Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
Gebäude ist eine Festung. Nehmen Sie sich Zeit und schauen Sie es sich an; es ist es wert.«
Das war es. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden und fand immer noch mehr, was mein Herz erfreute: Balkone aus geschnittenem Stein unter einigen der riesigen alten Fenster, einen gusseisernen Balkon, der das gesamte siebte Stockwerk umlief, die Säulen der Erkerfenster, die hoch oben am Dach in Kuppeln endeten. Rube sagte: »Es kommt viel Licht in diese Apartments. Das Gebäude ist um einen Hof herum gebaut, in dem sich einige große, sehenswerte Bronzebrunnen befinden.«
»Es ist gigantisch, einfach gigantisch.« Ich lachte und schüttelte gleichzeitig den Kopf; es war ein solch wunderbares altes Bauwerk. »Was ist es nur, wieso steht es denn immer noch?«
»Das ist das Dakota Building. In den frühen Achtzigern des neunzehnten Jahrhunderts erbaut, als es praktisch noch außerhalb der Stadt stand. Die Leute sagten, es sei so weit von der Stadt entfernt, dass es auch in den Dakotas liegen könne; also nannte man es so. So heißt es jedenfalls. Es wird Sie nicht erstaunen zu hören, dass eine Gruppe fortschrittlicher Bürger vor einigen Jahren ganz erpicht darauf war, es abzureißen und durch ein weiteres, schönes, neues, modernes Monster zu ersetzen, das auf derselben Fläche mehr Apartments beherbergt – niedrige Decken, dünne Wände, keine Ballsäle mehr und Dienstbotenräume, dafür viel Gewinn für die Besitzer, darauf können Sie wetten. Doch die Mieter hatten Geld und konnten sich dem widersetzen. Einige vermögende Berühmtheiten wohnen hier, taten sich zusammen, kauften es, und nun scheint das Dakota in Sicherheit zu sein. Wenn es nicht dazu verurteilt wird, einer Schnellstraße Platz zu machen, die direkt durch den Central Park führt.«
»Können wir rein und uns umschauen?«
»Dafür haben wir heute keine Zeit.«
Ich blickte noch einmal nach oben. »Es muss einen herrlichen Ausblick auf den Park besitzen.«
»Das stimmt.« Plötzlich schien sich Rube nicht mehr dafür zu interessieren; er blickte auf die Uhr, und wir kehrten um und gingen den West Drive zurück. Schließlich verließen wir den Park, und dann konnte ich schon bald wieder das riesige Lagerhaus mit den verblichenen Lettern unter der Dachtraufe vor mir sehen: Beekey Brothers, Moving & Storage, 555–8811.
Wenn ich erwartet hatte, dass Danzigers Büro luxuriös und beeindruckend ausgestattet war – was ich sicher tat –, dann wurde ich enttäuscht. Das schwarz-weiße Türschild trug nur seinen Namen, E. E. Danziger, keinen Titel. Rube klopfte, Danziger bellte »Herein«, Rube öffnete die Tür, schob mich hinein und murmelte noch, er werde mich später wieder treffen; dann war ich mit Danziger allein. Danziger saß hinter seinem Schreibtisch und telefonierte; mit einer Geste bat er mich, auf einem Stuhl neben sich Platz zu nehmen. Ich setzte mich – Hut und Mantel hatte ich wieder unten abgegeben – und sah mich so unauffällig wie möglich um.
Es war einfach ein Büro, kleiner als das Rossoffs und weniger möbliert. Es sah unfertig aus, das Büro eines Mannes, der eines brauchte, sich darum aber nicht weiter kümmerte und die meiste Zeit nicht dort verbrachte. Die Außenwand war die alte Backsteinmauer des Lagerhauses, die man höchst ungenügend hinter einem in Falten herabhängenden Vorhang versteckt hatte. Ein unauffälliger Teppich bedeckte den Boden, an einer Wand hing ein kleines Bücherregal, an der anderen die Fotografie einer Frau mit einer Frisur, wie sie in den Dreißigern Mode gewesen war. An der dritten Wand befand sich eine vergrößerte Luftaufnahme von Winfield, Vermont – jedoch eine andere Ansicht als die, die ich bereits gesehen hatte. Danzigers Schreibtisch stammte aus einem Büromöbelkaufhaus, genau wie die beiden mit Leder bezogenen Metallstühle für Besucher. In einer Ecke stand ein Pappkarton auf dem Boden, der randvoll mit Kopierpapier gefüllt war. Auf einem Tisch an der Wand gegenüber befand sich etwas Großes, Unförmiges, das unter einem Wachstuch verborgen war.
Danziger beendete sein Telefonat, das irgendwie damit zu tun hatte, ob jemand Prokura hatte. Er öffnete die oberste Schreibtischschublade, holte eine Zigarre hervor, schälte das Zellophan ab, schnitt dann die Zigarre mit einer großen Schere exakt in der Mitte auseinander und bot mir eine der Hälften an. Ich schüttelte den Kopf, er legte sie in die Schublade zurück und steckte die andere – nicht angezündet – in den
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