Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
genug, um darauf zu stehen, vielleicht konnte man sich sogar hinsetzen; nach einer Weile, ihre Hand legte sich energischer um das Brett, kletterte Julia durch. Ich folgte, so schnell ich konnte. Wir hatten ein paar kostbare Minuten verloren, die wir jetzt aufholen mussten, falls Carmody im Park bereits gewartet hatte. Er und Jake konnten sich bereits unten im Eingang befinden und die Treppe hochsteigen.
Ich musste das Risiko auf mich nehmen. Ich hielt das zuletzt entfernte Brett an seine vorherige Stelle, die Nägel, die sich noch im Brett befanden, passten noch in ihre ursprünglichen Löcher. Mein Arm hatte genügend Platz, um sie mit dem Hammer wieder hineinzuschlagen. Ich legte das zweite Brett an und verspürte bereits einen leichten Krampf, aber noch war ausreichend Platz für meinen Arm und den Hammer. Ich hatte ihn gerade erhoben und wollte ihn niederfahren lassen, als es mir einfiel.
Ich ließ Hammer und Brett los, die krachend auf den Boden von Jakes Büro fielen, und zwängte mich durch die Öffnung – quetschte mich hindurch, achtete nicht auf einen abgerissenen Mantelknopf, solange er auf unserer Seite lag, zerkratzte mein Gesicht von der Wange bis zum Ohr, fiel fast hin und machte zwei Riesenschritte zu Jakes Rollpult. Dann waren meine Finger an dem Hahn das Gaslichts, ich drehte daran, und das Licht erlosch, so, wie Jake es verlassen hatte. In der Dunkelheit stolperte ich zurück und zwängte mich wieder in den leeren, bodenlosen Raum. Julia hielt den Hammer und das Brett für mich bereit; ich blinzelte mit den Augen, um sie schneller an das dämmrige Mondlicht zu gewöhnen, steckte die Nägel wieder in ihre Löcher und hämmerte sie fest. Gerade als ich das dritte Brett aufhob, hörten wir sehr schwach – unser Gebäude stand dazwischen – die langsamen Schläge der Uhr der City Hall. Wir warteten die Schläge nicht ab; während Julia und ich versuchten, das Brett wieder in seine vorherige Stellung zu schieben, ertönten gemächlich zwölf Schläge. Schließlich fanden wir die Löcher der Nägel, die Nägel schoben sich fast von allein hinein. Dann, jeder an einem Ende des Brettes, zogen wir es zu uns her, so stark wir nur konnten; leise betete ich darum, dass wir nicht ausrutschten und in die gähnende Leere hinter uns stürzten. Der letzte langsame Schlag ertönte, das Brett war so fest, wie es unter diesen Umständen nur möglich war. Ich schob meine Finger durch die Zwischenräume über und unter dem Brett und tastete nach den Nägeln; sie standen einen guten Zentimeter heraus, und als ich an dem Brett rüttelte, wackelte es. Aber es würde halten, redete ich mir ein, und sah sicher auf der anderen Seite unverändert aus.
Wir hatten noch zwei oder drei Minuten, um uns einzurichten. So bequem es ging, mit unseren Mänteln als Kissen, saßen wir in dem fast finsteren Raum an der zugenagelten Tür. Die Knie angezogen und mit den Händen umschlungen, versuchten wir, so nahe wie möglich an den Öffnungen zwischen den Brettern zu sitzen, ohne dass unsere Fußspitzen unter dem untersten Brett hervorschauten. Ich berührte Julias Knie und gab ihr einen beruhigenden Klaps; zumindest war das meine Absicht.
Wir hörten sie nicht draußen auf dem Gang, keine Schritte, keine Stimmen, nicht einmal ein Knarren der Dielen. Das plötzliche Klappern des Schlüssels im Schloss von Jake Pickerings Bürotür war das erste Geräusch, das wir vernahmen; Julia griff nach meinen Unterarm. Dann waren sie im Raum, Fußtritte auf dem Boden, und Carmodys Stimme – sie klang schrecklich in unserem Versteck – sagte: »Was ist denn das?« In dem leeren Raum, in dem wir uns befanden, klang sie hohl; Julia drückte meinen Arm fester.
Das Gaslicht im angrenzenden Büro wurde entfacht; es fiel durch die Astlöcher und Spalten der Bretter und warf flackernd deren Silhouette an die gegenüberliegende Wand unseres Verstecks; in der Mitte befand sich der Schatten eines Mannes, der zu uns hereinstarrte. In dem einige Zentimeter hohen Freiraum unten erschienen die Spitzen eines Stiefelpaares, die fast die meinen berührten, daneben die silberne Spitze eines elfenbeinernen Spazierstocks.
»Nichts; ein Aufzugschacht«, antwortete Pickerings Stimme ungeduldig. Was sich hinter Carmody, der knapp zwanzig Zentimeter von uns entfernt stand, abspielte, konnten wir nicht sehen. »Bringen Sie den Koffer her.« Einen Augenblick lang bewegte sich Carmody nicht; mit dem Koffer in der Hand stand er da und starrte in unseren Raum.
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