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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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später erneut unter Zehntausenden von falschen Rechnungen, stornierten Bankanweisungen, gefälschten Quittungen, belastenden Mitteilungen, Memoranden und Briefen dann wiedergefunden. Die ergiebigsten dieser Spuren, Sir, habe ich gesammelt und aus der City Hall mitgenommen! Ein Blatt oder zwei am Tag, verstehen Sie, die ich in meine Tasche gleiten ließ und während meiner halbstündigen Mittagspause in mein bescheidenes Büro trug. Oder ich habe sie einfach mit der Post geschickt, um sie meinen Akten hinzuzufügen, die ich in vielen, vielen langen Abendstunden durchgegangen bin und geordnet habe.
    Trotzdem erwiesen sich die meisten meiner Fundstücke als nutzlos! Perfekte Belege! Unwiderlegbare Beweise für eklatanteste Korruption. Und dann musste ich feststellen, dass der Schurke einen Monat vorher gestorben war. Seine Komplizen habe ich nicht ausfindig machen können; wahrscheinlich haben sie sich nach Westen oder nach Kanada abgesetzt. Andere fand ich, immer noch hier in New York, aber nicht mehr reich – alles verloren! Dann gibt es Fälle, bei denen die Beweise, die ich gesammelt habe, zwar eindeutig, aber unvollständig sind. So viel ich auch gesucht habe, zu einer Überführung reicht es noch nicht. So reduzierten sich all diese schmierigen Spuren, Mr. Carmody, immer mehr. Erst waren es noch einige wenige, jetzt ist nur noch einer übrig: der obskure Lieferant, der dafür bezahlt wurde, unser Court House, die Korridore, die Räume und Nebenräume mit nichts weniger als Carrara-Marmor auszustatten. Tonnen von herrlichstem Marmor, der aus Italien importiert wurde – das zumindest steht auf den Rechnungen und in gewissenhaft abgestempelten Zollpapieren, die ich gefunden habe; neben den Rechnungen für unzählige Arbeiter, die mit Namen und Adresse aufgeführt sind und die angeblich Wochen gebraucht haben, um den Marmor zu verlegen. Wollen Sie eine davon sehen? Hier ist eine Rechnung.«
    Ich hörte das Rascheln von Papier, darauf einige Sekunden Stille, dann sagte Carmody. »Danke, ich habe sie gesehen.«
    »Nein, behalten Sie sie, Sir! Als Andenken. Ich habe noch sehr viel mehr davon.«
    »Daran zweifle ich nicht. Tun Sie sie ruhig wieder zu den anderen.«
    »Ich will sie nicht. Glauben Sie, ich möchte sie wieder zu meinen Akten zurücklegen? Während Sie mir folgen, um herauszufinden, wo ich sie aufbewahre? Ich versichere Ihnen, Sir, ich werde nur noch ein einziges Mal in mein Büro zurückkehren. Und dieser Gang wird nur dem Zweck dienen, die gesamte Akte dem Unternehmer zurückzugeben, von dem ich gerade spreche.«
    Wieder gab es eine kleine Pause, dann sagte Pickering: »Obwohl die Gewinne, verglichen mit denen des Tweed-Rings, bescheiden waren, machten sie diesen Geschäftsmann reich. Denn er legte sie in New Yorker Immobilien an, und jetzt, nur wenige Jahre später, besitzt er Millionen, wahrhaftig Millionen. Und eine Gattin, die, wie man mir sagte, jeden einzelnen Dollar dieser Millionen genießt, nicht zuletzt, um ihren gesellschaftlichen Ambitionen nachkommen zu können. Mr. Carmody, gehen Sie mit mir zum Court House hinüber, falls es Ihnen nichts ausmacht.« Pickering, daran zweifelte ich keine Sekunde, hatte mit dem Kopf auf das Gerichtsgebäude gleich hinter der City Hall gedeutet. »Wir werden es, Raum für Raum, gemeinsam durchsuchen. Genauso, wie ich es getan habe: manchmal saß ich als Zuschauer bei Gerichtsverfahren im Gerichtssaal und ließ meinen Blick umherschweifen, um den Marmor zu entdecken; oder stand in einem Büro und wartete darauf, dass man mich vorließ, damit ich mein Anliegen vorbringen konnte; auch dort blickte ich mich aufmerksam um. Ich habe das Gebäude Stock für Stock, Korridor für Korridor, selbst die Umkleideräume und das Zimmer des Staatsanwalts abgesucht. Und wenn Sie mir in diesem Court House einen einzigen Quadratzentimeter zeigen können, den Sie mit Carrara oder anderem Marmor verkleidet haben, Unternehmer Carmody, dann gebe ich Ihnen mein Wort, Sie nicht mehr zu belästigen.«
    Die Antwort kam beiläufig und ausdruckslos. »Was wollen Sie?«
    »Eine Million Dollar«, sagte Pickering sanft; seine Lippen genossen förmlich den Laut der Worte. »Nicht mehr, nicht weniger. Das ist alles, was ich brauche, um denselben Weg wie Sie zu größerem Wohlstand einzuschlagen.«
    »Nicht unvernünftig, denke ich. Wann?«
    »Sofort. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden … Schütteln Sie nicht den Kopf, Sir!«, rief Pickering wütend aus. »Sie haben das Geld, und viel

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