    Das Stockwerk wirkt wie ausgestorben. Zwei Pflegekräfte – eine Frau in pfirsichfarbenem OP -Kittel und ein Mann in Grün – sitzen im Stationszimmer, außerdem stehen Polizisten in schwarzen Uniformen, Spezialagenten in Zivil und ein paar Mitglieder des Secret Service in Grüppchen im Gang herum. Aber weit und breit keine umherhastenden Ärzte, keine Patienten mit Infusionsständern, keine Angehörigen mit Blumensträußen. Das Stockwerk wurde geräumt. Alle sind einzig und allein wegen Nate hier.
    Der Warteraum liegt dem Stationszimmer gegenüber und ist ebenfalls verglast. Einige Männer sitzen darin – ich erkenne Senator Gaines – und sprechen mit gedämpfter Stimme miteinander. Ein Officer steht an der Tür. Er nickt uns zu, als wir näher kommen.
    James sitzt vorgebeugt mit ineinander verschränkten Händen allein in einer Ecke des Raums. Eine Sekunde lang ist er wieder der kleine Junge, der sich in einem Bibliothekssessel versteckt hat.
    Er blickt auf, und unsere Blicke treffen sich. Ich laufe zu ihm und sinke auf die Knie. »Oh mein Gott, James …«
    »Er … er ist im OP . Sie wissen nicht, ob … ob …«
    Er krümmt sich, vergräbt sein Gesicht an meiner Schulter, und ich spüre heiße Tränen auf der Haut. Ich sehe zu Finn hoch, der nun auch herangekommen ist, und wir wechseln einen hilflosen Blick. Er setzt sich neben James und legt zögernd eine Hand auf seine Schulter.
    »Warum tut jemand so was?«, fragt James schluchzend. »Warum Nate?«
    »Ich weiß es nicht«, sage ich kraftlos.
    »Es gibt keinen Grund, Kumpel«, sagt Finn. »Man kann das nicht verstehen.«
    »Ich wünschte, Mom und Dad wären hier«, flüstert James.
    Ich reibe ihm sanft über den Rücken. »Ich weiß.«
    James zieht sich irgendwann von mir zurück und wischt sein Gesicht mit dem Ärmel ab. Er lehnt den Kopf gegen die Wand, und ich sehe zum ersten Mal, dass sein weißes Smokinghemd voller Blut ist. Er hat einen großen Fleck auf seiner Brust, dort, wo er seinen Bruder an sich gedrückt hat. Das ehemals rote Blut ist inzwischen getrocknet und braun geworden. Nates Blut. Trocken und tot auf James’ Hemd.
    Ich kann nicht hinsehen.
    Plötzlich scheine ich nur noch aus »Ich kann nicht« zu bestehen. Ich kann James nicht trösten, ich kann Nate nicht wieder gesund machen, ich kann nicht ändern, was geschehen

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